Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Oktober 2024, folgende Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz: Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und weiterer umweltrechtlicher Vorschriften (20/13081) wurde an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz überwiesen. Ziel des Entwurfs ist es laut Regierung,, die Regelungen zum Zugang zu Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten an die Anforderungen des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (UNECE Aarhus-Konvention, AK) und an entsprechende EUI-rechtliche Vorgaben anzupassen. Zum anderen soll europäische und nationale Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes klarstellend umgesetzt werden. Vor allem soll das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8. November 2022 (Rs. C-873/19) umgesetzt werden, in dem festgestellt wurde, dass sich gesetzliche Kriterien, die die Mitgliedstaaten festlegen können, schon nach dem Wortlaut von Artikel 9 Absatz 3 AK zwar auf die Bestimmung des Kreises der Anfechtungsberechtigten beziehen können, jedoch nicht auf den Gegenstand der Klage. Der EuGH hatte entschieden, dass EU-Mitgliedstaaten den sachlichen Anwendungsbereich von Artikel 9 Absatz 3 AK nicht dadurch einschränken dürfen, dass sie bestimmte Kategorien von Bestimmungen des nationalen Umweltrechts vom Gegenstand der Klage anerkannter Umweltvereinigungen ausnehmen. Des Weiteren habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass anerkannte Umweltvereinigungen bei möglichen Verstößen gegen europäisches Umweltrecht auch gegen behördliche Entscheidungen über die Zulassung von Plänen und Programmen klagen können, die keiner Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) unterliegen (Urteil vom 26. Januar 2023, Az. 10 CN 1.23). Ferner sind Anforderungen aus EU-rechtlichen Vorschriften umzusetzen. Zudem setzt der Entwurf zwei Entschließungen des Deutschen Bundestages (18/12146, 20/5570) um. Erstere betrifft die Überführung des Paragrafen 64 des Bundesnaturschutzgesetzes in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ohne inhaltliche Abstriche zwecks besserer Systematisierung des Bundesrechts. Die zweite Entschließung wurde im Rahmen des Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich.gefasst.
Schornsteinfeger-Handwerksgesetz: Ein weiterer Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein zweites Gesetz zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (20/13085) wirdim Wirtschaftsausschuss beraten. Wie es darin heißt, sollen die Stellvertreter-Regelungen für bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger geändert werden, um die Nachbesetzung von Kehrbezirken sicherzustellen und zu fördern und um die Betriebe bei der Umstellung auf die neue Marktlage aufgrund der ökologischen Transformation zu unterstützen. Eine zusätzliche Vertretungsmöglichkeit für die Feuerstättenschau durch einen angestellten Schornsteinfegermeister oder Angestellten mit gleichgestellter Qualifikation („Meistergesellen“) soll den Betrieben mehr Flexibilität bieten. Meistergesellen sollen so ihre in der Meisterausbildung erlernten Fertigkeiten breiter einsetzen, ihre Tätigkeit soll aufgewertet werden, heißt es. Die neue Vertretungsmöglichkeit durch Angestellte soll es den Tarifparteien ermöglichen, zusätzliches Einkommen für angestellte Meister zu vereinbaren. Vorgesehen ist laut Entwurf, dass der angestellte Meister dem Antrag auf seine Vertreterbestellung zustimmen muss. Er soll jederzeit ohne Angabe von Gründen die Aufhebung seiner Vertreterbestellung beantragen können. Des Weiteren sollen Änderungen im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz eine reibungslose Kehrbezirksverwaltung für alle Beteiligten erleichtern.
