Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juni 2024, das Düngegesetz novelliert. Den Entwurf der Bundesregierung für ein zweites Gesetz zur Änderung des Düngegesetzes (20/8658) nahm er in der vom Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft geänderten Fassung (20/11664) an. Dafür stimmten die Koalitionsfraktionen und die Gruppe Die Linke, dagegen die Unionsfraktion und die AfD-Fraktion.
Ebenfalls abschließend beraten wurde der Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der verbindlichen Stoffstrombilanzierung (20/411, 20/549 Nr. 3), den der Bundestag gegen die Stimmen von Union und AfD zur Kenntnis nahm. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und gegen das Votum von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung der Gruppe Die Linke verabschiedete der Bundestag dazu eine Entschließung (20/11664).
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Das Vorhaben dient vorrangig der Umsetzung von EU-Recht. Mit der Änderung des Düngegesetzes werden die nationalen Vorschriften zur Durchführung der EU-Düngeprodukteverordnung erlassen: insbesondere die Regelungen zur Benennung einer notifizierenden Behörde, die auf Grund der Vorgaben dieser Verordnung wesentliche Aufgaben bei der Befugniserteilung und Überwachung von Konformitätsbewertungsstellen (KBS) übernehmen muss, sowie Regelungen hinsichtlich der Notifizierung und Überwachung von KBS. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat zu überwachen, ob die notifizierten Stellen, denen sie die Befugnis zur Wahrnehmung von Konformitätsbewertungsaufgaben erteilt hat, die Anforderungen erfüllen und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen.
Zur Einrichtung eines Wirkungsmonitorings der Düngeverordnung wird vor dem Hintergrund der Anforderungen der Nitratrichtlinie eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Einzelheiten des Monitorings sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Aufgrund der Verordnungsermächtigung sollen insbesondere die Mitwirkung und Zusammenarbeit verschiedener Behörden und der Austausch und die Erhebung der zur Durchführung des Monitorings erforderlichen Daten geregelt werden.
Änderungen im Ausschuss
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen. Das Düngerecht wird in drei Punkten geändert. Zum einen schafft es die Grundlage dafür, um die sogenannte Stoffstrombilanz landwirtschaftlicher Betriebe, die jetzt Nährstoffbilanz genannt wird, zu verbessern. Diese bildet die Verwendung von Nährstoffen in landwirtschaftlichen Betrieben transparent und überprüfbar ab. Sie ist für die Betriebe ein Mittel, um ihre Nährstoffeffizienz zu überprüfen, zum Beispiel bei der Düngung und beim Einsatz von Futtermitteln. Das Ziel ist, dass künftig nachhaltiger und ressourcenschonender gedüngt wird.
Künftig sollen landwirtschaftliche Betriebe schon ab 15 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) Aufzeichnungen über ihre Nährstoffströme führen müssen. Bisher galt das erst für Betriebe, die 20 Hektar LF beziehungsweise 50 Großvieheinheiten überschritten. Dafür soll sich die Frist für die betriebliche Aufzeichnung von drei auf sechs Monate nach Zu-/Abfuhr verlängern. Zudem soll es Richtwerte für maximal zulässige betriebliche Bilanzwerte für Phosphor geben.
Ausgenommen bleiben auch weiterhin Betriebe und Biogasanlagen, die weniger als 750 kg Stickstoff pro Hektar (N/ha) aus Wirtschaftsdüngern aufnehmen oder erzeugen. Diese Begrenzung gilt beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Weitere Ausnahmen von der Nährstoffbilanzverordnung gelten künftig für Kurzumtriebsplantagen, Zierpflanzen- und Weihnachtsbaumkulturen, Baumschulen, Baumobstflächen, Weinflächen und Strauchbeerenflächen, darunter auch solche, die nicht im Ertrag stehen.
Bundesweites Düngemonitoring
Zum anderen soll ein bundesweites Düngemonitoring überprüfen, wie wirksam die geltenden Düngeregeln sind. Die Verwendung von Dünger in landwirtschaftlichen Betrieben soll sich anhand genauerer Betriebsdaten besser nachvollziehen und bewerten lassen. Das schafft die Basis dafür, um diejenigen, die zu viel düngen und damit das Wasser und das Klima gefährden, stärker zur Verantwortung zu ziehen.
Wer beides schützt, soll hingegen entlastet werden. Zugleich soll der Mehraufwand für die Betriebe verringert werden, Daten, die staatlichen Stellen bereits vorliegen, sollen nicht noch einmal von den Betrieben erfasst werden müssen. Bewirtschaftungs- und Düngedaten, die die Betriebe den Bundesländern schon gemeldet haben, sollen künftig anonymisiert an die Bundesbehörden weitergereicht werden können.
