Parlament

Neugewähltes Europaparlament konstituiert sich am 16. Juli

Blick in den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg

Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg (© EU 2022, Europäisches Parlament/Cugnot)

Das neu gewählte Europäische Parlament ist am Dienstag, 16. Juli 2024, in Straßburg zu seiner konstituierenden ersten Sitzung der zehnten Wahlperiode (2024 bis 2029) zusammengetreten. Dabei wurde unter anderem Amtsinhaberin Dr. Roberta Metsola (Europäische Volkspartei) aus Malta als Präsidentin des Parlaments wiedergewählt. Die Abstimmung über eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen ist für Donnerstag, 18. Juli, vorgesehen. 

Von den 720 Abgeordneten, die vom 6. bis 9. Juni gewählt wurden, kommen 96 aus Deutschland. Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei 64,74 Prozent gegenüber 61,38 Prozent vor fünf Jahren. EU-weit lag die Wahlbeteiligung bei 51,05 Prozent (2019: 50,66 Prozent). Am höchsten war sie in Belgien mit 89,01 Prozent, gefolgt von Luxemburg mit 82,29 Prozent und Malta mit 73 Prozent. Die niedrigste Wahlbeteiligung hatte Kroatien mit 21,35 Prozent vor Litauen mit 28,35 Prozent und Bulgarien mit 33,78 Prozent.

CDU und CSU wie bisher mit zusammen 29 Mandaten

60 der 96 deutschen Abgeordneten wurden wiedergewählt, 36 wurden neu gewählt. Auf die CDU entfallen 23 Sitze, auf die CSU sechs Sitze, auf die Unionsparteien zusammen also 29 Sitze wie schon 2019. 

Für die CDU wurden neu gewählt Alexandra Mehnert aus Sachsen-Anhalt, Verena Mertens aus Nordrhein-Westfalen, Oliver Schenk aus Sachsen und Prof. Dr. Andrea Wechsler aus Baden-Württemberg. Neuer Abgeordneter der CSU ist Stefan Köhler. Marlene Mortler, CSU-Bundestagsabgeordnete von 2002 bis 2019 und Drogenbeauftragte der Bundesregierung von 2014 bis 2019, wurde nach 2019 zum zweiten Mal ins Europaparlament gewählt.

Vier Mandate mehr für die AfD

Die AfD konnte die Zahl ihrer Mandate gegenüber 2019 von elf auf 15 steigern. Zuletzt hatte sie aufgrund der Parteiaustritte von Prof. Dr. Jörg Meuthen, Lars Patrick Berg und Dr. Sylvia Limmer nur noch acht Mandate inne. Zwölf der 15 künftigen AfD-Abgeordneten wurden neu ins Parlament gewählt, darunter die beiden bisherigen Bundestagsabgeordneten Petr Bystron aus Bayern und Dr. Marc Jongen aus Baden-Württemberg. 

Wiedergewählt wurden Dr. Maximilian Krah, Christine Anderson und Markus Buchheit. Der Spitzenkandidat Maximilian Krah soll der künftigen AfD-Delegation im Parlament einem Beschluss der Abgeordneten zufolge nicht angehören.

Zwei Mandate weniger für die SPD

Die Zahl der SPD-Mandate verringerte sich gegenüber 2019 von 16 auf 14. Neu dabei sind Vivien Costanzo aus Hessen, Tobias Cremer aus Nordrhein-Westfalen und Sabrina Repp aus Mecklenburg-Vorpommern. Zu den Wiedergewählten zählt die Spitzenkandidatin Dr. Katarina Barley aus Rheinland-Pfalz, die von 2013 bis 2019 dem Bundestag angehörte und 2017/2018 Bundesfamilienministerin sowie zeitweise geschäftsführende Arbeits- und Sozialministerin und zuletzt 2018/2019 Bundesjustizministerin war.