Medizinischer Schutz: Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrags mit dem Titel „Gesetzliche Voraussetzungen für eine Erstattung der Kosten von medizinischen Schutzmaßnahmen für Betroffene einer Vergewaltigung schaffen“ (20/13224) vorgelegt, der federführend im Gesundheitsausschuss beraten wird. Vergewaltigungsopfer brauchen nach Ansicht der Unionsfraktion regelhaft eine bessere medizinische Versorgung. Bisherige Formen einer kostenbefreiten medizinischen Versorgung seien ungenügend und würden der staatlichen Fürsorgepflicht nicht gerecht, heißt es in dem Antrag. Betroffene bedürften nach einer solchen traumatischen Erfahrung einer raschen und unbürokratisch zugänglichen Versorgung, bei der die finanzielle Situation der Person keine Rolle spielen dürfe. Die sogenannte Istanbul-Konvention, verpflichte die Vertragsstaaten, umfassende Vorkehrungen zum Schutz von Opfern von Sexualstraftaten zu ergreifen. Ein wichtiger Schritt sei in der zurückliegenden Legislaturperiode mit der Einführung einer Finanzierungsregelung zur „vertraulichen Spurensicherung“ gemacht worden. Die Regelung ermögliche es Opfern von Sexualstraftaten, medizinische Beweise sicherzustellen, ohne sofort Anzeige erstatten zu müssen, heißt es in dem Antrag. Betroffene einer Vergewaltigung erhielten Notfallkontrazeptiva wie die „Pille danach“ rezeptfrei in Apotheken. Versicherte bis zum vollendeten 22. Lebensjahr hätten Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln, einschließlich Notfallkontrazeptiva. Ältere Vergewaltigungsopfer erhielten für die Kosten der „Pille danach“ weder eine Erstattung seitens der Krankenkasse, noch hätten sie Anspruch auf eine alternative Kostenerstattung über das Opferentschädigungsgesetz (OEG). Gesetzlich geregelt sei hingegen die Kostenübernahme für einen Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem dazu auf, auch für Fälle nach dem 22. Lebensjahr die kostenlose Bereitstellung von Notfallkontrazeptiva nach Sexualstraftaten zu ermöglichen. Ferner sollte ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, um Betroffenen von Sexualstraftaten einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Untersuchungen auf sexuell übertragbare Krankheiten, wie etwa Chlamydien oder eine HIV-Infektion, zu ermöglichen.
Migranten in Kommunen: Der Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Migrationsbedingte Notlage in den Kommunen nicht weiter ignorieren – Sofortige Entlastung durch Einstellung der freiwilligen Aufnahmeprogramme bewirken“ (20/9846) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Darin wird die sofortige Einstellung der freiwilligen Aufnahmeprogramme gefordert, um die migrationspolitische Notlage der Kommunen zu entschärfen. Die Bundesregierung ignoriere die sich weiter zuspitzende Lage in den Kommunen und Landkreisen, die mit der gleichzeitigen Bewältigung stetig steigender Asylbewerberzahlen und der Fluchtbewegung aus der Ukraine überfordert seien, schreibt die Fraktion. Sie verschärfe diese Notlage noch durch die zusätzliche freiwillige Aufnahme von jährlich Zehntausenden weiteren Migranten, heißt es. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die zehntausendfache freiwillige Aufnahme von Drittstaaten-Angehörigen sowohl von außerhalb als auch innerhalb der EU einzustellen. Vor allem solle das Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen in Afghanistan auf Grundlage der Aufnahmeanordnung vom 19. Dezember 2022 sofort aufgehoben werden. Auch die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan will die Fraktion sofort einstellen und stattdessen tatsächlich Schutzbedürftige aus beiden Gruppen darin unterstützen, Zuflucht in Nachbarstaaten zu finden. Schließlich sollen auch die weiteren Aufnahmeprogramme mit Ausnahme der Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sowie generell die Erteilung von Aufenthaltstiteln eingestellt werden.