Außerdem soll das geänderte Düngerecht gewährleisten, dass nur sichere und wirksame Düngeprodukte aus der EU auf den europäischen Markt gelangen. Dazu setzt es die EU-Düngeprodukteverordnung in nationales Recht um. Eine so genannte Konformitätsbewertungsstelle wird EU-Düngeprodukte auf deren Übereinstimmung mit der EU-Düngeprodukteverordnung prüfen. Zudem sollen Bußgeldvorschriften Verstöße gegen die EU-Düngeprodukteverordnung ahnden.
Verfahren wegen zu hoher Nitratwerte
Mit der Reform des Düngegesetzes setzt die Bundesregierung ein Versprechen um, das sie der EU-Kommission zugesichert hatte, damit diese ihre Verfahren wegen zu hoher Nitratwerte in Gewässern einstellt. Die Brüsseler Behörde hatte Deutschland seit 2012 immer wieder aufgefordert, die Düngeregeln zu verschärfen, weil einige Regionen seit Jahren mit hohen Nitratbelastungen in ihren Gewässern kämpfen. Betroffen waren vor allem Gebiete mit intensiver Tierhaltung oder intensivem Gemüseanbau.
Im Jahr 2018 urteilte der Europäische Gerichtshof final, dass Deutschland gegen die Nitratrichtlinie verstieß, es drohten hohe Strafzahlungen. Seitdem wurden strengere Regeln erlassen – etwa längere Sperrfristen, in denen gar nicht gedüngt werden darf, ein Düngeverbot für gefrorenen Boden sowie eine Neuausweisung besonders belasteter Gebiete. Die EU-Kommission stellte im vergangenen Juni ihre Verfahren ein, nachdem das Bundeslandwirtschaftsministerium das nun verabschiedete Düngegesetz auf den Weg gebracht hatte.
Bericht der Bundesregierung
Die Bundesregierung nennt in ihrem Bericht (20/411) Details zu den Mitgliedern der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und der Expertengruppe zur Evaluierung der Stoffstrombilanzverordnung. Ziel der Stoffstrombilanz ist es, Nährstoffflüsse in landwirtschaftlichen Betrieben transparent und überprüfbar abzubilden. Die Stoffstrombilanzverordnung regelt, wie landwirtschaftliche Betriebe mit Nährstoffen umgehen müssen und wie betriebliche Stoffstrombilanzen laut Düngegesetz zu erstellen sind.
Zur Begleitung der Evaluierung der Stoffstrombilanzverordnung sei vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einberufen worden, schreibt die Regierung. In zwei Sitzungen im April und im Juni 2020 seien die Erfahrungen der zuständigen Länderbehörden mit der Einführung und Umsetzung der Stoffstrombilanzverordnung vorgestellt worden.
Bewertungsvorschläge einer Expertengruppe
Zudem sei mit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium vereinbart worden, eine weitere Expertengruppe zu gründen, die Vorschläge zur zukünftigen Festlegung der zulässigen Bilanzwerte für Stickstoff und Phosphor erarbeiten solle. Die Expertengruppe Bewertung habe im Zeitraum Oktober 2020 bis 2021 in zehn Sitzungen an den Bewertungsvorschlägen gearbeitet.
Der Bericht dokumentiere den erreichten Diskussionsstand der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und der Expertengruppe Bewertung. Zu vielen diskutierten Sachverhalten und Empfehlungen sei in der Expertengruppe kein Konsens erzielt worden. Daher bedeute die namentliche Nennung der Mitglieder nicht, dass sie den Bericht in allen Punkten mittragen oder unterstützen.
Entschließung verabschiedet
In der vom Bundestag verabschiedeten Entschließung (20/11664) wird die Bundesregierung aufgefordert, nach der Verabschiedung des Düngegesetzes die Nährstoffbilanzverordnung und die Monitoringverordnung auf den Weg zu bringen, damit belastbare Grundlagen für eine Maßnahmendifferenzierung in mit Nitrat belasteten Gebieten unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips geschaffen werden.
Die Nährstoffbilanzverordnung und die Monitoringverordnung sei „bürokratiearm“ auszugestalten, um die landwirtschaftlichen Betriebe zu entlasten. Bei der Bilanzierung von Stoffströmen soll die Regierung auf die Besonderheiten der unterschiedlichen Betriebstypen, Anbau- und Absatzverfahren vor allem des Obst- und Gemüsebaus eingehen.
Bundesregierung ruft Vermittlungsausschuss an
Die Bundesregierung hat in einer Unterrichtung (20/13150) mitgeteilt, dass sie am 2. Oktober 2024 beschlossen hat, zu dem am 7. Juni 2024 verabschiedeten Zweiten Gesetz zur Änderung des Düngegesetzes (20/8658, 20/11664) die Einberufung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat zu verlangen.(nki/vom/04.10.2024)