Parlament

Bärbel Bas zum Jubiläum: Nato muss glaubwürdige Abschreckung garantieren

„75 Jahre Nato – wichtiger denn je“, unter dieser Überschrift beging die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der Nato (Nato PV) am Mittwoch, 15. Mai 2024, einen Festakt zum 75-jährigen Bestehen des transatlantischen Verteidigungsbündnisses in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin.

„Finnland und Schweden ein Gewinn für das Bündnis“

Sechs Personen stehen vor den Flaggen Deutschlands, der Nato und Europas

Die deutsche Delegation der Parlamentarischen Versammlung der Nato feierte den 75. Geburtstag des Verteidigungsbündnisses in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin: von links Jürgen-Joachim von Sandrart, Generalleutnant und Kommandeur des Multinationalen Corps Nordost, Johann David Wadephul, Leiter der deutschen Delegation zur Nato PV, die finnische Außenministerin Elina Valtonen, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Marja-Liisa Völlers, stellvertretende Leiterin der deutschen Delegation zur Nato-PV, und Hans Wallmark, Mitglied des Schwedischen Reichstags und Vorsitzender der schwedischen Delegation zur Nato PV. (© © Bundesrat| Dirk Deckbar)

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erinnerte in ihrem Grußwort an die Aufnahme Westdeutschlands 1955 in die Organisation, zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in der Zeit der Blockkonfrontation zwischen Ost und West. Deutschland habe lange besonders von der Nato profitiert. „Auch dank dieser Sicherheit und Solidarität konnte sich in der Bundesrepublik eine stabile Demokratie etablieren“, sagte Bas.

Heute sei es Deutschland, das im Bündnis Sicherheit gebe und Solidarität zeige. Insbesondere die osteuropäischen EU- und Nato-Länder brauchten diesen Schutz und „unsere Unterstützung“ angesichts des bedrohlichen Auftretens Russlands. 

In diesem Zusammenhang wies Bas auf die wichtige Rolle des Bündnisses für die Verteidigung eines stabilen und demokratischen Europas hin. Sicherheits- und Verteidigungspolitik müsse daher innerhalb Europas noch stärker gemeinsam gedacht werden. Der Beitritt der neuen Mitglieder Finnland und Schweden sei ein Gewinn für das Bündnis. 

„Nato zum Jubiläum stark und geeint“

„Umso wichtiger ist es, dass sich die Nato zum 75. Jubiläum stark und geeint zeigt. Sie muss eine glaubwürdige Abschreckung garantieren“, sagte die Bundestagspräsidentin. Das sei „unsere Antwort auf Russlands Angriffskrieg“. Man werde der Ukraine zur Seite stehen, „solange es notwendig ist“, versicherte Bas und mahnte: „Jeder Rückschlag für die Ukraine ist ein Rückschlag für die Sicherheit der EU. Wenn die Ukraine nicht gewinnt, dann verlieren wir alle!“ 

Es gehe dabei auch um die Verteidigung gemeinsamer Werte: Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Die Nato sei ein Militär- und ein Wertebündnis. Die Bundestagspräsidentin unterstrich, dass sicherheitspolitische Entscheidungen heute in Deutschland nicht ohne Beteiligung des Parlaments getroffen werden: „Sicherheit und Verteidigung sind Themen aller Bürgerinnen und Bürger.“ Die Bundeswehr sei daher eine Parlamentsarmee. Bewaffnete Auslandseinsätze bedürften der Zustimmung der Bundestagsabgeordneten. 

Wadephul: Militärische Abschreckung aufrechterhalten

Johann David Wadephul, Leiter der deutschen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung der Nato (Nato PV), Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und die stellvertretende Delegationsleiterin zur Nato PV, Marja-Liisa Völlers, beim Festakt 75 Jahre Nato.

Johann David Wadephul, Leiter der deutschen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung der Nato (Nato PV), Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und die stellvertretende Delegationsleiterin zur Nato PV, Marja-Liisa Völlers, beim Festakt „75 Jahre Nato“. (© © Bundesrat| Dirk Deckbar)

Auf die wichtige Rolle der Parlamentarischen Versammlung der Nato (Nato PV) wies der Gastgeber der Veranstaltung, Dr. Johann David Wadephul, Leiter der deutschen Delegation in der Nato PV, hin. Im Geist der Freiheit kämen dort die Vertreter der Parlamente der Mitgliedstaaten, zusammen, um sich auszutauschen, zu beraten, kontrovers zu diskutieren und Impulse zu setzen. Die Versammlung wirke wie ein Seismograf für die Debatten, die die Gesellschaften in den Mitgliedstaaten führen und denen die Regierungen und das Nato-Hauptquartier daher gut zuhören sollten. 

