Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 21. September 2023, mehrere Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen:
Pflichtversicherung: Die Bundesregierung hat einen Entwurf des Pflichtversicherungsgesetzes und des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger zur Anpassung an die Vorgaben der EU-Richtlinie 2021 / 2118 (20/8094) vorgelegt. Die Initiative wird federführend im Rechtsausschuss beraten. Die Richtlinie über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht sei überwiegend bis zum 23. Dezember 2023 in deutsches Recht umzusetzen, heißt es darin. Die Umsetzung der Richtlinie solle im Wege einer 1:1-Umsetzung erfolgen, soweit nicht das nationale Recht bereits bisher über deren Anforderungen hinausgehe, und möglichst weitgehend die bestehenden Strukturen des Pflichtversicherungsrechts widerspiegeln. Weiter heißt es im Entwurf, im Pflichtversicherungsgesetz werde der Fahrzeugbegriff so definiert, dass sich an den auch bisher versicherungspflichtigen Fahrzeugarten im Ergebnis nichts Wesentliches ändere. Dazu werde im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht von Ausnahmeoptionen der Richtlinie Gebrauch gemacht, um insbesondere weiterhin das Bestehen der Versicherungspflicht grundsätzlich von der straßenverkehrsrechtlichen erlaubten Verwendung des Fahrzeugs im Straßenverkehr abhängig zu machen. Um zu gewährleisten, dass Motorsportveranstaltungen auch künftig nicht von der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung erfasst sein müssen, würden zudem Anforderungen für einen möglichen alternativen Versicherungsschutz für den Motorsportgebrauch eines Fahrzeugs eingeführt. Die neuen Vorgaben der Richtlinie betreffend Bescheinigungen über den Schadenverlauf und die hiermit im Zusammenhang stehenden Pflichten der Versicherungsunternehmen würden umgesetzt. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme eine Reihe von Änderungswünschen formuliert. In ihrer Gegenäußerung lehnt die Bundesregierung fast alle Vorschläge ab, sie werde allerdings prüfen, schreibt sie, ob die Anwendung der Strafvorschriften des Pflichtversicherungsgesetzentwurfs im Falle des unzulässigen Gebrauchs von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und Staplern, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 20 Kilometer pro Stunde nicht übersteigt, ab dem 23. Dezember 2023 gelten soll.
Fahrzeuge: Aus fossilen Quellen erzeugte paraffinische Dieselkraftstoffe sollen für die Anrechnung auf die Mindestziele des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes ausgeschlossen werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8295) zur Änderung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes vor. Paraffinische Dieselkraftstoffe böten hinsichtlich Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen in modernen Fahrzeugen keine Vorteile gegenüber herkömmlichen Dieselkraftstoffen und sollten deshalb nicht gefördert werden, heißt es in der Gesetzesvorlage, die zur federführenden Beratung an den Verkehrsausschuss überwiesen wurde.
Entlastung: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Einführung einer langfristigen Pauschalentlastung der Länder im Zusammenhang mit Fluchtmigration und zur Änderung des Mauergrundstücksgesetzes vorgelegt (20/8296), mit dem sich federführend der Haushaltsausschuss befassen wird.
Suchtstoffe: Einen Regierungsentwurf über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Übereinkommen vom 30. September 2007 zur Gründung eines Maritimen Analyse- und Einsatzzentrums – Suchtstoffe (20/8297) wird der Ausschuss für Inneres und Heimat federführend weiterberaten.
Verwaltungsverfahren: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (5. VwVfÄndG) vorgelegt (20/8299). Der Ausschuss für Inneres und Heimat wird die Vorlage federführend weiterberaten.