Die Nachrücker der zu Ende gehenden Wahlperiode, René Repasi für Evelyne Gebhardt, beide aus Baden-Württemberg, und Matthias Ecke für Constanze Krehl, beide aus Sachsen, wurden wiedergewählt. Sein Mandat nicht verteidigen konnte der dritte Nachrücker, Thomas Rudner aus Bayern, der den im Juli 2023 ausgeschiedenen Ismail Ertug ersetzt hatte.

Zwölf wiedergewählte Abgeordnete bei den Grünen

Bündnis 90/Die Grünen verloren bei der Wahl neun ihrer bisherigen 21 Mandate. Alle zwölf Mandate entfallen auf wiedergewählte Abgeordnete, es gibt keinen Neuzugang. Von den 21 vor fünf Jahren gewählten Abgeordneten war Sven Giegold nach der Bundestagswahl 2021 ausgeschieden, um Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu werden. Die Spitzenkandidatin von 2019, Franziska Maria „Ska“ Keller, war zur diesjährigen Wahl nicht mehr angetreten. Auch Reinhard Bütikofer, der dem Parlament seit 2009 angehörte, hatte nicht mehr kandidiert. Viola von Cramon-Taubadel, Bundestagsabgeordnete von 2009 bis 2013 und seit 2019 Europaabgeordnete, verfehlte den Wiedereinzug ins Europaparlament. 

Nicht mehr dabei sind neben den Genannten auch Anna Deparnay-Grunenberg, Romeo Franz, Henrike Hahn, Pierrette Herzberger-Fofana, Niklas Nienass und Jan Ovelgönne. Ovelgönne war im März 2024 für Malte Gallée nachgerückt, der seinerseits im Dezember 2021 für Sven Giegold nachgerückt war.

Sechs Mandate für Bündnis Sahra Wagenknecht

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) konnte bei der Wahl 2024 auf Anhieb sechs Mandate erringen. 

Gewählt sind der Fabio De Masi, der bereits von 2014 bis 2017 Europaabgeordneter und von 2017 bis 2021 Hamburger Bundestagsabgeordneter für die Partei Die Linke war, ferner Ruth Firmenich aus Berlin, Thomas Geisel aus Nordrhein-Westfalen, Dr. Friedrich Pürner aus Bayern, Dr. Jan-Peter Warnke aus Mecklenburg-Vorpommern und Michael von der Schulenburg.

Fünf Mandate für die FDP

Wie bereits nach der Wahl 2019 ist die FDP wieder mit fünf Abgeordneten vertreten. Neu ist die Spitzenkandidatin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die von 2017 bis 2024 dem Bundestag angehörte und dort zuletzt Vorsitzende des Verteidigungsausschusses war. 

Nicht mehr dabei ist Nicola Beer, die zum 1. Januar 2024 Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg wurde. Beer war von 2017 bis 2019 Bundestagsabgeordnete, wechselte 2019 ins Europaparlament und war dort bis 2023 dessen Vizepräsidentin. Ihr Nachrücker in Straßburg war Michael Kauch, Bundestagsabgeordneter von 2003 bis 2013. Für die Europawahl 2024 hatte Kauch nicht mehr kandidiert.

Drei Parteien mit je drei Mandaten

Drei Parteien errangen jeweils drei Mandate: Die Linke, die Freien Wähler und Volt Deutschland. Neugewählt wurde bei der Linken die Parteilose Carola Rackete aus Berlin, wiedergewählt wurden der Spitzenkandidat und Parteivorsitzende Dr. Martin Schirdewan aus Berlin sowie Özlem Demirel-Böhlke aus Nordrhein-Westfalen. Nicht mehr dabei sind Cornelia Ernst, Martina Michels und Helmut Scholz, die nicht mehr angetreten waren. 2019 hatte Die Linke noch fünf Mandate errungen.

Die Freien Wähler konnten gegenüber 2019 ein Mandat dazugewinnen. Neu dabei sind Christine Singer aus Bayern und Dr. Joachim Streit aus Rheinland-Pfalz. Wiedergewählt wurde Engin Eroglu aus Hessen. Ausgeschieden ist Ulrike Müller aus Bayern.

