Fraktionen urteilen über Corona-Masken-Beschaffung in der Pandemie
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 27. Juni 2024, mit der Maskenbeschaffung des Bundesgesundheitsministeriums während der Corona-Pandemie befasst. Anlass war eine von den Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP beantragte Aktuelle Stunde unter dem Titel „Corona-Masken-Beschaffung im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umfassend und zügig aufarbeiten“.
Urteil des Kölner Oberlandesgerichts
Anlass der Aktuellen Stunde war ein Urteil des Oberlandesgerichtes Köln zu Streitigkeiten zwischen dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und einem Maskenlieferanten vom 21. Juni 2024. Das BMG hatte unter dem damaligen Minister Jens Spahn im März 2020 im Rahmen eines sogenannten Open-House-Verfahrens die Lieferung von Masken zu einem Fixpreis ausgeschrieben.
Später verweigerte das Ministerium die Annahme und die Bezahlung von Lieferungen, die nach dem vorgegebenen Lieferdatum eingegangen waren beziehungsweise die Qualitätsmängel aufwiesen. Dagegen klagen etliche Lieferanten. Das Bundesgesundheitsministerium beziffert den Streitwert der laufenden Verfahren auf 2,3 Milliarden Euro. In einem Fall entschied das Gericht in Köln nun zugunsten des Klägers.
SPD: Es geht nicht um eine Hexenjagd
Für die SPD-Fraktion betonte Martina Stamm-Fibich, dass es in der Aktuellen Stunde nicht um eine „Hexenjagd“ gehe. In der „unübersichtlichen Zeit“ in der Frühphase der Pandemie im März 2020 sei die Beschaffung von Masken keine leichte Aufgabe gewesen, „denn alle Staaten wollten sich absichern“, betonte die Sozialdemokratin. Dennoch müsse kritisch aufgearbeitet werden, was damals passiert sei, niemand dürfe sich aus der Verantwortung stehlen.
Neben der Klärung der Beschaffung müsse auch die Maskenverteilaktion im Winter 2020 sowie die Vergabe von „überteuerten Bestellungen an Einzelunternehmen auf Zuruf von Parteifreunden“ aufgearbeitet werden. „Das Versagen bei der Beschaffung könnte den Haushalt des BMG auf Jahre lähmen und die Rückstellungen reichen bei Weitem nicht aus“, warnte die Abgeordnete.
CDU/CSU: Ein Skandal, der keiner ist
Für die CDU/CSU-Fraktion griff Tino Sorge wiederum die Ampel-Fraktionen scharf an. Diese hätten angekündigt, eine Aufarbeitung der Corona-Zeit ohne „unlautere Schuldzuweisungen“ zu wollen. „Diesen Kurs haben Sie verlassen“, kritisierte der Christdemokrat. Er verwies darauf, dass es in der Sache noch kein rechtskräftiges Urteil gebe, auch der Richterspruch des OLG Köln sei noch nicht rechtskräftig.
Das BMG halte die Rechtsauffassung des OLG für falsch, andere Gerichte hätten im Sinne des Ministeriums entschieden „Sie fanatisieren mit Streitwerten, die völlig utopisch sind. Streitwerte sind nicht gleich Schadenersatz beziehungsweise Strafzahlung“, führte Sorge aus. Es werde ein Skandal gemacht, der eigentlich keiner sei. „Das ist an Niederträchtigkeit und Doppelmoral nicht zu überbieten“, wetterte der Abgeordnete.
Grüne: Einsatz von Steuergeldern aufarbeiten
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte Andreas Audretsch, dass es sich bei der Pandemie um eine schwere Krise gehandelt habe, in der schwierige Entscheidungen getroffen werden mussten. Eine Krise dürfe aber „kein Freifahrtschein sein für völlig unkontrolliertes Handeln, ohne dafür Rechenschaft abzulegen“, sagte der Abgeordnete.
Der Einsatz von Steuergeldern für „windige Verträge“ müsse aufgearbeitet werden. Es sei einer der „größten Steuerverschwendungsskandale“ der Bundesrepublik. Audretsch führte aus, dass das Kabinett seinerzeit die Beschaffung von 275 Millionen Masken beschlossen hatte, bestellt worden seien aber 5,7 Milliarden. „Warum hat Jens Spahn die Kontrolle dermaßen verloren?“, fragte der Grünen-Abgeordnete.
AfD will einen Untersuchungsausschuss
Für die AfD-Fraktion kritisierte Martin Sichert nicht nur Jens Spahn, sondern auch dessen Nachfolger Karl Lauterbach (SPD). Spahn sei bei Masken, Lauterbach bei Impfstoffen in einen „Kaufrausch“ zulasten der Steuerzahler verfallen, sagte der Abgeordnete. Es müsse eine Aufklärung geben, was in der Corona-Zeit passiert sei.
In diesem Zusammenhang warf er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, die Demokratie mit Füßen zu treten, da er eine Aufarbeitung in Form eines Bürgerrates gefordert habe. Für „jeden Demokraten“ sei aber klar, dass es nur einen Ort zur Aufarbeitung der Corona-Zeit gebe, nämlich im Bundestag in einem Untersuchungsausschuss. Sichert forderte zudem eine „vollständige Rehabilitierung von Bürgern, die wegen Corona-Maßnahmen bestraft wurden“.
FDP: Überfordertes Gesundheitsministerium
Für die FDP-Fraktion kritisierte Kristine Lütke das Handeln des Gesundheitsministeriums während der Corona-Zeit. Im Umgang mit Lockdowns, Ausgangs- und Besuchssperren und der Beschaffung von Schutzmasken sei es „vollkommen überfordert“ gewesen. Zur Politik gehöre es, notwendige Entscheidungen zu treffen. Auch gehöre es dazu, Fehler zu machen.
„Es gehört aber ebenso dazu, getroffene Entscheidungen und deren Auswirkungen kritisch zu hinterfragen,“ sagte die Abgeordnete. Die Liberale erneuerte die Forderung ihrer Fraktion, zur Aufarbeitung eine Enquete-Kommission des Bundestages einzusetzen. (scr/27.06.2024)