AfD-Antrag zur Euro-Währungsunion stößt auf Widerspruch
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. April 2024, erstmals über einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Euro-Währungsunion kritisch bewerten – Integrationsverantwortung wahrnehmen“ (20/11140) beraten. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss.
In dem Antrag geht es vor allem um die Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesbank. Unter anderem fordert die Fraktion die Bundesregierung darin auf, zu prüfen, ob die Käufe von Wertpapieren durch die Notenbanken „gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Staatsanleihekäufen des Eurosystems verstoßen“.
AfD: EU muss auf Rohkost umgestellt werden
„Statt den Kampf gegen die Schuldengrenze zu kontrollieren, muss die EU auf Rohkost umgestellt werden“, forderte der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser. Die EZB habe für mehr als vier Billionen Euro Staatsanleihen gekauft, kritisierte er. Die Motivation dafür sei, dass „das Schuldenmachen funktioniert“.
Glaser weiter: „Dies alles schadet Europa.“ In einer späteren Kurzintervention kritisierte Glaser dann noch, dass es „nie ein Defizitverfahren“ in der EU gegeben habe, obwohl die Maastricht-Kriterien für Schulden und Defizite vielfach von den Mitgliedsländern nicht eingehalten worden seien. „Wo ist der Rechtsstaat, wo ist die Vernunft?“, fragte Glaser.
SPD: EU ist das größte Friedens- und Wohlstandsprojekt
Für die SPD-Fraktion stellte Nezahat Baradari fest: „Jede Woche aufs Neue behelligt uns die AfD mit Anträgen, die einzig das Ziel haben, unsere demokratischen Institutionen in Deutschland und Europa verächtlich zu machen.“ Die Europäische Union, die die AfD im Bundestag „Woche um Woche verächtlich“ mache, sei das größte Friedens- und Wohlstandsprojekt.
Wie mehrere Redner nach ihr, warf auch Baradari der AfD vor, nicht die Interessen Deutschlands zu vertreten, sondern im Dienst ausländischer Diktaturen zu stehen. „Sie sind es, die Deutschland an die höchstbietende Diktatur verhökern wollen“, schimpfte Baradari.
Union: AfD will europäische Souveränität torpedieren
Yannick Bury bezeichnete die Europäische Währungsunion aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion als „Erfolgsmodell“. Sie sei ein Beispiel dafür ist, dass es gelungen sei, einen eigenen, global wirksamen Währungsraum zu etablieren. „Die AfD versucht ein Beispiel für europäische Souveränität zu torpedieren. Kein Wunder, dass es die Partei ist, die unter russischem oder chinesischem Einfluss steht.“
Die politische Verantwortung bestehe darin, die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion sicherzustellen. Dem komme die AfD-Fraktion aber nicht nach. Bury verwies auf den EU-Unterausschuss des Haushaltsausschusses, der jeden Freitagmorgen um 8 Uhr tage. „Die Uhrzeit ist vielleicht auch der Grund, dass AfD-Vertreter in der Regel nicht teilnehmen“, sagte Bury.
Grüne: Euro ist eine große Erfolgsgeschichte
Chantal Kopf (Bündnis 90/Die Grünen) leitete ihre Rede ebenfalls mit der Berichterstattung in den Medien über mögliche finanzielle Verstrickungen von AfD-Spitzenpolitikern ein. „Die AfD-Vertreter im EU-Parlament lassen sich vielleicht gern in Renminbi oder Rubel bezahlen. Wir haben in Europa aber den Euro, und das ist gut so“, sagte Kopf.
Der Euro insgesamt sei eine große Erfolgsgeschichte. Die EZB habe die Inflation seit Beginn des Gemeinschaftsgeldes im Durchschnitt unter zwei Prozent gehalten. Auch die juristischen Zweifel der AfD-Fraktion über einige Facetten der EZB- und EU-Politik ließ Kopf nicht gelten. Sie sprach von einer „europäischen Rechtsgemeinschaft“ und verwies auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH) sowie das Bundesverfassungsgericht. So sei höchstrichterlich geklärt, dass Deutschland am EU-Aufbaufonds Next Generation EU teilnehmen dürfe.
FDP: AfD ist nur destruktiv
Dr. Thorsten Lieb (FDP) warf der AfD-Fraktion vor, in dem Antrag nicht deutlich zu sagen, was sie eigentlich wolle: „Was sie in Wahrheit wollen, ist ein Austritt aus der EU und eine Abschaffung des Euros“, stellte er fest. Dabei mache das Grundgesetz deutlich: „Es will eine Europäische Union, es gilt der Grundsatz der Europafreundlichkeit.“ Die AfD sei dabei „nur destruktiv“, liefere keine konstruktiven Beiträge, wie die EU verbessert werden könne. In ihrem Antrag stelle sie sogar die Unabhängigkeit von Gerichten infrage.
Lieb bestand darauf, dass die Bundesregierung eine Transferunion verhindere, also eine Union mit permanenten Zahlungen von wirtschaftlich stärkeren an schwächere Staaten. Er verwies auf ein Schreiben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der bei der Debatte im Bundestag anwesend war. In dem Brief werde gefordert, die Bankenunion zu vollenden, die Kapitalmarktunion zu stärken, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu betreiben und für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sorgen. „Das ist das Gegenteil von Transferunion“, sagte Lieb.
Linke: Antrag widerspricht Parteiprogramm
Dr. Gesine Lötsch (Die Linke) stellte fest, dass der AfD-Antrag „im krassen Widerspruch zum Europaprogramm dieser Partei“ stehe. Im Wahlprogramm werde die Abschaffung des Euro und die Wiedereinführung der D-Mark gefordert. „Sie wollen auch das EU-Parlament abschaffen und die Europäische Union“, warf Lötsch der AfD vor. „Das wäre politischer Selbstmord.“
Als Ostdeutsche habe sie zwei Währungsunionen mitgemacht, auf die erste sei ein Zusammenbruch der Wirtschaft in ihrer Heimat erfolgt. Lötsch weiter: „Aber die AfD-Funktionäre können das nicht wissen, da sie in der Mehrheit aus dem Westen kommen. Die Ostdeutschen sollten daran denken und sich nicht Sand in die Augen streuen lassen.“
Antrag der AfD
Nach dem Willen der AfD-Fraktion soll die Bundesregierung prüfen, ob die Anleihekaufprogramme des Eurosystems sowie das Maßnahmenpaket TPI (Transmission Protection Instrument) gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Staatsanleihekäufen des Eurosystems verstoßen. Die Regierung solle gegebenenfalls tätig werden, um gegebenenfalls Kompetenzüberschreitungen durch Organe und Einrichtungen der Europäischen Union entgegenzutreten.
Die mit den Anleihekaufprogrammen der Europäischen Zentralbank (EZB) verbundenen Risiken für den Bundeshaushalt sollten aus Sicht der Fraktion mit Szenarioanalysen bewertet werden. Die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes müssten dabei beachtet und diesem alle prüfungsrelevanten Dokumente zur Verfügung gestellt werden. Schließlich solle die Regierung den Bundestag bis Ende September 2024 unterrichten, wann und wie sie ihre Integrationsverantwortung wahrgenommen hat.
Zur Begründung heißt es unter anderem, dass die gegenwärtigen Anleihekaufprogramme des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) in ihrer Gesamtschau gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verstießen. (bal/vom/25.04.2024)