Parlament

Oppositionsantrag zur Finanzierung der Bundes­wehr abgelehnt

Die Union ist mit ihrer Forderung an die Bundesregierung, den Verteidigungshaushalt 2024 um zehn Milliarden Euro gegenüber 2023 zu erhöhen und dauerhaft zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes gemäß der Nato-Vereinbarung für Verteidigung auszugeben, gescheitert. Der Bundestag lehnte den entsprechenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/9134) am Donnerstag, 9. November 2023, nach einer gut einstündigen Debatte mit den Stimmen aller anderen Fraktionen ab.

Union fordert Erhöhung des regulären Wehretats

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Dr. Johann David Wadephul warf der Regierungskoalition vor, sie halte sich nicht an die Absprachen zum Sondervermögen Bundeswehr. Die bereitgestellten 100 Milliarden Euro seien bereitgestellt worden, um die mehrjährigen großen Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr zu finanzieren. Doch inzwischen würden nicht nur Flugzeuge von dem Geld beschafft, „sondern auch Leselampen für die Piloten“. 

Das Sondervermögen sei von Anfang an nur ein Umweg gewesen, weil die Ampel sich geweigert habe, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen. Dieser werde von den hohen Personalkosten regelrecht „aufgefressen“. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe deshalb zu Recht eine Erhöhung des regulären Wehretats um zehn Milliarden Euro im kommenden Jahr gefordert. Die Unionsfraktion unterstütze diese Forderung, aber die Ampel lasse „den Minister und die Bundeswehr im Regen stehen“, sagte Wadephul. 

SPD: Einer der wenigen Etats ohne Kürzungen

Vertreter der Ampelkoalition wiesen die Vorwürfe der Union zurück. Zusammen mit den Mitteln aus dem Sondervermögen stiegen die deutschen Verteidigungsausgaben im kommenden Jahr auf rund 71 Milliarden Euro, rechnete der SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz vor. Der Verteidigungshaushalt sei einer der wenigen Etats im Bundeshaushalt, an dem im kommenden Jahr keine Kürzungen vorgenommen würden.

Bis Ende dieses Jahres würden bereits zwei Drittel des Sondervermögens in Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr gebunden werden. Die Truppe erhalte beispielsweise neue Luft- und Raketenabwehrsysteme wie Iris-T und Arrow-3, neue Leopard-Kampfpanzer, neue Puma-Schützenpanzer, neue Flottendienstboote und mehr Munition.

Grüne: Sondervermögen war haushaltspolitisch klug

Dr. Sebastian Schäfer, Haushaltspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen, appellierte an die Union, den mit dem Sondervermögen gemeinsam eingeschlagenen Weg „der Parteien der Mitte“ nicht zu verlassen. Das Sondervermögen sei eine haushaltspolitisch kluge Entscheidung gewesen, um schnell auf die veränderten Rahmenbedingungen nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine reagieren zu können. Einschließlich anderer sicherheitsrelevanter Etatposten erreiche Deutschland im kommenden Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der Nato.

Es sei zwar richtig, dass ab dem Jahr 2028 ein Ersatz für das bis dahin aufgebrauchte Sondervermögen benötigt werde. Aber die Union mache nicht einmal Vorschläge, wie die Erhöhung des Wehretats um 10 Milliarden Euro im kommenden Jahr gegenfinanziert werden soll.

FDP wirft Union Versäumnisse vor

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, räumte ein, dass die Bundeswehr noch weit davon entfernt sei, eine modern ausgerüstete Armee zu sein. Doch die Union vergesse dabei immer, dass sie in den vergangenen 16 Jahren alle fünf Verteidigungsminister gestellt habe. „In dieser Zeit haben sie nichts auf die Kette bekommen“, führte sie an.

Weder sei eine Entscheidung über den Nachfolger des Tornado-Kampfflugzeuges getroffen worden, noch über den schweren Transporthubschrauber oder die bewaffneten Drohnen. All dies habe die Ampelkoalition nachgeholt. Der von der Union vorgelegte Antrag sei „billig“ und „albern“.

