Finanzen

Haushaltsfinanzierung: Ökonomen stützen Ampel-Kurs bei Agrardiesel

Zeit: Montag, 15. Januar 2024, 13.30 bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 300

Der Finanzausschuss hat sich am Montag, 15. Januar, in einer öffentlichen Anhörung mit dem Entwurf des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 (20/9999) befasst. Federführend für den Gesetzentwurf ist der Haushaltsausschuss; der mitberatende Finanzausschuss beschäftigte sich aber mit den steuerlichen Aspekten. In der Anhörung ging es folglich zum einen um die Erhöhung der Luftverkehrsteuer gehen. Zum anderen haben sich die Abgeordneten Expertenrat zur geplanten Abschaffung der Diesel-Subvention für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einholen.

Abbau der Subventionierung von Agrardiesel

Bei der Anhörung zum Abbau der Subventionierung von Agrardiesel haben Ökonomen einhellig den Kurs der Ampel-Koalition befürwortet. Kritisch äußerten sich der Vertreter des Bauernverbandes sowie der Betriebswirtschaftsprofessor und ehemalige niedersächsische Staatssekretär Ludwig Theuvsen (CDU). Von der Änderung der Luftverkehrsabgabe erwarten die Experten kaum eine klimapolitische Lenkungswirkung.

Alfons Balmann, Professor am Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, erklärte, dass die Streichung der Diesel-Subvention für Landwirte diese nicht in „existenzielle Schwierigkeiten“ bringen dürfte. Er sagte ferner, dass bisher von der Subvention besonders große Betriebe profitierten. Durchschnittlich betrage die Diesel-Vergünstigung rechnerisch 28 Euro pro Hektar, bei Betrieben mit einer Größe von mehr als 100 Hektar liege der Betrag bei 35 Euro.

Bernhard Brümmer, Professor für Landwirtschaftliche Marktlehre an der Universität Göttingen, lobte, dass das Ende der Subvention nun nicht abrupt und kurzfristig erfolgen solle, sondern über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Aus Sicht des Karlsruher Ökonomie-Professors Berthold Wigger sprechen „umweltökonomische, ordnungspolitische und verteilungsökonomische Gründe“ gegen das Diesel-Privileg der Landwirte. Er verwies unter anderem darauf, dass die Landwirtschaft weder Teil der europäischen noch der nationalen CO2-Bepreisung sei. 

Friedrich Heinemann, Wissenschaftler am ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, wies das Argument zurück, dass höhere Preise für Treibstoff nicht dazu führten, dass der Verbrauch gesenkt werde. Die Nachfrager könnten auch hier sehr wohl preiselastisch reagieren. „Sogar Landwirtschaftsverbände haben seitenweise Vorschläge, wie man Diesel spart“, sagte Heinemann, der dies in seiner schriftlichen Stellungnahme weiter ausführt. Wie andere Ökonomen, so verwies auch Heinemann darauf, dass Subventionen in der Landwirtschaft auch dazu führten, dass die Pachtpreise stiegen. „Wer das bestreitet, der kennt die empirische Forschung nicht“, machte Heinemann deutlich.

Hohe Preise und steigende Kosten in der Landwirtschaft

Zuvor hatte dies der Vertreter des Deutschen Bauernverbandes bestritten. Angesichts des wachsenden Flächenverbrauchs in Deutschland, auch jenseits der Landwirtschaft, sei nicht zu erwarten, dass die Preise für Flächen sänken. Er verwies auch darauf, dass vor allem in der Veredelungsindustrie mit sehr hohen Dieselverbräuchen pro Hektar zu rechnen sei, etwa in der Milchindustrie bis zu 600 Liter. Dem Bauernverband zufolge hat die Bundesregierung den Bauern bereits „900 Millionen Euro weggenommen“. Dass die Bauern zuletzt gut verdient hätten, liege daran, dass die hohen Kosten für Düngemittel und andere Inputfaktoren infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in diesen Jahren noch nicht zu Buche schlügen.

Aus Sicht des Bauernverbandes ist es in der Landwirtschaft nicht möglich, auf E-Mobilität zu wechseln. Für den derzeit beurlaubten Professor für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness an der Universität Göttingen, Ludwig Theuvsen, ist das Agrardiesel-Privileg der Bauern denn auch nur dann eine klimaschädliche Subvention, wenn es Alternativen zum Dieselantrieb gibt. Theuvsen verwies ferner darauf, dass die Motoren in Landmaschinen meist von Lkw-Herstellern kämen. Dort gebe es bereits aufgrund der hohen Dieselkosten in der Transportbranche einen sehr hohen Druck, effiziente und sparsame Motoren zu bauen. Der Betriebswirt warnte ferner davor, negative Anreize dafür zu setzen, dass junge Landwirte den elterlichen Betrieb übernehmen. „Landwirte gehen in andere Bereiche“, sagte er, Betriebe würden still gelegt. 

Steuern in der Luftfahrt

Vor Verlagerungseffekten infolge der Sparmaßnahmen der Bundesregierung warnte mit Blick auf höhere Steuern in der Luftfahrt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Es drohe eine Verlagerung von innereuropäischen Flügen an ausländische Standorte. Die Ampel-Koalition will laut ihrem Gesetzentwurf einerseits Steuersätze erhöhen, andererseits den im Luftverkehrssteuergesetz vorgesehenen Mechanismus zur Absenkung der Steuersätze ändern. 

Eher gering sieht diese Gefahr Ökonom Professor Berthold Wigger, Karlsruher Institut für Technologie. Zwar bringen die Maßnahmen bei der Luftverkehrsteuer aus seiner Sicht „keinen nennenswerter Beitrag zum Klimaschutz“. Es seien aber auch keine starken negativen Effekte auf den deutschen Luftverkehr zu erwarten. Wigger erklärt weiter: „Die geplanten Änderungen des Energiesteuergesetzes und des Luftverkehrsteuergesetzes sind beide geeignet, zusätzliche Haushaltseinnahmen zu erzielen.“

Eine Reihe von weiteren Vorschlägen zum Abbau klimaschädlicher Subventionen machte das Forum Ökologische-Soziale Marktwirtschaft, etwa eine Erhöhung der Pauschalbesteuerung von Dienstwagen mit Verbrennungsmotor von ein auf zwei Prozent. Für tierische Produkte solle der normale anstelle des ermäßigten Steuersatzes gelten, zugleich sollte für mehr pflanzliche Produkte ein geringerer Satz gelten, schlägt der Verein vor. (bal/15.01.2024)