Aktuelle Stunde

Ergebnisse der deutsch-polnischen Regierungs­konsultationen erörtert

Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 4. Juli 2024, in einer Aktuellen Stunde mit den Ergebnissen der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen. Verlangt wurde die Aktuelle Stunde von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.

Die 16. Deutsch-Polnischen Regierungskonsultationen fanden am Dienstag, 2. Juli, in Warschau erstmals nach sechs Jahren wieder statt. Neben Fragen der bilateralen Zusammenarbeit ging es dabei unter anderem um europa- und wirtschaftspolitische Fragen. 

Deutsch-Polnischer Aktionsplan

Aus dem von den Regierungen verabschiedeten Deutsch-Polnischen Aktionsplan geht unter anderen hervor, dass Deutschland und Polen die konkrete Unterstützung der Ukraine fortsetzen werden, insbesondere auf politischer, finanzieller, militärischer und humanitärer Ebene. Gemeinsam habe man das Ziel, „überzeugende Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden und unsere europäische Zukunft zu gestalten, ohne dabei die Vergangenheit zu vergessen“, heißt es in der Präambel zu dem Aktionsplan. 

Man sei sich bewusst, dass Erinnerung und Aussöhnung in den deutsch-polnischen Beziehungen ihren festen Platz haben müssen. „Aussöhnung ist ein Prozess, der keinen Schlussstrich erlaubt. Er wird an die nächste Generation weitergegeben und stets aufs Neue erfahren“, heißt es in der Vorlage.

Bedeutung des deutsch-polnischen Verhältnisses betont

Im Verlauf der Aktuellen Stunde zeigten sich Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen sowie der Unionsfraktion erleichtert, dass es nach der Abwahl der PiS-Regierung in Polen im Herbst 2023 wieder zu deutsch-polnischen Regierungskonsultationen gekommen ist. Ein enges Verhältnis zwischen Deutschland und Polen sei aktuell angesichts der schwierigen politischen Lage in Frankreich, dem anderen Mitglied des Weimarer Dreiecks, umso wichtiger, hieß es. 

Anders bewertete das die AfD-Fraktion, die der Bundesregierung vorwarf, jahrelang die polnische Regierung mit Dreck beworfen zu haben. 

Grüne: Reger Austausch zwischen den Parlamenten

Nyke Slawik (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Die deutsch-polnischen Regierungskonsultationen kamen genau zum richtigen Zeitpunkt.“ Auch zwischen den Parlamenten gebe es einen regen Austausch. In dieser Woche sei eine Delegation des polnischen Sejms im Bundestag zu Gast. 

Slawik regte gleichzeitig an, eine Deutsch-Polnische Parlamentarische Versammlung einzurichten, „ähnlich, wie wir es bereits mit Frankreich haben“. 

CDU/CSU: Klare Sprache gegenüber Putin

Nach den „bleiernen Jahren der PiS, mit dem Gift der Reparationsforderungen in Billionenhöhe“, sei es gut und nötig, wieder am Vertrauensaufbau zu arbeiten, befand Knut Abraham (CDU/CSU)

Dafür dürfe Deutschland keine Zweifel daran lassen, „dass wir genauso entschlossen wie Polen die Ukraine aus Überzeugung unterstützen, dass wir eine klare Sprache und Politik gegenüber Putin sprechen und die Ostflanke von EU und Nato massiv sichern gegen Provokationen aus Minsk, Moskau oder dem Königsberger Gebiet“. 

SPD: Chance auf neue Ära in den Beziehungen

Von einem befreienden Aufbruch sprach Dietmar Nietan (SPD). Es gebe nun die Chance auf eine neue Ära in den deutsch-polnischen Beziehungen. Während Europa sowohl innen als auch von außen gefährdet werde, schauten die Menschen ganz besonders auf Deutschland und Polen. „Hier, im Zentrum Europa, werden die Weichen für unsere Zukunft gestellt“, sagte Nietan. 

Im vergangenen Herbst hätten die Polen ihre „autoritäre antieuropäische Regierung“ abgewählt. „Dieser Sieg der Freiheit ist eine historische Chance für Europa und eine ganz besondere Verpflichtung für Deutschland, die Beziehungen zu unseren östlichen Nachbarn ganz neu zu denken“, sagte der SPD-Abgeordnete. 

AfD: Polnische Regierung wurde verleumdet 

Norbert Kleinwächter (AfD) warf der Bundesregierung vor, jahrelang mit Dreck auf die polnische Regierung und das polnische Volk geworfen zu haben. Sanktionen und Geldsperren seien über die EU verhängt worden, „weil man die polnische Regierung verleumdet hat, sie sei nicht rechtsstaatlich und nicht akzeptabel“. 

Angestrebt worden sei damit eine „polnische Protegé-Regierung“, die man mit Donald Tusk auch bekommen habe. „Es geht Ihnen nicht um demokratische Standards“, sagte Kleinwächter. Es gehe darum, ob eine Regierung erwünscht ist oder nicht. 

FDP:  Meilenstein für die Zusammenarbeit

Mit dem Aktionsplan, so Anikó Glogowski-Merten (FDP), setzten die polnische und die deutsche Regierung einen „Meilenstein für die Zusammenarbeit unserer Länder“. Der Plan sei ein starkes Signal für die Zukunft Europas. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe in aller Deutlichkeit gezeigt, wie wichtig es ist, zusammenzustehen.

Deutschland und Polen würden die Ukraine weiterhin auf humanitärer, finanzieller und militärischer Ebene unterstützen, machte Glogowski-Merten deutlich. Russland sei schließlich die größte Bedrohung „für unsere und die gesamte europäische Sicherheit“.

Regierung: Gedenken an die Geschichte wach halten

Dr. Anna Lührmann (Bündnis 90/Die Grünen), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, betonte ebenfalls, dass Deutschland und Polen fest an der Seite der Ukraine stünden. Zugleich verwies sie auf die deutsch-polnische Geschichte und forderte ein deutsch-polnisches Haus „hier im Herzen von Berlin“. 

Ein Konzept dazu werde der Bundestag beraten. „Es kann beim Erinnern keinen Schlussstrich geben. Wir müssen das Gedenken an diese dunkle Seite der Geschichte wach halten“, forderte Lührmann. (hau/04.07.2024)