Auswärtiges

Experten sehen Reform­bedarf bei internationalen Friedenseinsätzen

Die stabilisierende Wirkung und gleichzeitig den Reformbedarf internationaler Friedenseinsätze unterstrichen die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Vereinte Nationen, internationale Organisationen und zivile Krisenprävention des Auswärtigen Ausschusses am Mittwoch, 12. Juni 2024, zum Thema „Reform des Peacekeeping“.

Die Weltordnung bewege sich sich auf eine „neue Multipolarität zu, von der man noch nicht nicht genau weiß, wie sie am Ende aussehen wird,“ erklärte Dr. Ekkehard Griep, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). Geopolitische Spannungen zwischen den großen Akteuren, gepaart mit einem größeren Selbstbewusstsein aufstrebender Staaten und eine stärkere Betonung nationaler Interessen anstelle multilateraler Kooperation kennzeichneten heute das sicherheitspolitische Umfeld für Friedensmissionen. 

„Trend zum Weniger“ bei Friedenseinsätzen

Eine Bestandsaufnahme zeige einen „Trend zum Weniger“: In den vergangenen Jahren seien mehrere Einsätze beendet, reduziert und seit 2013 gar keine neue Peacekeeping-Mission mehr vom Sicherheitsrat mandatiert worden. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass auf Seiten der Empfängerländer die Bereitschaft zurückgegangen sei, solche umfassenden internationalen Engagements zu akzeptieren. Der Trend weise hin zu „kleineren, fokussierteren, regionalen Einsätzen“. Grundsätzlich brauche es für Peacekeeping-Missionen einen langen Atem. Politische Friedensprozesse seien komplex und dauerten Jahre. 

UN-Peacekeeping werde aber auch in Zukunft im internationalen Konfliktmanagement eine Bedeutung haben, betonte Griep. Deutschland sollte als großer Beitragszahler in den Vereinten Nationen „die Reform dieses Instruments konstruktiv begleiten“ und „sich für eine neue Phase des Peacekeeping politisch und konzeptionell aufstellen“. 

Legitimitätskrise von UN-Friedenseinsätzen

Peacekeeping funktioniert“, sagte Dr. Astrid Irrgang, Geschäftsführerin des Zentrums für internationale Friedenseinsätze (ZIF). Die Vereinten Nationen seien der größte Akteur auf diesem Gebiet. Die Forschung zeige, das Friedenseinsätze grundsätzlich stabilisierend wirkten und Gewalt verminderten. Das belegten zahlreiche positive Beispiele wie in Angola, Namibia, Elfenbeinküste, Liberia oder Sierra Leone, wo gewaltsame Konflikte „abgeflammt“ seien, demokratische Wahlen stattgefunden hätten und es zu Wohlstand gekommen sei. 

Der Abbruch von Missionen, wie im Kongo, in Mali oder im Sudan habe seine Gründe in der „fehlenden Unterstützung der Gastregierungen“, die an den Fähigkeiten der Einsätze zweifelten oder sich an der als „übergriffig empfundenen Menschenrechtsagenda“ störten. Insgesamt befinde sich das Instrument der UN-Friedenseinsätze in einer Legitimitätskrise und müsse weiterentwickelt werden. Die Vereinten Nationen hätten dazu einen Weg in der „New Agenda for Peace“ aufgezeigt. Darin würden beispielsweise „realistischere Mandate“ und vertiefte Partnerschafen mit regionalen Organisationen wie der Afrikanischen Union, vor allem bei friedenserzwingenden Antiterroreinsätzen, gefordert. (ll/14.06.2024)

Zeit: Mittwoch, 12. Juni 2024, 16 Uhr bis 17 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

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