AfD: Minister reiß immer neue Baustellen auf

Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Rüdiger Lucassen, führte an, die innere und äußere Sicherheit Deutschlands sei nicht mehr gewährleistet. Dies hätten die Union und die SPD mit ihrer Politik in der großen Koalition zu verantworten. Aber auch die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende stecke fest. 

Verteidigungsminister Pistorius gelinge es nicht, die vielfältigen Baustellen bei der Bundeswehr zu beseitigen, führte Lucassen an. Stattdessen reiße er immer neue Baustellen auf, wie zum Beispiel mit der Zusage an die Nato, dauerhaft eine Brigade in Litauen im Baltikum zu stationieren. Inzwischen sei aber nur noch von zwei Bataillonen die Rede. Doch dem vorgesehenen Panzerbataillon 203 aus Augustdorf fehle es an Leopard-Panzern, weil diese in die Ukraine geliefert worden seien. Es werde nie zu einer dauerhaften Stationierung der Brigade kommen. Kritik übte Lucassen an der Äußerungen von Verteidigungsminister Pistorius, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden: „Halten Sie sich an den Begriff verteidigungsfähig.“

Linke wirft Verteidigungsministerium Geldverschwendung vor

Für die Linksfraktion erhob die Haushaltspolitikerin Dr. Gesine Lötzsch schwere Vorwürfe gegen die Union. Ihr Antrag sei offenbar „vom Panzerhersteller Rheinmetall“ geschrieben worden. Dies ein „krasser Fall von Lobbyismus“ im Bundestag. Kein Ministerium gebe das Geld so sinnlos aus wie das Verteidigungsministerium aus, warf Lötzsch der Bundesregierung vor. Als Beispiel nannte sie die Beschaffungen von Funkgeräten für die Bundeswehr, die aber nicht in die Fahrzeuge passten. All dies werde hingenommen. Umgekehrt bringe die Regierung nicht genügend Geld auf, um die Kindergrundsicherung zu finanzieren.

Zudem hielt sie der Regierung vor, sie engagiere sich diplomatisch zu wenig, um die Kriege und Konflikte weltweit zu lösen. Deutschland müsse „nicht kriegstüchtig“, sondern endlich „friedenstüchtig“ werden, sagte Lötzsch.

Antrag der Union

Nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion sollen die Verteidigungsausgaben deutlich erhöht werden. In ihrem Antrag forderte sie die Bundesregierung auf, gemäß der Vereinbarung zwischen den Nato-Mitgliedstaaten mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für Verteidigung aufzubringen und dabei ausschließlich Ausgaben einzuberechnen die „zweifelsfrei“ verteidigungsbezogen sind. Zudem soll der Verteidigungsetat 2024 um zehn Milliarden Euro gegenüber 2023 erhöht werden.

Die zusätzlichen Haushaltsmittel sollen für bislang nicht finanzierte militärische Beschaffungen ausgeben werden, damit die Bundeswehr eine „auskömmliche materielle Grundlage für den Fähigkeitserhalt und -aufwuchs erhält“. Zudem sollen die Forschungs- und Entwicklungsausgaben nach dem Willen der Union so erhöht werden, dass Deutschland in sensiblen Technologiebereichen weiterhin eine führende Rolle einnimmt und Know-how und Schlüsseltechnologien gesichert bleiben. Der Personalumfang und die Struktur der Bundeswehr seien konsequent an den Erfordernissen der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten, heißt es im Antrag.

Darüber hinaus forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, das Sondervermögen Bundeswehr so zu nutzen, wie es zwischen den Bundestagsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der CDU/CSU in Paragraf 2 des Bundeswehrfinanzierungs- und Sondervermögensgesetz gesetzlich festgelegt ist. Die seitens des Bundesrechnungshofs kritisierten haushaltsrechtswidrigen Vorschläge im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024 seien zu korrigieren. (aw/eis/09.11.2923)