Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Oktober 2024, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Abgesetzt: Planungs- und Genehmigungsverfahren: Von der Tagesordnung des Bundestages wieder abgesetzt wurde die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren (20/11980). Der Entwurf sieht vor, dass die Ergebnisse aus der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bereits in verkehrsüblichem elektronischen Format in den behördlichen Prozess einfließen können, um so die digitale und dadurch möglichst beschleunigte Durchführung des anschließenden Verwaltungsverfahrens zu fördern. Dazu sollen die Regelungen zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung um entsprechende Vorgaben zu erweitern. „Es wird festgelegt, dass der Vorhabenträger der Behörde Inhalt und abschließendes Ergebnis der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in verkehrsüblichem elektronischen Format übermitteln und der betroffenen Öffentlichkeit mitteilen soll“, heißt es im Gesetzentwurf. Für die Übermittlung an die Behörde soll ein maschinenlesbares Format verwendet werden, „wenn auf Seiten des Vorhabenträgers und der Behörde die technischen Voraussetzungen vorliegen und kein unverhältnismäßig hoher Aufwand entsteht“.

Sepsis-Sterblichkeit: Abgelehnt wurde mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Gruppe Die Linke ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Sepsis-Sterblichkeit in Deutschland senken“ (20/9744). Dazu hatte der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/13101). Die Fraktion schreibt in ihrem Antrag, die Sepsis (Blutvergiftung) verursache pro Jahr rund 85.000 Todesfälle in Deutschland, von denen ein großer Teil vermeidbar wäre. Eine Sepsis könne als Komplikation bei Infektionskrankheiten auftreten. Dabei komme es zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, in deren Folge auch Organe geschädigt werden. Die Sepsis sei häufig und für das Gesundheitswesen kostenintensiv, heißt es im Antrag. Die Abgeordneten fordern eine nationale Aufklärungskampagne zu Symptomen, Ursachen, Häufigkeit und Gefährlichkeit der Sepsis. Die Erkrankung müsse auch in der Approbationsordnung sowie in den Ausbildungsgängen zu Gesundheitsberufen adäquat abgebildet werden.

Entlastungspaket: Der Budnestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP gegen das Votum von CDU/CSU und die Gruppe Die Linke bei Stimmenthaltung der AfD einen Unions-Antrag mit dem Titel „Entlastungspaket und Notfallfonds einrichten, um Schaden vom deutschen Wissenschaftssystem abzuwenden“ (20/4047) abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussvorlage des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zugrunde (20/5259). Aus Sicht der Abgeordneten ist die deutsche Wissenschaft „in akuter Gefahr“. Durch explodierende Preise, vor allem bei den Energiekosten, seien Wissenschaftseinrichtungen in ihrer Existenz bedroht, heißt es in dem Antrag. Dabei drohe Schaden insbesondere für die Kühlung unwiederbringlicher Biodatenbanken, für Großforschungsanlagen, für Hoch- sowie Höchstleistungsrechner und IT-Infrastrukturen mit hohem Strombedarf, für Tierhäuser der Forschungsinstitute und für die Lehre sowie für Promotionsstellen. Die Abgeordneten verlangen unter anderem von der Bundesregierung, die Bundesnetzagentur umgehend anzuweisen, Wissenschaftseinrichtungen entsprechend den jeweiligen Bedarfen im Notfall als geschützte Kunden vorrangig mit Energie zu versorgen. Es solle zudem einen Energiegipfel für die Wissenschaft zum Thema „Sichere und bezahlbare Energieversorgung“ einberufen werden, um den Bedarf zu analysieren. Auf Grundlage dessen solle gemeinsam mit den Ländern ein Entlastungspaket Wissenschaft erarbeitet werden. Zusätzlich solle ein Notfallfonds für die Wissenschaft eingerichtet werden, in dessen Rahmen der Wissenschaft zielgerichtete Hilfen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. 

Datenschutz: Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, die bestehende Rechtsunsicherheit für deutsche Unternehmen beim Datenschutz nach der die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Rechtssache C311 / 18 (Schrems II) zu beseitigen. Das fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (20/3540), den das Parlament mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und die Gruppe Die Linke auf Basis einer Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (20/13053) abgelehnt hat. MIt der Vorlage solle verhindert werden, dass die Datenverarbeitung deutscher Unternehmen erheblich blockiert wird, verlangt die AfD. Um das zu erreichen, solle sich die Bundesregierung unter anderem dafür einsetzen, dass die nationalen Datenschutzaufsichtsbehörden „zeitnah einheitliche Informationen zum Datenschutzniveau in Drittstaaten erstellen, damit Unternehmen und Behörden im Einzelfall nicht prüfen müssen, ob das Schutzniveau ausreichend ist und somit bürokratische Hürden beseitigt werden.“ Die Abgeordneten fordern zudem eine größere Verbreitung der europäischen Cloud-Infrastruktur GaiaX, „vor allem auch durch die Nutzung für öffentliche Verwaltungsdaten“. 

