Absage an AfD-Vorschläge zugunsten landwirtschaftlicher Betriebe
Vorschläge der AfD-Fraktion zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der deutschen Landwirte sind bei den anderen Fraktionen auf Ablehnung gestoßen. Der Bundestag überwies die Anträge mit den Titeln „Deutsche Landwirtschaft wirklich entlasten – Höfesterben sofort beenden“ (20/10389) und „Stilllegungsflächen für Nahrungs- und Futtermittelproduktion fristlos freigeben“ (20/10390) nach erster Aussprache am Donnerstag, 22. Februar 2024, zur weiteren Beratung an den federführenden Landwirtschaftsausschuss.
AfD: Desaströse Agrarpolitik aus Brüssel
Für die AfD-Fraktion sprach Bernd Schattner von einer „desaströsen Agrarpolitik“ in Brüssel. Die Bauernproteste dagegen hätten zu ersten Erfolgen geführt, indem das Europäische Parlament die Vorgabe der vierprozentigen Flächenstilllegung für 2024 ausgesetzt habe, auch wenn die Bundesregierung versucht habe, dies zu verhindern. Ziel der AfD sei es, die Vier-Prozent-Regel nicht weiter zu befristen, sondern generell zu beenden. Nur so könne dauerhafte Planungssicherheit garantiert werden.
Aufgrund bürokratischer Anforderungen verbrächten die Landwirte inzwischen mehr Zeit im Büro als im Stall oder auf dem Feld, sagte Schattner. Felder würden durch Satellitenüberwachung kontrolliert, die Grünen würden die Produktion hochwertiger Nahrungs- und Futtermittel verbieten, so der Abgeordnete.
SPD: Rückwärtsgewandte Agrarpolitik der AfD
Von „reichlich rückwärtsgewandten Anträgen“ sprach dagegen Susanne Mittag (SPD). Sie kündigte an, dass die Ampelregierung bis zum Sommer Lösungen für die Probleme der Landwirte vorstellen wolle. Dabei sei man für realistische Vorschläge offen, etwa zu regenerativen Antrieben oder zum Umbau der Tierhaltung, zu Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit oder zur Umstellung bei landwirtschaftlichen Produktionsmitteln. Die AfD-Vorschläge seien hingegen „unbrauchbar“.
Anke Hennig (SPD) erinnerte daran, dass es in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten einen Strukturwandel gebe. Die Zahl der Höfe sei stark gesunken, Großbetriebe bestimmten das Bild, auch durch wirtschaftlichen Druck. Die „rückwärtsgewandte Agrarpolitik“ der AfD nannte Hennig „realitätsfern und gefährlich“. Stattdessen sollten die Veränderungsprozesse begleitet werden. „Wir bekennen uns zur Landwirtschaft, wir lassen die Landwirte nicht allein“, betonte die SPD-Abgeordnete.
CDU/CSU: Ministerium für ideologische Spielwiesen
Der CSU-Abgeordnete Artur Auernhammer stellte klar, dass für seine Fraktion das Wachstumschancengesetz und die Agrardiesel-Beihilfen zusammen gehören. Das Agrarministerium sei zu einem Ministerium für „ideologische Spielwiesen“ geworden, dabei sollte es laut Auernhammer ein Ministerium für den ländlichen Raum sein.
Der Abgeordnete erinnerte an das Grundsatzprogramm der AfD, wonach alle Agrarsubventionen abgeschafft und aus der EU ausgetreten werden sollte, was den Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen mit europäischen Ländern bedeuten würde. Die Vier-Prozent-Regel zur Flächenstilllegung bezeichnete er aus „Instrument aus der Vergangenheit“, als es noch Überschussproduktion gegeben habe. Notwendig sind seiner Ansicht Stabilität bei politischen Entscheidungen und Planungssicherheit über Jahre und Jahrzehnte.
Der CDU-Abgeordnete Hans-Jürgen Thies hielt AfD-Forderungen wie die Eins-zu-eins-Umsetzung von EU-Richtlinien, ein aktives Wolfsmanagement, den Bürokratieabbau und das Aussetzen verpflichtender Flächenstilllegungen für sinnvoll, der Rest sei jedoch „grober Unfug“ und würde aus seiner Sicht zu Arbeitslosigkeit, Rückgang der Exporte und zu einem Strukturbruch in der Landwirtschaft führen.
Grüne setzen auf den Tierschutz-Cent
Für Bündnis 90/Die Grünen präsentierte Dr. Zoe Mayer den geplanten Tierschutz-Cent als Lösung. Dieser sei von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen und werde vom Bürgerrat beim Deutschen Bundestag und von der sogenannten Borchert-Kommission (Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung) unterstützt. Während Agrarminister Özdemir dazu ein Konzept vorgelegt habe, biete die AfD nichts Neues, so Mayer.