Sportvereine: Die AfD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf „zur steuerlichen Entlastung von Sportvereinen zur Förderung der Investitionspotenziale von Sportvereinen und Sportstätten und zur Kompensation wirtschaftlicher Schäden und finanzieller Notlagen“ (SportVereinsEntLG, 20/8412) vorgelegt. Bei den weiteren Beratungen in den Ausschüssen wird der Finanzausschuss die Federführung übernehmen. Das bisherige „Vereinssteuerrecht“ bedürfe hinsichtlich der steuerlichen Belastungen einer Reform, um die Investitionskraft der Vereine zu stärken und dem bundesweiten Investitionsstau an Sportstätten von insgesamt circa 42 Milliarden Euro abbauen zu können, so die Fraktion. In dem Entwurf heißt es, die Steuererleichterungen dienten als Kompensation der finanziellen Notlage zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Politik sowie der durch die Rechtsprechung und die konjunkturelle Lage entstandenen wirtschaftlichen Schäden. Die sich verschärfende wirtschaftliche Notlage der Sportvereine werde sich zwangsläufig auch auf die Qualität der Angebotsstruktur im Freizeit- und Breitensport auswirken. Angesichts eines bereits bestehenden milliardenschweren Sanierungs- und Investitionsbedarfs könne dieser für den gesamten Sport zunehmende Substanzverlust nur gestoppt werden, wenn eine wirtschaftliche Entlastung die Sportvereine in den Stand versetzt, Investitionspotentiale entwickeln und freisetzen zu können. Der Entwurf sieht dafür unter anderem die Aufhebung der generellen Verpflichtung zur Abgabe von Steuerklärungen für gemeinnützige Vereine unterhalb der Freigrenze vor. Auch solle die Freigrenze für Umsätze aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb für Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer erhöht und die Beträge für eine Umsatzsteuerbefreiung im Rahmen der bisherigen Kleinunternehmerregelung (gem. Paragraf 19 UStG) ausschließlich für Vereine von bisher 22.000 Euro im vorherigen Geschäftsjahr auf 500.00 Euro und im aktuellen Jahr von bisher 500.00 Euro auf 100.000 Euro angehoben werden. Zudem solle eine vollständigen Umsatzsteuerbefreiung für Sportvereine für den „ideellen“ Vereinsbereich und den „Zweckbetrieb“ des Vereins (ausschließlich der Bereiche „Vermögensverwaltung“ und „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“) eingeführt werden.
Sprachpolitik: Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/8419) auf, der Verbreitung und Pflege der deutschen Sprache im Ausland und insbesondere im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit einen hohen Stellenwert einzuräumen und dafür die notwendigen Mittel bereitzustellen. Es liege im Interesse Deutschlands, im Ausland und insbesondere in den Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache anzubieten, betonen die Abgeordneten in der Initiative, die der Bundestag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen hat. Konkret sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, die Kapazitäten des Goethe-Instituts im Kontext der Verbreitung und Pflege der deutschen Sprache im Ausland aus- und aufzubauen. Alle bildungspolitischen Programme, Projekte, Maßnahmen, Initiativen und Vorhaben in Verantwortung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sollten zudem zugunsten der Förderung der deutschen Sprache in durchgängige Bildungsbiografien mit starkem Deutschlandbezug eingebettet werden. In den Programmen der Deutschen Welle solle unter Einsatz auch innovativer Projekte der hohe Stellenwert der deutschen Sprache als Vermittlungsinstrument und Kulturträger erhalten bleiben.
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten: Angesichts einer erwarteten Deckungslücke von rund fünf Millionen Euro im Haushalt der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg (SPSG) im kommenden Jahr fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, gemeinsam mit Berlin und Brandenburg „eine auskömmliche Finanzierung“ der Stiftung in den kommenden Jahren zu gewährleisten. Zudem müsse durch eine Aufstockung der Mittel sichergestellt werden, dass alle Schlösser, Häuser und Gärten der SPSG für den Besucherverkehr offengehalten werden können und dass der Park Sanssouci in Potsdam auch weiterhin ohne Eintrittsgebühren begehbar bleibt, heißt es in dem entsprechenden Antrag der Fraktion (20/8420), der zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen wurde. Auch müsse das Sicherheitskonzept der SPSG so ausgebaut werden, dass Akten von Vandalismus weitestgehend vorgebeugt werden kann. Die AfD-Fraktion weist darauf hin, dass nach Angaben der SPSG die Bildergalerie im Park Sanssouci sowie das Schloss Glienicke in Berlin-Zehlendorf im kommenden für den Publikumsverkehr geschlossen werden müssen. Die Stiftung begründe dies mit gestiegenen Kosten aufgrund von Inflation, Energie- und Baukosten sowie Tarifaufwüchsen bei der Bezahlung der Angestellten. Sollte es keinen Aufwuchs bei den Zuwendungen an die SPSG im Jahr 2025 geben, drohe nach Angaben der Stiftung nicht nur eine längerfristige Schließung der Bildergalerie und des Schlosses Glienicke, sondern auch die Schließung weiterer Häuser.