Petitionen: Das Parlament hat darüber hinaus über zwölf Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen abgestimmt, die beim Bundestag eingegangen sind und vom Petitionsausschuss beraten wurden. Es handelt sich um die Sammelübersichten 653 bis 664 (20/13003, 20/13004, 20/13005, 20/13006, 20/13007, 20/13008, 20/13009, 20/13010, 20/13011, 20/13012, 20/13013, 20/13014).

Abschaffung des Bürgergeldes gefordert

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abzuschaffen. Das Bürgergeld verstärke die Ungerechtigkeit innerhalb der Bevölkerung, heißt es in der öffentlichen Petition (ID 138903). Es privilegiere diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Arbeit bestreiten wollten und benachteilige diejenigen, die täglich zur Arbeit gingen. 

Durch die staatliche Finanzierung der Kosten für den eigenen Lebensunterhalt sei kein hinreichender Anreiz zur Arbeitsaufnahme gegeben, schreibt der Petent. Langzeitarbeitslose sollten stattdessen aus seiner Sicht auf Minijob-Basis bei den Kommunen angestellt werden. Von dem Gehalt müssten sie sodann ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Denjenigen, die die Arbeit verweigerten, solle lediglich anhand von Gutscheinen das Existenzminimum gewährt werden, heißt es in der Eingabe.

Koalition und Linke für Abschluss des Petitionsverfahrens

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 25. September mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der Gruppe Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, das Petitionsverfahren abzuschließen, „weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte“. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass der Maßstab für den Mindestumfang der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei. 

Die Verfassung mache gleichwohl keine Vorgaben, in welcher Art und Weise der Gesetzgeber das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum zu gewährleisten hat. „Es bleibt also grundsätzlich der Legislative überlassen, ob sie das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert“, heißt es in der Vorlage. 

Prinzip des Förderns und Forderns wird weiterentwickelt

Das Bürgergeld, so schreiben die Abgeordneten, sei, wie jede staatliche Fürsorgeleistung, eine nachrangige Leistung. In der Grundsicherung für Arbeitsuchende werde darüber hinaus dem Prinzip des Förderns und Forderns – keine Leistung ohne Gegenleistung – eine besondere Bedeutung zugemessen. Dieses Prinzip des Förderns und Forderns werde durch das Bürgergeld fortgeschrieben und weiterentwickelt. 

Es gehe darum, „mehr Respekt, mehr Chancen auf neue Perspektiven und mehr soziale Sicherheit in einer modernen Arbeitswelt zu verankern und unnötige bürokratische Belastungen abzubauen, um Deutschland zukunftsfest aufzustellen“. Durch das Bürgergeld solle die Chancengerechtigkeit erhöht und mehr gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden. 

An Sanktionsmöglichkeiten wird festgehalten

Ziel der Einführung des Bürgergeldes sei es, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um Menschen im Leistungsbezug vermehrt Möglichkeiten zur Qualifizierung und Weiterbildung anbieten zu können. Gleichzeitig werde grundsätzlich an Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterbringen der geforderten Mitwirkungsleistung festgehalten. 

Hinsichtlich der Forderung der Petition, langjährige Leistungsberechtigte von einer Kommune einstellen zu lassen, merkt der Petitionsausschuss an, dass dies bereits gesetzlich vorgesehen sei. Ziel dieser Arbeitsgelegenheiten, „für welche eine Mehraufwandsentschädigung gezahlt wird“, sei die Erhaltung und Wiedererlangung der Beschäftigungsfähigkeit. Sofern andere Instrumente zur Verfügung stehen, die auf absehbare Zeit die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fördern, seien aber diese vorrangig heranzuziehen.

Gefahr der sozialen Stigmatisierung

Was die Forderung anbetrifft, lediglich Gutscheine für Verpflegung und Bekleidung sowie ein Taschengeld zur Verfügung zu stellen, wird aus Sicht der Ausschussmehrheit verkannt, dass die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung bereits die unterste Stufe der sozialen Sicherung auf dem Niveau des Existenzminimums darstellt. 

„Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefahr einer sozialen Stigmatisierung für Leistungsbezieher, die ausschließlich Gutscheine erhalten, kann der Ausschuss diese Forderung nicht unterstützen“, heißt es in der Beschlussempfehlung. (vom/hau/10.10.2024)

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