Transparenz bei Einbürgerungen: Ein weiterer Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Digitalisieren, wo es nützt – Transparenz bei Einbürgerungen herstellen und Nachsorgeobliegenheit sicherstellen“ (20/9847) wird federführend im Ausschuss für Inneres und Heimat weiterberaten. Die AfD fordert darin mehr Transparenz bei Einbürgerungen und will die Digitalisierung als Hilfsmittel nutzen. Die Digitalisierung berge neben Risiken auch große Chancen wie die Bereitstellung von Daten zur Information über staatliches Handeln, das einer ständigen Kontrolle bedürfe, heißt es im Antrag. Eine umfassendere Information über Einbürgerungen stelle eine solche Chance dar. Die Informationsbereitstellung in diesem Bereich sollte daher deutlich ausgeweitet werden, schreibt die Fraktion. Ihrer Ansicht nach soll das Statistische Bundesamt tagesaktuell je Verwaltungsakt, der eine Einbürgerung bewirkt, einen maschinenlesbaren Datensatz in anonymer Form über eine öffentliche Schnittstelle bereitstellen. Dabei solle jeder Datensatz unter anderem die bisher in zusammengefasster Form bereitgestellten Datenfelder Geburtsjahr, Geschlecht, Familienstand, Zeitpunkt der Einbürgerung (ohne Anschrift), Aufenthaltsdauer nach Jahren und Rechtsgrundlage der Einbürgerung sowie das Geburtsland des Eingebürgerten enthalten. Die Datensätze sollten auch bezogene Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und das in Deutschland zu versteuernde Einkommen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tag der Einbürgerung und zehn Jahre nach dem Tag der Einbürgerung beinhalten.
Automobilindustrie: An den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wurde der Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie schützen – Den Verbrennungsmotor erhalten und die rechtliche Stellung synthetischer Kraftstoffe stärken“ ( 20/12969) überwiesen. Verbrennerfahrzeuge sollen dem Antrag zufolge auch nach 2035 zulassungsfähig sein. Die politische Entscheidung auf EU-Ebene, ab 2035 die Zulassung von verbrennungsmotorisch betriebenen Fahrzeugen zu verbieten, sei ein fataler Fehler, „der insbesondere Deutschland viel Wohlstand kosten wird“, heißt es in der Vorlage. Die Zahl der Beschäftigten in der Automobilindustrie in Deutschland befinde sich seit 2018 in einem Abwärtstrend, schreibt die AfD-Fraktion. Erhebungen durch das ifo-Institut bezifferten die Anzahl gefährdeter Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland „durch die von der Politik erzwungene Transformation zur Elektromobilität“ bis 2030 mit einem unteren Limit von 215.000 sowie einem oberen Limit von 290.000 Arbeitsplätzen. Die deutsche Regierung habe sich dieser absehbaren Entwicklung weder unter der Großen Koalition noch aktuell unter der Ampelkoalition überhaupt entschieden entgegengestellt, sondern treibe diese beständig durch ideologisch motivierte „Klimapolitik“ weiter voran, schreiben die Abgeordneten. Hier müsse so schnell wie möglich gegengesteuert und weiteren politischen Fehlentscheidungen auf EU-Ebene vorgebeugt werden. In dem Antrag fordert die Fraktion abseits der Zulassungsfähigkeit von Verbrennern auch nach 2025, dass synthetische Kraftstoffe von sämtlichen Steuern und Abgaben exklusive der Umsatzsteuer befreit werden. Schließlich unterliege die für synthetische Kraftstoffe verwendete Primärenergie bereits der Energie- und der Stromsteuer, heißt es zur Begründung. Verlangt wird des Weiteren, auf nationaler Ebene, bei Wegfall der EU-Vorgaben, langfristig sämtliche Kraftstoffe und Elektromobilität, ungeachtet ihrer CO2-Intensität, gleichzustellen und mit einem angepassten, möglichst niedrigen Energiesteuersatz zu versehen. Schließlich wird noch die Aussetzung der EU-Verbrauchsvorgaben für die Fahrzeugflotten der Hersteller gefordert.
