Polizeiliche Analyse-Software „Bundes-VeRA“
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmals über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden sichern – Entscheidung des Bundesinnenministeriums bezüglich der polizeilichen Analyse-Software ,Bundes-VeRA’ revidieren“ (20/9495) debattiert. „VeRA“ steht dabei für „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“. Darüber hinaus lag ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Polizeiliche Analyse-Software Bundes-VeRA unverzüglich einführen – Bewährte Software zur Bekämpfung von Clankriminalität nutzen“ (20/9509) vor. Im Anschluss an die Aussprache wurden beide Anträge zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Antrag der CDU/CSU
In ihren Antrag (20/9495) fordert die Union die Bundesregierung auf, dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei „zur effektiven Bekämpfung schwerer Kriminalität“ schnellstmöglich die Nutzung der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform „Bundes-VeRA“ zu genehmigen. Auch soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge mit einem Abruf der bereits fertig entwickelten Software „VeRA“ die Voraussetzungen zu schaffen, damit auch die Länder „ohne erhebliche Mehrkosten dazu in der Lage sind, die polizeiliche Analysesoftware ,VeRA' für ihre Landespolizeien abzurufen“. Zudem wird die Bundesregierung in dem Antrag unter anderem aufgefordert, im Zuge der Einführung der „Bundes-VeRA“ zu prüfen, inwiefern eine Gesetzesänderung für den Einsatz der Software zur Strafverfolgung vonnöten ist, und gegebenenfalls eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.
Wie die Fraktion schreibt, einigten sich die Innenminister des Bundes und der Länder im November 2016 auf die sogenannte „Saarbrücker Agenda“ zur Modernisierung und Vereinheitlichung der polizeilichen IT-Architektur. Ein Ziel dieser Modernisierung bestehe darin, dass polizeiliche Informationen zukünftig leichter als bisher zwischen den Polizeibehörden des Bundes und der Länder ausgetauscht werden können. Ein verbesserter polizeilicher Informationsaustausch habe auch im Mittelpunkt der Bemühungen des BMI gestanden, eine „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) des US-Softwareherstellers Palantir Technologies auf Bundesebene einzuführen. 2022 führte die bayerische Polizei laut Vorlage im Rahmen eines Bund-Länder-Vorhabens federführend eine europaweite Ausschreibung für das Analyseprogramm durch, bei der sich mit der Palantir-Software nur ein einziges geeignetes Produkt finden ließ. „Polizeien von Bund und Ländern könnten nun ebenfalls ohne zusätzliche Vergabeverfahren auf die Software zurückgreifen“, heißt es in dem Antrag ferner. Obwohl das BMI das Projekt eines gemeinsamen polizeilichen Analyseprogramms zuvor ausdrücklich unterstützt habe, habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Juli 2023 entschieden, dem BKA und der Bundespolizei die Einführung der Analyseplattform „Bundes-VeRA“ zu untersagen.
In ihrer Antwort (20/8390) auf eine frühere Kleine Anfrage erklärte die Bundesregierung den Angaben zufolge, dass anstelle des Analyse-Tools „Bundes-VeRA“ nun ein polizeiliches Analysetool „in eigener digitaler Kompetenz“ entwickelt werden solle. Experten gingen davon aus, dass das BKA und die Bundespolizei während dieser Zeit über kein geeignetes Analysewerkzeug verfügen werden, schreiben die Abgeordneten der Union. Darüber hinaus seien die Länder durch die Entscheidung der Hausleitung des BMI „mit deutlich höheren Kosten konfrontiert, falls sie sich auf Landesebene eigenständig für einen Abruf der Analysesoftware entscheiden sollten“.
Antrag der AfD
In ihrem Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, unter Berücksichtigung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorzulegen, „der die Einführung der Bundes-VeRA unter Nutzung der Palantir-Software ermöglicht“. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion „den Sicherheitsbehörden des Bundes, dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei und dem Zollkriminalamt unverzüglich die Sicherheits-Software des US-Herstellers Palantir“ zur Verfügung zu stellen.
Wie die Fraktion ausführt, einigte sich die Innenministerkonferenz 2016 auf die „Schaffung einer gemeinsamen, modernen, einheitlichen Informationsarchitektur“, die das Bundesministerium des Innern und für Heimat mit dem Programm Polizei 2020 umsetzen wollte. Die Verfügbarkeit polizeilicher Informationen sollte laut Vorlage mit einem verfahrensübergreifenden Recherche- und Analysesystem (VeRA) verbessert werden. Hierzu habe das bayerische Landeskriminalamt eine europaweite Ausschreibung initiiert und das US-Softwareunternehmen Palantir den Zuschlag erhalten. 2022 habe Bayern einen Rahmenvertrag mit Palantir abgeschlossen, dem auch die übrigen Bundesländer sowie der Bund ohne ein neues Vergabeverfahren beitreten könnten.
Die Software des US-Herstellers habe sich insbesondere in den Bereichen Terrorismusabwehr, Clankriminalität und Kinderpornografie bewährt, heißt es in dem Antrag weiter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe indes die Einführung der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform mittels der Palantir-Software „auf Bundesebene verhindert“. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 16. Februar 2023 bestehende gesetzliche Regelungen der Länder Hessen und Hamburg zur Nutzung von Palantir zwar für verfassungswidrig erklärt, eine solche Nutzung jedoch nicht grundsätzlich untersagt (Aktenzeichen: 1 BvR 1547 / 19 und 1 BvR 2634 / 20). Die wesentlichen Erwägungen des Senats zeigten auf, „wie eine verfassungskonforme Nutzbarmachung der Palantir-Software möglich ist“. (sto/vom/01.12.2023)