Abgeordnete sehen Änderungsbedarf im Agraretat
Über den Etatentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Bundeshaushalt 2025 (20/12400) hat der Bundestag am Dienstag, 10. September 2024, in erster Lesung gut eineinhalb Stunden lang debattiert. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) sollen 2025 6,86 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, 68 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr mit 6,93 Milliarden Euro. Im Einzelplan 10 wird mit Einnahmen von 99,75 Millionen Euro gerechnet (2024: 101,57 Millionen Euro). Die Verpflichtungsermächtigungen belaufen sich bis zum Jahr 2028 auf 1,83 Milliarden Euro. Die Einzelplan 10 wurde am Freitag, 13. September, zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.
Minister: Umbau der Agrarpolitik fortsetzen
Die Debatte war durch heftige Kritik geprägt. Opposition, aber auch Parlamentarier aus den Ampelfraktionen meldeten Änderungsbedarf für die nun folgenden Beratungen an. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) unterstrich die Notwendigkeit, den Umbau der Agrarpolitik fortzusetzen.
Er verwies auf die in der Vorwoche vorgestellten Pläne der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), mit denen das umweltfreundliche Handeln und mehr Tierwohl belohnt werden sollen. Zudem sollten bessere Rahmenbedingungen für lebenswerte ländliche Räume geschaffen werden. „Wer sich nicht bewegt, hat vieles im Sinn, aber ganz bestimmt nicht das Wohl unserer Landwirtschaft“, sagte Özdemir.
„Verlässlichkeit für Landwirte und ländlichen Raum“
Tierwohl und eine Verbesserung der Lage im ländlichen Raum gebe es nicht zum Nulltarif und auch „nicht von jetzt auf gleich“, so der Minister. Die Bundesregierung sorge für Verlässlichkeit für die Landwirte und für die Menschen im ländlichen Raum. Im Haushalt 2025 seien dafür 200 Millionen Euro vorgesehen.
Auch bei den Mitteln für die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) biete der Haushalt Verlässlichkeit, dafür stünden 907 Millionen Euro zur Verfügung. Auf seiner Sommertour, so der Minister, habe er gesehen, wie sinnvoll diese Mittel für den Küstenschutz und im ländlichen Raum angelegt würden.
Grüne: Finanzielle Anreize für bedürftige Landwirte
Dafür bekam Özdemir Unterstützung von Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen). Auch er verwies auf die Pläne der EU-Kommissionspräsidentin, wie die Zukunft der Landwirtschaft in Europa aussehen soll. Das Expertengremium habe in den vergangenen Monaten beraten und sich auf eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik geeinigt.
Dabei stünden finanzielle Anreize zum Schutz von Klima, Umwelt und Tierwohl sowie gezielte Hilfen für bedürftige Landwirte im Mittelpunkt. Für diesen Umbau brauche es vor allem Investitionen, dafür werde ein Agrarfonds vorgeschlagen.
CDU/CSU warnt vor Anhebung des Mindestlohns
Albert Stegemann (CDU/CSU) kritisierte den Ansatz der Agrarpolitik der Bundesregierung. „Ein Bundeslandwirtschaftsminister sollte ein Wirtschaftsminister des ländlichen Raums sein“, sagte Stegemann. Die aktuellen Zahlen der Landwirtschaft bewiesen jedoch das Gegenteil. Im ländlichen Raum komme ein Großteil der Investitionen aus der Landwirtschaft.
Der Agrarhaushalt 2025 schrumpfe erneut, während der Etat der Umweltministerin um zehn Prozent gewachsen sei. „Das zeigt, welche Prioritäten die Bundesregierung setzt.“ Stegemann warnte vor dem Versuch, den Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde anzuheben, wie es Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun vorgeschlagen habe. Beim Obst- und Gemüsebau lägen die Personalkosten teilweise bei 70 Prozent, das sei „inkonsequent“.
„Haushalt ohne Ambitionen für die Landwirtschaft“
Auch der CSU-Abgeordnete Max Straubinger übte Kritik und sprach von einem „Haushalt ohne Ambitionen für die Landwirtschaft“. Der Etat setze keine Impulse für die Wirtschaftsbetriebe, „das muss man so feststellen“. Es gehe nur noch um Biolandwirtschaft, aber nicht mehr um konventionelle Betriebe, die für die Ernährungssicherheit notwendig seien. Forschungsmittel, die für innovative Anbauformen stünden, würden gekürzt.
Das Umbauprogramm für mehr Tierwohl werde von den Landwirten nicht angenommen, weil es keine „langfristige Perspektive liefert“, sagte Straubinger. Die Bundesregierung und der Minister seien „ideologisch festgelegt“ mit dem Ziel, „die Nutztierhaltung in Deutschland zu minimieren beziehungsweise ganz abbauen“. Das werde im Agrarhaushalt deutlich.