Normgebende Institutionen: Die AfD fordert eine „Verbesserung der Rahmenbedingungen für deutsche Vertreter in internationalen normgebenden Institutionen“. Ein entsprechender Antrag der Fraktion (20/13233) wird im federführenden Wirtschaftsausschuss beraten. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, Ausgaben für die Beteiligung von KMU an Normgebungsverfahren finanziell zu fördern, um die Präsenz deutscher Teilnehmer in den internationalen Normgebungsgremien zu verstärken. Damit soll der informelle Einfluss auf technische Abstimmungen in neuen zukunftsrelevanten Themengebieten wie Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz erhöht und der Einfluss bei bereits bestehenden Themengebieten aufrechterhalten werden. Kleine und mittlere Unternehmen hätten oft keine oder keine ausreichenden Kapazitäten, um sich in Normungsgremien einbringen zu können. In der Begründung des Antrags wird auf die große Bedeutung der Normgebung hingewiesen. Für die deutsche Volkswirtschaft sei das Setzen von Normen und Standards mit einem hohen Nutzen verbunden, der auf 0,81 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr geschätzt werde. Unternehmen könnten durch ihre Beteiligung an der Entwicklung von Produktnormen und Industriestandards von einer verkürzten Produktentwicklung, beschleunigter Produkteinführung und einer kostengünstigeren Etablierung der gefertigten Produkte und Dienstleistungen am Markt profitieren.
Strafprozessordnung: Die CDU/CSU-Fraktion legt einen Antrag mit dem Titel „Ermittlern notwendige Befugnisse zur Aufklärung von Straftaten geben – Straftatenkataloge in der Strafprozessordnung erweitern, Telekommunikationsüberwachung für den Wohnungseinbruchdiebstahl unbefristet ermöglichen“ (20/13225) vor. Die Vorlage wurde an den Rechtsausschuss überwiesen.
Erinnerungskultur: Die AfD-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Denkmal zur Erinnerung an die Verfolgung und Deportation der Deutschen aus Russland“ (20/13235) eingebracht, der federführend an den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen wurde. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Standort für ein Denkmal für die deportierten und ermordeten Russlanddeutschen im Zentrum Berlins auszuweisen. Dabei solle sowohl der Leistungen als auch der geschichtlichen Tragik der Russlanddeutschen Rechnung getragen werden. Der 28. August 1941, laut Fraktion der dunkelste Tag der Geschichte der Russlanddeutschen solle künftig mit einer Gedenkstunde gewürdigt werden. Auch müsse die Regierung Initiativen unterstützen, dass in den Aussiedlungsgebieten (Russland, Kasachstan, Ukraine und weitere Länder des postsowjetischen Raums) Denkmäler errichtet und dauerhaft gepflegt werden, die an die Verfolgung und Deportation der Russlanddeutschen erinnern.
Mittelstreckenraketen: Die AfD-Fraktion wendet sich gegen die Stationierung von US-Tomahawk-Marschflugkörpern in Deutschland und will andererseits Russland auffordern, „gegen den Westen gerichtete Marschflugkörper und ballistische Raketen aus Kaliningrad abzuziehen“. Eine die Sicherheit in Europa derart weitreichende Entscheidung zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen dürfe nicht einem kleinen Kreis der Exekutive vorbehalten sein, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (20/13234), der federführend im Auswärtigen Ausschuss beraten wird. Frieden und Entspannung seien von existenzieller Bedeutung und berührten unmittelbar das Staatswohl. „Die Stationierung der Tomahawk-Marschflugkörper birgt sicherheitspolitisches Eskalationspotential und darf daher nicht hinter dem Rücken des Parlamentes getroffen werden. Der Deutsche Bundestag ist zu beteiligen“, heißt es in der Vorlage weiter. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, „unverzüglich eine Sicherheitspolitik gegenüber Russland zu entwickeln, welche auf die Schaffung einer langfristig tragfähigen, europäischen Sicherheitsarchitektur ausgerichtet ist“. Außerdem solle Russland aufgefordert werden, seine in Belarus stationierten taktischen Nuklearwaffen als Zeichen der Bereitschaft zur Deeskalation abzuziehen. Die Bundesregierung solle zudem umgehend eine Verhandlungsinitiative zwischen den Nato-Staaten und Russland initiieren, um neue Verträge über Vertrauensbildung, Rüstungskontrolle und Abrüstung zu vereinbaren.
(ahe/vom/che/mis/hau/10.10.2024)