Ihre Fraktionskollegin Dr. Anne Monika Spallek nannte die AfD-Vorschläge ein „Sammelsurium undifferenzierter Einzelmaßnahmen“. Es sei nichts dabei, was kleine Betriebe unterstützen würde. Seit die Ampel regiere, habe sich das Höfesterben verlangsamt. Die Gewinne seien für die Betriebe in dieser Zeit so hoch gewesen wie noch nie. „Wir haben gezielt kleine Betriebe unterstützt“, sagte Spallek. Die Großen brauchten diese Unterstützung nicht.
FDP: Weitere Einschnitte nicht zumutbar
Dr. Gero Clemens Hocker (FDP) widmete sich den AfD-Vorschlägen mit dem Blick in das Grundsatzprogramm der Partei. Die AfD wolle, dass es „Nullnutzungszonen“ gibt und dass der Einsatz von Biogasanlagen beendet wird. Diese sei jedoch eine Existenzgrundlage für Tausende Betriebe, sagte Hocker. Darüber hinaus lehne die AfD alternative Züchtungsmethoden ab und sei gegen Digitalisierung. „Die Landwirte gehen Ihnen nicht auf den Leim“, rief er der AfD-Fraktion zu.
Ingo Bodtke (FDP) sagte, die EU-Kommission nehme die Bauernproteste ernst und handele, etwa indem die Zulassung des Herbizids Glyphosat verlängert worden sei. Die Herausforderungen im Klima- und Umweltschutz könnten nur mit der Landwirtschaft gelöst werden. Die FDP strebe eine dauerhafte Aussetzung der Flächenstilllegungspflicht bis 2027 an. Den Landwirten seien weitere Einschnitte nicht zuzumuten, so der liberale Abgeordnete.
Linke will Perspektive für die Landwirtschaft
Ina Latendorf (Gruppe Die Linke) sagte, zu den Problemen der Landwirtschaft gehöre auch der schwerer werdende Zugang zu Böden, da täglich 55 Hektar in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt und dadurch der Agrarnutzung entzogen würden.
Die deutschen Agrarprodukte konkurrierten mit billigen Importen aus dem Ausland, hinzu komme fehlende Planungs- und Investitionssicherheit. „Die Landwirtschaft muss eine Perspektive bekommen“, forderte Latendorf.
Erster Antrag der AfD
In ihrem ersten Antrag (20/10389) fordert die AfD unter anderem, die Landwirte von Bürokratie zu entlasten und EU-Richtlinien nur noch „eins zu eins“ umzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit im EU-Vergleich nicht noch weiter zu schwächen. Auch sollten keine internationalen Wirtschaftsabkommen wie das geplante Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Mercosur-Raum abgeschlossen werden, bis sichergestellt ist, dass sich daraus keine schädlichen Folgen für die deutsche Landwirtschaft ergeben.
Darüber hinaus sollten die europäischen Märkte nicht länger mit „billigen Agrarimporten aus der Ukraine geflutet werden“. Deutsche Standards in der Lebensmittelherstellung und Agrarrohstoffproduktion will die Fraktion schützen. Sie wendet sich unter anderem auch gegen die Einführung einer „Fleischsteuer“ auf heimische Produkte und tritt dafür ein, der heimischen Fischerei die versprochenen Finanzmittel aus dem Windenergiegesetz sofort auszuschütten.
Zweiter Antrag der AfD
Im zweiten Antrag (20/10390) wird gefordert, landwirtschaftliche Stilllegungsflächen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion freizugeben. Hintergrund ist die von der EU-Kommission aufgeworfene Frage, ob in den Mitgliedstaaten die Pflichtbrache von vier Prozent der Ackerfläche von Landwirtschaftsbetrieben mit über zehn Hektar Ackerfläche eingehalten wird oder statt der Flächenstilllegung beispielsweise Leguminosen angebaut werden können.
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, der Freigabe aus Brüssel zu folgen. Außerdem soll das Vorhaben gestrichen werden, von 2024 bis 2027 vier bis sieben Prozent der Flächen stillzulegen und die Flächen stattdessen zur Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln zu nutzen. Darüber hinaus soll den Landwirten wieder erlaubt werden, „organische Düngemittel“ zu verwenden. Für den Anbau von Nutzflächen sollen zudem ökologische Vorrangflächen genutzt werden dürfen. (vom/nki/22.02.2024)