Kommunalprogramm der AfD stößt auf Ablehnung
Abgeordnete der Koalition und der CDU/CSU-Fraktion haben Forderungen der AfD-Fraktion zur Stärkung der Kommunen zurückgewiesen und der AfD mangelnde kommunalpolitische Kompetenz vorgeworfen. Die AfD konterte in einer Plenardebatte am Donnerstag, 6. Juni 2024, mit dem Vorwurf an die anderen Fraktionen, die Augen vor dem Verfall Deutschlands zu verschließen.
Gegenstand der Aussprache waren zwei Anträge der AfD-Fraktion mit den Titeln „Elf Punkte für unsere Heimat – Kommunen stärken“ (20/11624) und „Kommunale Selbstverwaltung stärken – Fremdbestimmung durch Migrations- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung verhindern und Förderstruktur reformieren“ (20/11623), die im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen wurden.
AfD: Kommunen können Aufgaben nicht mehr erfüllen
Carolin Bachmann (AfD) erklärte in der Debatte, der Zustand der Städte und Gemeinden verschlechtere sich mit jedem Jahr der Ampelregierung. Mit ihrer ideologischen Politik stelle die Regierung die Kommunen vor unlösbare Aufgaben, führe sie in eine Dauerkrise und treibe sie schließlich in den Ruin. Verantwortlich dafür seien der Zwangsumbau der Infrastruktur für die Energiewende und die Masseneinwanderung.
Zuletzt seien die kommunalen Sozialausgaben vor allem durch die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge um zwölf Prozent gestiegen. Die Kommunen könnten ihre originären Aufgaben nicht mehr erfüllen. Daher verlangte Bachmann, dass die Kommunen das Recht bekommen müssten, die Zuweisung von Migranten bei Wohnungsnot ablehnen zu dürfen. Statt auf erneuerbare Energien solle besser auf „Freiheitsenergien“ wie Atom und Gas gesetzt werden.
SPD: Sozialausgaben gehen nicht nur an Geflüchtete
Franziska Mascheck (SPD) warf der AfD vor, die Lage der Städte und Kommunen nur wegen der anstehenden Kommunalwahlen in Ostdeutschland zu thematisieren. In Wirklichkeit habe die AfD „keinen blassen Schimmer“ von Kommunalpolitik.
Die Angaben, dass Sozialausgaben der Kommunen ausschließlich an Geflüchtete gehen würden, seien falsch. Richtig sei, dass die Mittel überwiegend zum Beispiel an Familien und Menschen mit Behinderung gehen würden.
CDU/CSU: AfD ist kommunalpolitisch inkompetent
Petra Nicolaisen (CDU/CSU) sagte, die AfD stelle mit ihren Forderungen ihre kommunalpolitische Inkompetenz zur Schau. Sie wolle die Grundsteuer abschaffen und damit eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen versiegen lassen.
Das Aufkommen der Grundsteuer betrage rund 14 Milliarden Euro. Das seien etwa elf Prozent der kommunalen Steuereinnahmen. Auch Ralph Lenkert (Gruppe Die Linke) warf der AfD vor, „die Kommunen in den Ruin zu treiben“.
Grüne: AfD leugnet den Klimawandel
Christina-Johanne Schröder (Bündnis 90/Die Grünen) sagte zu den AfD-Anträgen, darin fehle jegliche kommunale Kompetenz.
Die AfD leugne den Klimawandel und damit „die rettende Klimaanpassung, den Schutz vor Hochwasser und den Schutz unserer Gebäude“. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien werde abgelehnt.
FDP lobt Unterstützung für die Kommunen
Friedhelm Boginski (FDP) wies darauf hin, dass die Kommunen vor sehr großen Herausforderungen stehen würden und würdigte die Bundeshilfen.
Auch wenn die Unterstützung der Kommunen Sache der Länder sei, gebe es vom Bund Unterstützung, zum Beispiel durch das Startchancen-Programm für Schulen.
Erster Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion will mit ihrem ersten Antrag (20/11624) die Belastung der Städte und Gemeinden durch die Zuwanderung und durch die Kosten der Transformation im Gebäude- und Verkehrsbereich reduzieren. Sie schreibt, die Zuwanderung von Migranten stelle die Kommunen vor erhebliche Probleme, um den notwendigen Wohnraum bereitzustellen und kostenintensive Integrationsmaßnahmen umzusetzen.
Die zusätzliche hohen Wohnungsnachfrage durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine habe vielerorts „dramatische Formen“ erreicht, heißt es weiter. Daher solle Städten und Gemeinden zukünftig das Recht eingeräumt werden, Zuweisungsentscheidungen ablehnen zu können. Städte, in denen Wohnungsnot herrscht, sollen grundsätzlich von der Zuweisung von Migranten ausgeschlossen werden.
Außerdem soll die Transformationspolitik im Baubereich beendet werden, fordert die AfD-Fraktion. Das Gebäudeenergiegesetz und die generelle Verpflichtung für die Kommunen, eine Wärmeplanung zur Dekarbonisierung umzusetzen, solle abgeschafft werden, um kostengünstiges Bauen wieder zu ermöglichen. Auch die Transformationspolitik im Verkehrsbereich und der „ideologisch zugespitzte Kampf gegen das Auto“ sollen nach dem Willen der Fraktion beendet werden.
Zweiter Antrag der AfD
In ihrem zweiten Antrag (20/11623) verlangt die AfD-Fraktion, dass die Bundesregierung die Zahl der Förderprogramme für die Kommunen reduziert und die Förderung auf die Errichtung und die Instandhaltung von öffentlichen Gebäuden sowie der Verkehrsinfrastruktur konzentriert. Außerdem soll die Beantragung von Mitteln vereinfacht werden. Die durch den Bund zugewiesenen kommunalen Pflichtaufgaben sollen auf ein dauerhaft finanzierbares Niveau verringert werden. Die AfD-Fraktion fordert daher, die Migrationspolitik des Bundes umgehend zu stoppen. Die Klimaschutzpolitik des Bundes und die damit einhergehenden Konsequenzen für die Kommunen sollen umgehend beendet werden.
Die Fraktion begründet ihren Antrag mit der finanziellen Überforderung der Kommunen, für die der Bund durch die Übertragung von neuen Aufgaben verantwortlich sei. Da die finanziellen Mittel der Kommunen nicht ausreichten, hätten sie im Jahr 2023 ein Defizit von 6,8 Milliarden Euro zu verzeichnen gehabt. Finanzielle Programme des Bundes würden zu keiner Entlastung führen, sondern im Gegenteil bedeute die Beantragung und Abwicklung der derzeit über 90 zeitlich befristeten Programme einen erheblichen Mehraufwand.
Den für den Erhalt der Förderprogramme notwendigen Eigenanteil könnten finanzschwache Kommunen nicht aufbringen. Doch gerade diese Kommunen würden am dringendsten Unterstützung benötigen. Außerdem seien die Ausgaben durch die Migration erheblich gestiegen. Derzeit würden die Kommunen mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr für soziale Leistungen ausgeben. Diese Ausgaben hätten sich seit dem Jahr 2005 verdoppelt, heißt es in dem Antrag. Der Investitionsrückstand der Kommunen sei im Jahr 2023 auf etwa 166 Milliarden Euro angewachsen. Betroffen seien besonders die öffentliche Infrastruktur wie Schulen, Sportstätten und Verkehr. (hle/irs/06.06.2024)