Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats Thema in der Debatte zum Justizetat
Der Bundestag hat sich am Freitag, 13. September 2024, in erster Lesung mit dem Etatentwurf des Bundesministeriums der Justiz auseinandergesetzt. Der Einzelplan 07 des Bundeshaushalts 2025 (20/12400) umfasst Ausgaben von 1,04 Milliarden Euro (2024: 1,03 Milliarden Euro). Unter den Bundesministerien ist das Justizressort traditionell das mit dem geringsten Ausgabevolumen.
Dafür kann Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) mit Einnahmen von 729,78 Millionen Euro rechnen (2024: 666,08 Millionen Euro). Damit finanziert das Ministerium seine Ausgaben zu gut zwei Dritteln selbst. Der Einzelplan 07 und der Einzelplan 19 des Bundesverfassungsgerichts wurden am Freitag, 13. September, zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.
Während die Koalitionsfraktionen und die Gruppe Die Linke in der Debatte die Verfassung als Bollwerk gegen die Gefahren des Extremismus würdigten, forderte die CDU/CSU-Fraktion eine bessere Umsetzung von deren Grundsätzen. Die AfD-Fraktion beklagte dagegen, dass sie auf der Grundlage des Grundgesetzes als antidemokratisch dargestellt werde.
Minister: Rechtsstaat vor vielen Herausforderungen
Buschmann sprach angesichts aktueller Probleme von vielen Herausforderungen für den Rechtsstaat und einer damit verbundenen großen Nervosität. Es gebe aber bei den Bürgerinnen und Bürgern aufgrund der Geschichte die Zuversicht, das diese bewältigt werden und die Erfolgsgeschichte beliebig lange fortgeschrieben wird. Wichtiger als Geld sei aber die Überzeugung seriöser Demokraten, dass es „keine Herausforderung auf der Welt gibt, die wir mit der Ordnung des Grundgesetzes nicht erfolgreich schaffen können.“
Der Rechtsstaat sei ein Erfolgsmodell. Zu den politischen Schwerpunkten des kommenden Jahres im Justizbereich gehört laut Buschmann die Trendwende bei der Bürokratisierung mit Hilfe von Entbürokratisierungsprogrammen. Dies sei eine ökonomische Herausforderung, weil die Bürokratisierung eine neue Form der Besteuerung darstelle. Das Vertrauen der Bürger sollte unter anderem durch eine gut ausgestattete Justiz zurückgewonnen werden.
SPD: Der Rechtsstaat funktioniert
Für die SPD-Fraktion sprach sich Esther Dilcher für die weitere Stärkung des Rechtsstaates aus. Der Rechtsstaat funktioniere, auch wenn den Bürgern von Demokratiegegnern gerne etwas anderes erzählt werde. Die Opposition habe in den bisherigen Debatten immer wieder auf das Asylrecht und Migration Bezug genommen. Die Diskussion sei dabei oft weit entfernt von verfassungsmäßigen Vorschlägen gewesen. Das sei keine effektive Oppositionspolitik gewesen.
Die SPD berufe sich auf Artikel 16a des Grundgesetzes, wonach politische Verfolgte Asyl genießen. Weltweit seien 120 Millionen Menschen auf Flucht. Die von der Opposition geforderten Änderungen am Asylrecht könnten die Migration nicht verhindern.
Grüne betonen Projektförderung für Hate Aid
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lobte Bruno Hönel den Einzelplan 07. Es sei ein solider Entwurf gerade in Zeiten knapper Haushalte. Sogar das jährliche Ringen um die Förderung von Hate Aid, der gemeinnützigen Organisation, die Opfer von digitaler Gewalt berät, könne man sich in diesem Jahr sparen. Endlich enthalte bereits der Regierungsentwurf die Projektförderung, die in den letzten Jahren immer wieder im parlamentarischen Verfahren erkämpft worden sei, sagte Hönel.
In Zeiten von digitalem Mobbing im Netz sei die Arbeit von Hate Aid wichtiger denn je. Aber auch europäische und deutsche Behörden müssten ihre Arbeit machen und den Digital Services Act der EU konsequent durchsetzen. Auch müssten die Sicherheitsbehörden für die Verfolgung und Ermittlung der Urheber digitaler Gewalt noch besser ausgestattet werden. Es gehe um digitale Resilienz, auch gegen illegale Wahlbeeinflussung wie durch Russland. Dazu muss die Justiz aus Sicht Hönels verlässlich finanziert werden. Das leiste dieser Haushalt. Knackpunkt sei dabei die Digitalisierung. Zudem müsse das Recht modernisiert werden, zum Beispiel beim Schwangerschaftsabbruch.
