Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften
Die Bundesregierung will Vollstreckungsbeamte, Rettungskräfte und weitere Personen, die dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten ausüben, besser schützen. Dazu hat das Parlament am Donnerstag, 10. Oktober 2024, ihren Gesetzentwurf „zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten“ (20/12950, 20/13185) in erster Lesung beraten.
Erstmals beraten haben die Abgeordneten außerdem einen Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion „zum Schutz von Vollstreckungsbeamten und Hilfeleistenden“ (20/13217) sowie einen Antrag mit dem Titel „Schärfere Strafen bei Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal“ (20/13232), den die AfD-Fraktion vorgelegt hat. Im Anschluss an die Aussprache wurden alle drei Vorlagen zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Im Entwurf heißt es zur Begründung, dass Menschen, die für das Gemeinwohl tätig sind, „immer wieder zum Ziel von Angriffen sowohl physischer als auch psychischer Natur“ werden. Neben Einsatzkräften der Polizei und Feuerwehr werden auch Medienschaffende und ehrenamtlich Tätige in der Flüchtlingshilfe als Betroffene solcher Angriffe genannt.
Aus Sicht der Bundesregierung können solche Angriffe „gravierende Auswirkungen“ haben, nicht nur für die angegriffenen Personen, sondern auch für die „Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens“. „Denn dort, wo für das Gemeinwohl tätige Personen zum Ziel von Aggressionen und Angriffen werden, steht zu befürchten, dass sie sich von solchen Tätigkeiten zurückziehen und auch andere Personen vor einem solchen Engagement zurückschrecken“, heißt es weiter.
Einzelne Maßnahmen
Mit den geplanten Änderungen will die Bundesregierung nun die schon bestehende besondere Schutzwürdigkeit dieser Personen klarstellen und bekräftigen. In Paragraf 46 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) soll künftig klargestellt werden, dass bei der Strafzumessung auch die „Eignung der Tat, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen“ zu berücksichtigen ist. Wie die Bundesregierung anführt, können Gerichte schon jetzt die „verschuldete Auswirkung der Tat“ bei der Strafzumessung berücksichtigen. Die geplante Erweiterung erscheine gleichwohl geeignet, „um im Lichte der aktuellen Entwicklungen ein klares Zeichen gegen gemeinwohlschädliche und demokratiefeindliche Straftaten im analogen und digitalen Raum zu setzen“.
Der Schutzbereich der Paragrafen 105 StGB („Nötigung von Verfassungsorganen“) und 106 StGB („Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans“)) soll erweitert werden. Künftig sollen damit auch „das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union sowie die Volksvertretungen der kommunalen Gebietskörperschaften sowie deren Mitglieder vor Nötigungen geschützt“ werden. Für die Verfolgung der Taten sollen grundsätzlich die Staatsschutzkammern verantwortlich sein, dazu sind Änderungen im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehen.
„Hinterlistiger Überfall“
In Paragraf 113 StGB soll in Absatz 1 ein „hinterlistiger Überfall“ als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte aufgenommen werden. Damit ist eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verbunden. Durch die Verweisung in Paragraf 115 StGB umfasst die Neuregelung auch den „hinterlistigen Überfall“ auf etwa Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes oder einer Notaufnahme.
In Paragraf 2 Absatz 2 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) soll die Waffendefinition angepasst werden. Laut Entwurf sollen künftig auch Distanz-Elektroimpulsgeräte (DEIG), auch als Elektroschockpistolen beziehungsweise Taser bekannt, als Waffe verstanden werden. Wie die Bundesregierung ausführt, besteht in der Literatur teilweise die Auffassung, dass DEIG keine Schusswaffen im engeren Sinne seien. Zur Beseitigung dieser Unsicherheit will die Bundesregierung daher die Definition entsprechend anpassen.
Gesetzentwurf der Unionsfraktion
Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion (20/13217) sieht im Einzelnen vor, den Strafrahmen im Paragrafen 113 StGB „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ anzuheben. Eingefügt werden solle ein neuer Absatz, der bei einem hinterlistigen Überfall oder bei Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs oder wenn der Täter den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt, eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht.
Im Paragrafen 114 StGB „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ will die Fraktion die Mindeststrafe auf sechs Monate Freiheitsstrafe anheben. Zudem will sie den Tatbestand insoweit ausweiten, dass der geschützte Personenkreis nunmehr auch außerhalb des Dienstes geschützt wird. Künftig soll es ausreichen, dass die Tat „in Beziehung auf“ den Dienst begangen wird – und nicht mehr „bei einer Diensthandlung“. In den Schutzbereich des Paragrafen 114 sollen über eine Ergänzung im Paragrafen StGB 115 „Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“ auch Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten sowie sonstige Angehörige der Gesundheitsberufe aufgenommen werden.
Im Paragrafen 145 StGB „Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln“ wollen die Abgeordneten einen dritten Absatz einfügen, der Fälle betrifft, in denen der Täter sich bei der Tat bewusst ist, dass im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Tat eine real bestehende Gefährdungslage gegeben ist. Angehoben werden solle auch der Strafrahmen des Paragrafen 323c Absatz 2 StGB „Behinderung von hilfeleistenden Personen“.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert „schärfere Strafen bei Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal“. In einem entsprechenden Antrag (20/13232) verweist die Fraktion auf zunehmende Angriffe und führt aus, dass der besondere strafrechtliche Schutz laut Paragraf 115 StGB bislang nur für das medizinische Personal von ärztlichen Notdiensten und Notfallambulanzen in Krankenhäusern gelte.
Sie fordert die Bundesregierung daher dazu auf, „einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach die Strafbarkeit von physischen Angriffen und verbalen Beleidigungen gegenüber dem medizinischen Personal unabhängig von dessen Arbeitsort und spezifischem Einsatzbereich verschärft wird“. (scr/vom/10.10.2024)