Die Partei Volt Deutschland hatte 2019 ein Mandat errungen, das von Damian Freiherr von Boeselager aus Berlin wahrgenommen wurde. Während er in seine zweite Wahlperiode geht, beginnt für zwei Abgeordnete die erste Wahlperiode. Neu dabei sind Nela Riehl aus Hamburg und Kai Tegethoff aus Niedersachsen.

Die Partei mit zwei Mandaten

Nach wie vor mit zwei Mandaten ist die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz Die Partei, im Europaparlament vertreten. 

Wiedergewählt wurde Spitzenkandidat Martin Sonneborn, neugewählt die Schriftstellerin Sibylle Berg. Der bisherige zweite Abgeordnete Nico Semsrott war im Januar 2021 aus der Partei ausgetreten und hatte zur Europawahl 2024 nicht mehr kandidiert.

Vier Parteien mit je einem Mandat

Vier Parteien aus Deutschland errangen jeweils ein Mandat. Für die Familien-Partei Deutschlands konnte Helmut Geuking aus Nordrhein-Westfalen sein Mandat verteidigen. Er verzichtete jedoch zugunsten seines Sohnes Niels Geuking, der bereits im Februar 2024 für seinen Vater nachgerückt war und auf dem zweiten Listenplatz kandidiert hatte.

Erstmals im Europaparlament vertreten ist die Partei des Fortschritts (PdF), die mit Lukas Sieper aus Nordrhein-Westfalen vertreten sein wird. Ihr Mandat verteidigen konnte die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). Sie ist wie bisher mit Manuela Ripa vertreten, die im Juli 2020 für Prof. Dr. Klaus Buchner nachgerückt war. Auch die Partei Mensch Umwelt Tierschutz, kurz Tierschutzpartei, konnte sich erneut ein Mandat sichern, das von Sebastian Everding aus Nordrhein-Westfalen wahrgenommen wird. Bisheriger Abgeordneter war Martin Buschmann, der im Februar 2020 aus der Tierschutzpartei ausgetreten war.

Nordrhein-Westfalen stellt die meisten Abgeordneten

Die meisten deutschen Europaabgeordneten, nämlich 20, kommen aus Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Berlin mit 14, Bayern mit elf, Baden-Württemberg und Niedersachsen mit jeweils neun, Rheinland-Pfalz und Hessen mit jeweils sechs, Sachsen mit vier, Hamburg und Schleswig-Holstein mit jeweils drei, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen mit jeweils zwei Abgeordneten und dem Saarland mit einer Abgeordneten. Bremen entsendet keinen Abgeordneten nach Straßburg.

Zwei deutsche Abgeordnete haben ihren Wohnsitz nicht in Deutschland: Sibylle Berg (Die Partei) aus Zürich und Michael von der Schulenburg (BSW) aus Bisamberg in Niederösterreich.

Mitwirkungsrecht im Europaausschuss des Bundestages

Deutsche Europaabgeordnete können im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages mitwirkungsberechtigt sein. Paragraf 93 b Absatz 8 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages besagt, dass deutsche Mitglieder des Europaparlaments Zutritt zu den Sitzungen des Ausschusses erhalten. Weitere deutsche Europaabgeordneten sind als Vertreter zur Teilnahme berechtigt. Die mitwirkungsberechtigten Mitglieder des Europaparlaments werden von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas berufen. Vorgeschlagen werden sie von den Bundestagsfraktionen, aus deren Parteien die deutschen Europaabgeordneten gewählt worden sind.

„Die berufenen Mitglieder sind befugt, die Beratung von Verhandlungsgegenständen anzuregen sowie während der Beratungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union Auskünfte zu erteilen und Stellung zu nehmen“, heißt es in der Geschäftsordnung. (vom/16.07.2024)

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