Waldumbau: An den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwies das Parlament einen AfD-Antrag mit dem Titel „Waldumbau mit guter Pflanzenqualität zusätzlich erweitern“ (20/8421). Darin verlangt die Fraktion eine stärkere Einbeziehung der Waldbesitzer, Förster und Jäger in den geplanten Waldumbau. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Weiterbildungsveranstaltungen zu fördern, um mögliche Interessenkonflikte auszuräumen. Darüber hinaus sollen in der geplanten Waldstrategie 2050 der Bundesregierung die in den letzten Jahren auf nationaler und internationaler Ebene für die wichtigsten Hauptbaumarten erarbeiteten Ansätze und Ergebnisse der Forstpflanzenzüchtung weitergeführt werden. Zudem sollten bundesländerübergreifend neue Versuchsflächenserien mit einheitlich konzipiertem Versuchsaufbau mit einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren angelegt werden. Vor allem sollten klimaresiliente Baumarten wie Esskastanie, Schwarzkiefer, Große Küstentanne oder Libanonzeder sowie Zerr- und Flaumeiche im Rahmen von Herkunftsversuchen mit einbezogen werden.
Generalhotel: Die AfD-Fraktion spricht sich gegen den Abriss des sogenannten Generalshotels auf dem Gelände des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) aus. In einem Antrag (20/8422) fordert sie die Bundesregierung auf, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung anzuweisen, den Abriss unverzüglich zu stoppen und ein Moratorium von zwei Jahren zu verfügen. Zudem müsse ein neues Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, um das Gebäude dauerhaft als historisches Denkmal und Lernort zu erhalten, und eine Million Euro im Haushalt für die Erhaltung der Bausubstanz bereitgestellt werden. Die AfD verweist darauf, dass das 1950 fertiggestellte Generalshotel ab 1996 als Denkmal geschützt worden sei. Das Bauwerk verkörpere die frühe Ostmoderne auf dem Staatsgebiet der DDR. Der Abriss des Generalshotels sei 2011 gegen das Votum der Landesdenkmalpflege im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens beschlossen worden, da an dem Ort ein separates Flughafengebäude für die Bundesregierung entstehen sollte. Wegen der geänderten Zweckbestimmung, sprich der Unterbringung der Flugbereitschaft der Bundesregierung, könnte sich eine neue Rechtslage ergeben haben, die eine erneute Prüfung der Zulässigkeit des Abrisses notwendig mache, heißt es im Antrag, der federführend im Ausschuss für Kultur und Medien beraten wird.
Iran: Die Union fordert die Bundesregierung zu einem entschiedeneren Kurs gegenüber Iran auf. „Ein Jahr ist es her, dass Jina Mahsa Amini von den Schergen des Islamischen Regimes brutal ermordet wurde, weil sie ihr Kopftuch nach Auffassung der sogenannten Sittenwächter falsch trug“, schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag (20/8407). „Trotz vollmundiger Versprechungen zu Beginn der Proteste im Iran hat es die Bundesregierung in den vergangenen zwölf Monaten nicht geschafft, ihre Iranpolitik an die neuen Realitäten im Land anzupassen.“ Die Abgeordneten fordern sie unter anderem auf, „sich endlich aktiv und wahrnehmbar in der EU für eine EU-weite Listung der sogenannten Revolutionsgarden als terroristische Vereinigung einzusetzen“. Auch sollten die EU-Sanktionen auf alle Personen und Organe des iranischen Regimes ausgeweitet werden, die mit der Unterdrückung der aktuellen Proteste, inklusive der Verhängung und Vollstreckung von Todesurteilen, befasst oder an diesen beteiligt sind. Außerdem solle die Bundesregierung eine Strategie entwerfen, wie eine atomare Bewaffnung des Iran noch verhindert werden kann, „die über die aktuellen ziellosen, erratischen Einzelgespräche hinausgeht und Instrumente der Proliferationskontrolle und Sanktionierung berücksichtigt“. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen. (joh/ahe/eis/irs/mis/21.09.2023)