Kinderkommission

Sachverständige zum Rentensystem: Es geht um Solidarität

Zeit: Mittwoch, 15. November 2023, 14.35 bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 2.200

Eine gerechte und finanzierbare Rente beschäftigt junge Menschen in Deutschland als Zukunftsthema und generationsübergreifendes Projekt genauso wie der Klimaschutz. Das machten die Sachverständigen und Mitglieder des Vereins Jugend-Enquete-Kommission im Fachgespräch der Kinderkommission des Deutschen Bundestages (Kiko) am Mittwoch, 15. November 2023, deutlich.

Rentensystem zukunftsfest machen

„Uns betrifft als Bürgerinnen alles“, sagte Elisa Wittler, Studentin der Rechtswissenschaften, und forderte von der Politik eine breitere und langfristige Beteiligung ihrer Generation. Im Januar wolle die Jugend-Enquete-Kommission im Bundestag ein Policy Paper zum Thema Rente überreichen. Dabei gehe es den Jüngeren nicht darum, gegenüber den Älteren einen Generationenstreit vom Zaun zu brechen. Sondern darum, das Rentensystem als Generationenvertrag zukunftsfest zu machen. „Es geht um Solidarität.“

Bei den jungen Leuten müsse man größeres Interesse für das Thema Rente wecken und mit diesem Zukunftsthema eine positive Einstellung und einen Glauben an die Zukunft fördern. Sie prangerte vor allem den gewachsenen Niedriglohnsektor als Ursache für eine nicht auskömmliche Rente an.

Niedriglohnsektor und Gender-Pension-Gap

Leider werde das Thema in der Schule kaum behandelt, sagte Eva-Marie Deckers (17). So habe sie sich bei der Jugend-Enquete-Kommission beworben, sich auf eigene Faust eingearbeitet und die Komplexität des Themas begriffen.

Die Enquete-Kommission habe drei Expertengruppen zu den aus ihrer Sicht wichtigsten Themen gebildet: zu dem im europäischen Vergleich großen Niedriglohnsektor in Deutschland, dem Druck auf den Bundeshaushalt durch die hohen Zuschüsse zur Rentenversicherung sowie zum Gender-Pension-Gap, also der geringeren Rente von Frauen infolge des Gender-Pay-Gap, also der verbreitet schlechten Bezahlung von Frauen im Vergleich zu Männern.

Man schaue dabei nicht nur auf die eigene Generation, sondern wolle gleichermaßen denen helfen, die aktuell unter Altersarmut litten sowie das Problem für die Zukunft überwinden. Dazu gehöre, Optionen für gute Teilzeitarbeitsverhältnisse für Frauen zu schaffen, auch auf der Führungsebene.

„Heute muss für morgen gehandelt werden“

Medial bekomme die Rentenpolitik zu wenig Aufmerksamkeit, stellte Paul Schlowak, Student der Volkswirtschaftslehre, fest. Dabei spiegelten sich in der Rentenfrage die Probleme der Gesellschaft, von dem aufgeblähten Niedriglohnsektor bis zur Benachteiligung von Frauen.

Die in dem Verein zusammengeschlossenen Jugendlichen interessierten und engagierten sich für die Rentenpolitik als einem Thema mit einem sehr langen Zeithorizont, bei dem Weichstellungen erst nach sehr langer Zeit Wirkung zeigten. „Jetzt und heute muss für morgen gehandelt werden.“ Deutschland sei „zu reich für ein Land mit Altersarmut“.

Während sich die Finanzierbarkeit, auch mithilfe einer Stärkung der betrieblichen und privaten Säule der Rentenversicherung lösen lasse, treibe die Jugendlichen vor allem die Gerechtigkeitsfrage weiter um. Als Reformvorschläge präsentieren werde man in dem Policy Paper: die betriebliche Rente, gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen, in der Form eines Op-out-Modells, auszubauen, das heißt standardmäßig zahlten alle ein. Wer das nicht wolle, müsse dies individuell kundtun.

„Das sind die schwachen Renten von morgen“

Das Umlagesystem als Kern der Rentenversicherung solle die Betriebsrente freilich nicht ersetzen. Zudem gelte es, Frauen einen besseren Zugang zur Berufswelt zu ermöglichen. Und schließlich müsse die Arbeitsmarktpolitik sich den mit 23 Prozent größten Niedriglohnsektor in Europa anschauen. „Die Leute müssen gutes Geld verdienen. Das sind die schwachen Renten von morgen.“

An die Ausschussmitglieder richtete er den Appell: „Bitte machen Sie sich dafür stark, dass wir im Ausschuss für Soziales über das Thema Rente reden können.“ (ll/15.11.2023)