Änderung des Deutschen Richtergesetzes beraten
Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sollen künftig zwingend nicht berufen werden dürfen, wenn an ihrer Verfassungstreue Zweifel bestehen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (20/8761) vor, der in der Nacht zum Freitag, 20. Oktober 2023, auf der Tagesordnung des Bundestages stand. Die Bundesregierung will mit der Regelung nach eigenem Bekunden explizit ein politisches Signal senden, da rechte und rechtsextreme Gruppen ihre Anhänger dazu aufrufen würden, sich als Schöffinnen oder Schöffen zu bewerben. Im Anschluss an die erste Lesung wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt, besteht auch schon jetzt eine durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Pflicht zur Verfassungstreue für Schöffinnen und Schöffen. „Eine explizite gesetzliche Verankerung macht die Pflicht der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zur Verfassungstreue besser sichtbar und hebt deren besondere Bedeutung ausdrücklich hervor“, heißt es weiter.
Die Ergänzung des Paragrafen 44a des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) um einen zwingenden Berufungsausschlussgrund geht nach Darstellung der Bundesregierung aber über eine „deklaratorische Kodifizierung“ der Rechtsprechung hinaus. Sollte eine Schöffin oder ein Schöffe trotz des Vorliegens des Ausschlussgrundes berufen werden, sei das Gericht im konkreten Einzelverfahren fehlerhaft besetzt, führt die Bundesregierung aus. Damit sei im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage eine Besetzungsrüge möglich, im Strafverfahren stelle die fehlerhafte Besetzung einen absoluten Revisionsgrund dar.
Eine weitere Änderung bezieht sich auf das Verhältnis von Disziplinarverfahren zu Verfahren nach Paragraf 31 DRiG, in denen es um die Versetzung von Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit in den einstweiligen oder endgültigen Ruhestand geht. Mit einer Einfügung soll laut Bundesregierung klargestellt werden, dass beide Verfahren parallel betrieben werden können.
Stellungnahme des Bundesrats
Der Bundesrat geht in seiner Stellungnahme unter anderem auf die Folgen einer fehlerhaften Besetzung im Strafverfahren ein. Aus Sicht der Länderkammer sind die Möglichkeiten zur Abberufung und zum vorläufigen Verbot des Ehrenamts ausreichend. Die Bundesregierung wird aufgefordert, daher eine klarstellende Regelung in diesem Sinne im Gesetzentwurf einzufügen. Aus Sicht der Länder würde eine als absoluter Revisionsgrund zu betrachtende Fehlbesetzung „in der Praxis regelmäßig zu Besetzungsrügen führen und das (Revisions-)Verfahren mit der Prüfung der Verfassungstreue der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter belasten“, heißt es in der Stellungnahme.
Die Bundesregierung sieht in ihrer Gegenäußerung keinen Anpassungsbedarf an der vom Bundesrat kritisierten Regelung. Aus Sicht der Bundesregierung würde der explizite Ausschluss eines Revisionsgrundes ein „falsches Signal“ setzen und die gewählte „Muss-Formulierung“ – der zwingende Berufungsausschluss – aushebeln. Rechte und rechtsextreme Gruppen würden seit Jahren ihre Anhängerinnen und Anhänger dazu auffordern, sich als Schöffinnen oder Schöffen zu bewerben. „Hier soll durch eine 'Muss-Regelung' politisch ein starkes Gegensignal gesendet werden“, heißt es weiter. Auch andere Vorschläge der Länderkammer, etwa zur Präklusion, dem teilweisen Einbehalt von Dienstbezügen und einer Änderung im Gerichtsverfassungsgesetz, lehnt die Bundesregierung ab. (scr/vom/19.10.2023)