Ausrichtung der Weltbank auf globale Entwicklungsziele
Zeit:
Mittwoch, 10. April 2024,
12
bis 12.50 Uhr
Ort: Berlin, Jakob-Kaiser-Haus, Sitzungssaal 1.302
Frisches Geld, gepaart mit ambitionierten Reformbemühungen: Damit wollen und müssen führende Geberländer wie Deutschland die Weltbank als wichtigste Institution für Entwicklungsfinanzierung besser auf die globalen Entwicklungsziele ausrichten, waren sich die Sachverständigen in einem Fachgespräch des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Mittwoch, 10. April 2024, einig. Das Gremium warf einen Ausblick auf die Frühjahrstagung von Weltbank und IWF, die in einer Woche in Washington stattfindet.
Regierung stützt Reformkurs der Weltbank
Die Bundesregierung werde die Weltbank „mit einem entschlossenen Reformkurs weiter auf die heutigen Herausforderungen einstellen“, sagte Niels Annen (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dazu gehöre die Finanzierung von globalen öffentlichen Gütern ebenso wie der Bereich „Klimafinanzierung“, in dem die Bank besser werden müsse, „ohne dass dies zulasten der klassischen Fragen der Armutsbekämpfung“ gehe.
Deutschland habe mit der Hinterlegung neuer Mittel bei der Bank seine Glaubwürdigkeit bei den Reformbemühungen unterstrichen. Man dürfe sich nun „nicht auf den zusätzlichen Milliarden ausruhen“. Herzstück der Weltbank-Reform sei ein Anreizsystem für Länder mit mittlerem Einkommen, um dort Finanzierungen mit höheren Volumina, zu günstigeren Konditionen und mit längeren Laufzeiten ausreichen zu können. Man werde die Umsetzung mit einem neuen „Ziel- und Indikatorensystem“ überprüfen.
Sicherung staatlicher Steuereinnahmen
Die Sicherung staatlicher Steuereinnahmen, die Gefahr zu hoher Verschuldung sowie das Thema einer nachhaltigen Finanzierung müsse man als Reformgebiete bei der bevorstehenden Konferenz besonders im Blick behalten, um die Finanzierungslücke bei der Umsetzung der Entwicklungsziele der Agenda 2030 möglichst gering zu halten, mahnte Dr. Kathrin Berensmann, Projektleiterin beim German Institute of Development and Sustainability. Es handele sich um eine Finanzierungslücke von 2,4 bis vier Milliarden US-Dollar jährlich auf Seiten der Entwicklungsländer.
Steuereinnahmen seien die wichtigste Finanzierungsquelle für Entwicklungsländer. 50 bis 80 Milliarden US-Dollar gingen jedoch durch illegale Finanzströme und Steuerhinterziehung jährlich allein in der Afrikanischen Union verloren. Nötig sei eine vertiefte internationale Kooperation in der Steuerpolitik und eine Abschaffung von Steuervergünstigungen. Um für hoch verschuldete vor allem Niedrigeinkommensländer Schuldenumstrukturierungen und Erlasse zu erreichen, müsse das G20-Rahmenwerk reformiert und mehr Länder, aber auch private Geber, zum Mitmachen bewegt werden.
Schließlich müsse genau hingeschaut werden, ob die aufgebrachten Mittel auch wirklich in grüne Vorhaben fließen. Noch gebe es hohe Informationsdefizite, global fragmentierte Standards und Strategien. Es brauche eine neue „Sustainable Finance Strategy“. Ein Weg zwischen globaler Vereinheitlichung und der Chance, dass sich die Vorgaben auch in Entwicklungsländern mit nicht so entwickelten Finanzinstitutionen anwenden ließen, müsse gefunden werden.
Unterstützung von Projekte mit fossilen Brennstoffen
Dass Regierungen weltweit weiter Milliarden „in die größte Quelle von Treibhausgas-Emissionen“, also in fossile Brennstoffe investierten, sagte Dustin Schäfer von der Nichtregierungsorganisation Urgewald. „Viele dieser Milliarden fließen zunehmend über intransparente, indirekte Finanzierungsinstrumente auch bei der Weltbank.“ Deutschland als viertgrößtem Anteilseigner der Weltbank komme eine große Verantwortung zu. Die Weltbank, in der nahezu alle Länder der Erde Mitglied seien, stelle ein wichtiges Forum dar, von dem strake Impulse für Weltwirtschaft, im positiven wie im negativen Sinne, ausgingen.
Bis zum Ende des Jahres 2025 wolle die Bank nach eigenen Angaben 45 Prozent ihres Portfolios für Klimafinanzierung vergeben. Doch Studien belegten, dass die Angaben und Erhebungsmethoden der Bank zur Klimafinanzierung „zu großen Teilen nicht nachvollziehbar und inkonsistent sind und damit große Zweifel an der Qualität der Daten bestehen“. Die Kreditvergabekriterien würden der Klimakrise nicht gerecht, es bestünden „Schlupflöcher, die es der Bank ermöglichen, weiterhin Projekte mit fossilen Brennstoffen zu unterstützen“.
Rechenschaftspflicht des Managements
Insbesondere für den Bereich der Handelsfinanzierung durch die International Finance Corporation (IFC) innerhalb der Weltbank-Gruppe, der größten Entwicklungsorganisation für den Privatsektor, gelte die Zusage der Weltbank nicht, die Unterstützung für fossile Brennstoffe einzustellen, sagte Schäfer, und warf der Organisation unseriöses Verhalten und Intransparenz vor, da diese unvollständige Zahlen veröffentlicht habe. „Wir schätzen, dass im Geschäftsjahr 2022 3,7 Milliarden US-Dollar der IFC-Handelsfinanzierung in den Öl- und Gassektor geflossen sein könnten.“
Die Bundesregierung solle während der Tagung ihren Einfluss geltend machen und die Rechenschaftspflicht des Managements denen gegenüber stärken, die von den Aktivitäten der Bank profitieren sollten. Es gebe „ernste Hinweise, dass das IFC-Management versucht, in den eigenen Beschwerdemechanismus einzugreifen“ und sich überhaupt weigere, sich sich konstruktiv in den Reformprozess einzubringen. Die Tagung sei eine Gelegenheit, das Vertrauen in die Weltbank und den Multilateralismus zu stärken. Die Weltbank werde künftig über mehr Geld verfügen. Inwieweit dieses zusätzliche Geld aber auch der Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklungsziele zugute komme und diese nicht unterlaufe, hänge auch vom Willen der Bundesregierung ab, sich auf der Tagung dafür stark zumachen, dass aus der Bigger Bank auch eine Better Bank werde. (ll/10.04.2024)