FDP: Falsche Anreize der CDU/CSU
Dr. Gero Clemens Hocker (FDP) wehrte sich gegen diese Kritik. In seiner letzten Rede als agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion – Hocker wird Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr – betonte der Liberale „das unterschiedliche Staatsverständnis“, das CDU/CSU und FDP hätten.
Während die Union regelmäßig finanzielle Unterstützungsmaßnahmen fordere wie den Tierwohl-Cent, schlügen die Liberalen vor, diese Umverteilung zu beenden. Das, was die Union in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in der Agrarpolitik getan habe, sei „fachlich und sachlich häufig genug falsch“. CDU/CSU hätten mit falschen Anreizen gearbeitet und Produktionsweisen gefördert, die zur derzeitigen Misere beigetragen hätten.
SPD fordert mehr Geld für nachhaltige Fischerei
Esther Dilcher (SPD) skizzierte die Arbeitsweise der Ampelregierung. Wenn mehrere Parteien eine Regierung bildeten, sei es entscheidend zu diskutieren, um am Ende einen Kompromiss zu finden. Der Haushalt 2025 sei ein Sparhaushalt, mehr noch als der Etat des laufenden Jahres. Der Landwirtschaftsplan sinke um rund 68 Millionen Euro auf 6,86 Milliarden Euro. Jedoch böten die nun anstehenden Verhandlungen Spielraum für Änderungen.
Vor allem die Mittel für die nachhaltige Fischerei, für die lediglich 100 Millionen Euro vorgesehen seien, müssten hier in den Blick genommen werden. „Leider“ würden 75 Prozent dieser Mittel für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zur Verfügung stehen und nur 25 Prozent den Fischern zugute kommen. „Ich hoffe, Sie werden uns in der parlamentarischen Beratung unterstützen, da mehr zu bekommen“, sagte Dilcher in Richtung von Minister Özdemir.
AfD: Nicht von Agrarimporten abhängig machen
Für Peter Felser (AfD) stellt der Etat 2025 einen „Übergangshaushalt“ dar. Der Landwirtschaftsetat schrumpfe in diesem Jahr, zudem sollten weitere 150 Millionen Euro eingespart werden. Die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe verschlechtere sich weiter, neben steigenden Energiepreisen kämen Verbote bei der Düngung und Bürokratiezuwachs hinzu.
Beim Brotweizen sei die Erntemenge in diesem Jahr alleine in Niedersachsen „um 30 Prozent eingebrochen“, sagte Felser. Der Raiffeisenverband warne bereits davor, dass Versorgungsengpässe nicht mehr ausgeschlossen seien. Es sei „unverantwortlich“, dass sich Deutschland immer stärker von Agrarimporten abhängig mache.
Linke: Keine Agrarwende, keine Fortschritte
Ina Latendorf (Gruppe Die Linke) sieht in dem vorliegenden Etatentwurf weder eine Agrarwende noch irgendwelche Fortschritte. Eine nachhaltige Landwirtschaft sei mit den vorliegenden Vorschlägen nicht zu finanzieren.
Nach Abzug aller festgelegten Ausgaben blieben noch 2,8 Milliarden Euro für Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und den gesundheitlichen Verbraucherschutz.
Landwirtschaftliche Sozialpolitik
Die Landwirtschaftliche Sozialpolitik umfasst im Einzelplan Ausgaben von 4,1 Milliarden Euro (2024: 4,11 Milliarden Euro).
Davon entfallen 2,4 Milliarden Euro auf die Zuschüsse zur Alterssicherung der Landwirte (2024: 2,44 Milliarden Euro) und 1,56 Milliarden Euro (2024: 1,52 Milliarden Euro) auf die Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte.
Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
Die Ausgaben für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Ernährung betragen laut Entwurf 193,33 Millionen Euro (2024: 191,5 Millionen Euro).
An der GAK beteiligt sich der Bund dem Entwurf zufolge mit 907 Millionen Euro – dem gleichen Betrag wie 2024.
Mehr Geld für den Umbau der Tierhaltung
Die Ausgaben für Marktordnung und Maßnahmen der Notfallvorsorge werden mit 268,95 Millionen Euro beziffert (2024: 214,03 Millionen Euro), die Ausgaben für „Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation“ mit 374,91 Millionen Euro (2024: 397,99 Millionen Euro) und für „internationale Maßnahmen“ sieht der Entwurf 68,7 Millionen Euro vor (2024: 80,5 Millionen Euro).
Zu Letzterem zählen unter anderem die Beiträge an nationale und internationale Organisationen in Höhe von 30,83 Millionen Euro (2024: 31,47 Millionen Euro). Für die Förderung des Umbaus der Tierhaltung sind 200 Millionen Euro eingestellt – 50 Millionen Euro mehr als 2024. (hau/nki/13.09.2024)