FDP: Rechtspolitik ist auch Standortpolitik
Dr. Thorsten Lieb (FDP) verwies darauf, dass Rechtspolitik auch Standortpolitik sei. Die Bundesregierung habe sich auf den Weg gemacht, das Recht nachhaltig zu modernisieren. Dafür gebühre dem Bundesjustizministerium Dank. Um ein Land attraktiv zu machen für Unternehmen, für ein innovationsfreundliches Klima, brauche es eine verantwortungsvolle Rechts- und Haushaltspolitik mit Schuldenbremse, die zukünftigen Handlungsspielraum sichert.
In diesem Zusammenhang nannte Lieb die Digitalisierung der Justiz eine „echte Erfolgsgeschichte“. Beim Bürokratieabbau gebe es einen ganz neuen Ansatz. Es werde endlich geredet mit denjenigen, die von Bürokratie betroffen sind. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV sei auf der Zielgeraden.
CDU/CSU: Grundgesetz konsequenter einhalten
Prof. Dr. Günter Krings (CDU/CSU) forderte die Regierung auf, das Grundgesetz gerade im Jubiläumsjahr konsequenter einzuhalten. Der Haushaltsentwurf offenbare auch in der Rechtspolitik „die ganze Rat- und Lustlosigkeit“ der Regierung. Das Elend der Rechtspolitik sei, dass Probleme erfunden würden, wo keine seien. Handlungsfelder würden ignoriert, wenn sie nicht zu dem vorgefertigten Weltbild der Regierung passten.
Auch in der Rechtspolitik werde über die Köpfe der Menschen hinweg und an ihren Bedürfnissen vorbei regiert, sagte Krings. Bürokratie werde auf- und die Sicherheit abgebaut, und die Gesellschaft solle umgebaut werden. Das zeige sich unter anderem in den Bilanzen der deutschen Wirtschaft.
AfD rügt „Pseudomaßnahmen“ der Regierung
Dr. Michael Espendiller von der AfD-Fraktion warf der Ampel-Koalition vor, die existierenden Probleme nicht beim Namen zu nennen. Es könne so nicht mehr weitergehen. Die Bundesregierung reagiere einfach nicht und arbeite lieber an Pseudomaßnahmen.
Die Politik der Ampel sei: „Probleme verwalten, aber nicht lösen.“ Während sich Minister Buschmann selbst beweihräuchere, gebe es in Deutschland 146.000 offene Haftbefehle, und es liefen 821 Killer frei in Deutschland herum.
Linke: Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif
Clara Bünger von der Gruppe Die Linke kritisierte Kürzungen im Justizetat. Es gehe nicht an, Mittel für Projekte gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu reduzieren. Damit würde die Demokratie gefährdet.
Bünger kritisierte, dass das Demokratiefördergesetz noch immer nicht beschlossen worden sei. Demokratie gebe es nicht zum Nulltarif. Extremismus und Rassismus ließen sich nicht mit Symbolpolitik bekämpfen.
Nachgeordnete Behörden sorgen für Einnahmen
Die Einnahmen sind im Wesentlichen dem Deutschen Patent- und Markenamt, einer oberen Bundesbehörde mit Sitz in München, zu verdanken, das Einnahmen von 492 Millionen Euro (2024: 472 Millionen Euro) erwartet. Im Wesentlichen sind das Gebühren für gewerbliche Schutzrechte. Die Ausgaben der Behörde belaufen sich demgegenüber nur auf 274,03 Millionen Euro (2024: 252,82 Millionen Euro).
Eine weitere nachgeordnete Behörde des Justizministeriums, das Bundesamt für Justiz, rechnet mit Ausgaben von 114,87 Millionen Euro (2024: 99,39 Millionen Euro). Auch hier sollen die Einnahmen von 184,2 Millionen Euro (2024: 154,2 Millionen Euro) die Ausgaben übersteigen.
Bundesgerichte und Generalbundesanwalt
Für den Bundesgerichtshof sind in den Etat 61,39 Millionen Euro eingestellt (2024: 54,86 Millionen Euro), für das Bundesverwaltungsgericht 25,88 Millionen Euro (2024: 25,04 Millionen Euro), für den Bundesfinanzhof 20,74 Millionen Euro (2024: 19,92 Millionen Euro) und für das Bundespatentgericht 16,92 Millionen Euro (2024: 15,98 Millionen Euro).
Etat des Bundesverfassungsgerichts
Mit dem Einzelplan des Justizministeriums wird auch der Einzelplan 19 des Bundesverfassungsgerichts an den Haushaltsausschuss überwiesen. Vorgesehen sind Ausgaben von 43,47 Millionen Euro (2024: 41,31 Millionen Euro). Wie in diesem Jahr wird 2025 wieder mit Einnahmen von 40.000 Euro gerechnet.
Das Bundesverfassungsgericht ist ein allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbstständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes mit Sitz in Karlsruhe. Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist Prof. Dr. Stephan Harbarth. (hau/mwo/13.09.2024)