Bundestag weitgehend einig über Stärkung von Start-ups und Kapitalmarkt
Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf „zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen“ (20/8292) ist bei der Ersten Lesung im Deutschen Bundestag am Donnerstag, 21. September 2023, von den Koalitionsfraktionen als wichtiger Schritt zur Stärkung von jungen Unternehmen (Start-ups) und des Kapitalmarktes gelobt worden. Auch aus Teilen der Opposition gab es Zustimmung. Zu den Maßnahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes gehören unter anderem ein leichterer Kapitalmarktzugang für Start-ups und Wachstumsunternehmen. Außerdem wird die Mitarbeiterkapitalbeteiligung verbessert. Der Entwurf wurde an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Finanzausschuss.
Minister Buschmann will „Zukunft made in Germany“
Justizminister Dr. Marco Buschmann (FDP), der für den erkrankten Finanzminister Christian Lindner (FDP) einsprang, erklärte in der Aussprache, damit Gründer Innovationen realisieren könnten, werde Kapital gebraucht. Seit vielen Jahren würden vielversprechende Gründungen, die ihre Wurzeln in Deutschland hätten, ausländische Märkte zur Kapitalbeschaffung nutzen, um ihre Visionen zu realisieren.
Daher solle der Kapitalmarkt für Gründer und Innovationen attraktiver gemacht werden. Wenn Kapital und Gründer zueinanderfinden, „heißt es in Zukunft immer häufiger nicht Zukunft made in California, sondern Zukunft made in Germany“, sagte der Minister.
Union: Kapitalmarkt als „bessere Alternative“
Eineinviertel Jahre habe es von den Eckpunkten bis zur ersten Beratung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes gedauert. Da gewinne der Begriff Deutschland-Tempo eine neue Bedeutung, spottete Stefan Müller (CDU/CSU). Zu den Inhalten sagte er, der Kapitalmarkt sei die bessere Alternative gegenüber dem Staat. Maßnahmen wie erleichterte Börsengänge und eine bessere Mitarbeiterbeteiligung seien unbedingt notwendig.
Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen entsprächen Forderungen der CDU/CSU. Die Zahl der Börsengänge sei in Deutschland rückläufig, Unternehmen wie BionTech und Birkenstock seien an die New Yorker Börse gegangen. Müller kritisierte aber, dass der Gesetzentwurf für private Anleger nichts enthalte.
SPD: Startschuss für finanzpolitische Weichenstellungen
Michael Schrodi (SPD) betonte, dass wirtschaftliche Stärke und soziale Sicherheit kein Gegensatz seien. 70 Prozent der Unternehmen wollten in Deutschland investieren, sagte Schrodi unter Bezug auf eine Umfrage der Deutschen Bank. Das „Zerrbild der Opposition“ von der Deindustrialisierung habe nichts mit der Realität zu tun.
Der Gesetzentwurf sei der Startschuss für zahlreiche finanzpolitische Weichenstellungen für mehr Innovation und mehr Arbeitsplätze. Schrodi betonte, Deutschland solle zu einem führenden „Start-up-Land“ werden.
AfD: Maßnahmen reichen nicht aus
Klaus Stöber (AfD) widersprach Schrodi, dass mehrheitlich in Deutschland investiert werde. Die Erhöhung der Mitarbeiterbeteiligung sei jedoch ein positives Signal. Insgesamt reichten die Maßnahmen jedoch nicht aus.
„Was nutzt es einem Start-up, wenn es einen Investor findet, aber keine Facharbeiter“, kritisierte Stöber und sagte: „Die Fachkräfte werden sie nicht in Lampedusa finden“.
Grüne: Es geht um Zukunftsstärkung
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem „tollen Gesetz“. Es gehe um Zukunftsstärkung und einen besseren Start-up-Standort. „Wir führen den Finanzplatz Deutschland endlich ins 21. Jahrhundert“, lobte Beck, die besonders die Verbesserung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung hervorhob.
Sie erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten bei Start-ups von 415.000 auf eine Million bis 2030 steigen könnte.
Linke: In der Breite bewirkt der Gesetzentwurf nichts
Das Gesetz gehe an den Bedürfnissen der meisten Menschen vollkommen vorbei, klagte dagegen Janine Wissler (Die Linke). Von der verbesserten Mitarbeiterbeteiligung habe die Mehrheit der Beschäftigten nichts. „Dieser Gesetzentwurf mag die Zukunft einiger FDP-Wähler sichern, aber in der Breite bewirkt er nichts“, kritisierte Wissler.
Für eine sichere Zukunft seien mehr öffentliche Investitionen notwendig. Und es müsse dafür gesorgt werden, dass die Leute von ihrer Arbeit leben könnten.
FDP: Weg freimachen für die Start-ups dieser Welt
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Dr. Florian Toncar (FDP), wies die Kritik von Wissler zurück. Investiert werde von der öffentlichen Hand genug. Das Paket sei kein Strohfeuer, sondern ein grundlegender Beitrag zur Stärkung des Standorts Deutschland.
Dr. Thorsten Lieb (FDP) betonte: „Wir wollen den Weg freimachen, damit die Start-ups dieser Welt an die deutschen Börsen strömen.“
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz soll laut Regierung die marktbasierte Finanzierung am deutschen Kapitalmarkt erleichtert werden. Damit werde zum einen die Position des Finanzstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb gestärkt, zum anderen würden ökonomische Impulse gesetzt. Ein attraktiverer Kapitalmarkt und verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten würden es vor allem Start-ups und Wachstumsunternehmen erleichtern, neues Kapital für Investitionen aufzunehmen.
Damit könnten innovative Entwicklungen und technologischer Fortschritt in Deutschland vorangetrieben werden, heißt es. Zusätzlich würden junge Unternehmen wie auch etablierte KMU (Kleine und mittelständische Unternehmen) im Wettbewerb um internationale Fachkräfte von neuen steuerrechtlichen Regeln für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung profitieren.
Steuerfreibetrag bei Mitarbeiterkapitalbeteiligung erhöhen
Geplant ist unter anderem, den Steuerfreibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung von bislang 1.440 Euro pro Jahr auf 5.000 Euro zu erhöhen und damit auf ein im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiges Niveau zu heben. Der Freibetrag soll auch durch Umwandlung von Arbeitsentgelt bis zu 2.000 Euro im Jahr ausgeschöpft werden können.
Zudem sollen Kapitalerhöhungen einer AG erleichtert und so die Rahmenbedingungen für die Eigenkapitalaufnahme verbessert werden. Beim vereinfachten Bezugsrecht sei eine höhere Quote von 20 Prozent (statt bislang zehn Prozent) vorgesehen. In geeigneten Fällen sei eine Anfechtung bei Streitigkeiten über den Ausgabebetrag ausgeschlossen und es werde stattdessen ein Spruchverfahren eingeführt. (hle/hau/21.09.2023)