„Wir, das Europa der Freiheit, wären ohne die Nato nicht da, wo wir sind“, betonte Wadephul. Daher sei das Jubiläum ein Grund zum Feiern und ein Grund zur Freude. Doch es gelte wachsam und verteidigungsbereit zu bleiben, eine glaubhafte militärische Abschreckung aufrechtzuerhalten. Das sei sei heute wichtiger denn je. Wadephul gedachte der Millionen Soldatinnen und Soldaten, die täglich ihren Einsatz für die Sicherheit des Bündnisses und zum Schutz der Freiheit versehen. Manche hätten dabei ihr Leben gelassen. 

Völlers warnt vor hybriden Bedrohungen

Den Menschen „noch besser“ zu „erklären, was die große Herausforderung durch Russland aktuell ist“, dafür plädierte Marja-Liisa Völlers, stellvertretende Leiterin der deutschen Delegation in der Nato PV. Gerade die vergangenen Wochen hätten ein breites Bedrohungsszenario, auch hybrider Bedrohungen, aufscheinen lassen, mit potenziellen Saboteuren und Spionen hierzulande und gegenüber Verbündeten, mit denen Russland Deutschland und seine Bündnispartner konfrontiere. 

Die Nato und die Parlamentarische Versammlung träten dem gegenüber auf als „eine große Familie“, vereint in der Aufgabe, unsere Länder zu unterstützen, deren Streitkräfte auszurüsten und den gemeinsamen Dialog miteinander zu führen.

Pistorius: Mehr Verantwortung im Bündnis übernehmen

Beim jüngsten Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin habe Deutschland viel Lob bekommen für seine Unterstützung der Ukraine und seine Beiträge zur Lastenteilung innerhalb des Militärbündnisses, berichtete Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung. Deutschland habe als größtes Nato-Mitglied in Europa die Pflicht, mehr Verantwortung im Bündnis zu übernehmen und in allen Bereichen eine größere Last zu tragen. Man sei „bereit, die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit weiter zu stärken“. In diesem und im kommenden Jahr werde man das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel übertreffen.

„Wir Deutschen sollten uns häufiger in Dankbarkeit daran erinnern“, dass das Land, „alles andere als selbstverständlich“, zehn Jahre nach Kriegsende in die Nato aufgenommen wurde und das Bündnis dann jahrzehntelang die Sicherheit des Landes garantiert habe, sagte Pistorius. Eine Friedensdividende von 300 Milliarden Euro habe dadurch in den vergangenen 30 Jahren eingefahren werden können. „Wir waren einst die Ostflanke der Nato.“ Jetzt stationiere man eine Kampfbrigade in Litauen. Die Truppe brenne darauf, dass das ein Erfolgsprojekt wird. An einer ganzen Reihe weiterer Initiativen beteilige sich Deutschland. Je mehr Alliierte mitmachten, desto stärker werde man nicht nur militärisch, sondern profitiere auch von wirtschaftlich von Skaleneffekten, so der Minister.

Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht

Beim Tempo der Reformen dürfe man nun nicht nachlassen, mahnte Pistorius. „Putin wartet nur auf seine nächste Gelegenheit.“ Ohne Alarmismus, ohne Kriegstreiberei und ohne Angstmache gelte es daher jetzt, „die Gesellschaft wieder auf etwas vorzubereiten, was alle, die vor 1990 geboren wurden, kannten. Jetzt brechen andere Zeiten an und wir müssen uns diesen Zeiten stellen.“ Viel sei bereits erreicht worden, vom Sondervermögen für die Bundeswehr bis zu den Waffenlieferungen an die Ukraine. „Eine sachliche Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht“ werde mittlerweile geführt.

Die Nato sei dabei „an unserer Seite. Heute ist unser Bündnis geeinter und entschlossener, stärker als je zuvor“. Nicht zuletzt durch die Beitritte der beiden nordischen Länder. Sie „war und bleibt der wichtigste sicherheitspolitische Anker im transatlantischen Raum“. Ihre Mitgliedstaaten teilten die Überzeugung, dass die Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Selbstbestimmung die beste Garantie seien für Frieden und Wohlstand. „Die Nato ist das Fundament für unsere Art zu leben“, unterstrich der Verteidigungsminister. Sie habe in den letzten Jahren bewiesen, dass sie anpassungsfähig ist und sich immer wieder auf neue geopolitische Realitäten einstellen kann. (ll/16.05.2024)