Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juli 2023, ohne Aussprache über eine Reihe von Vorlagen entschieden: 

Deutsch-schwedisches Steuerabkommen: Der Bundestag hat mit der breiten Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 18. Januar 2023 zur Änderung des Abkommens vom 14. Juli 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Leistung gegenseitigen Beistands bei den Steuern (Deutsch-schwedisches Steuerabkommen, 20/7307) gestimmt. Hierzu lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (20/7596) vor.

Verkehrsstatistik: Die Abgeordneten haben mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Linksfraktion gegen die Stimmen der AfD für den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verkehrsstatistikgesetzes und des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes (20/6822) gestimmt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses (20/7621) zugrunde. Rund 240 Schienenverkehrs- und Omnibusunternehmen sollen von statistischen Auskunftspflichten entlastet werden, die nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erfüllt werden können oder die entbehrlich sind. Nach Angaben der Bundesregierung ist die Erhebung des Statistischen Bundesamts über Schienenverkehrsunfälle nicht mehr in dem Maße erforderlich wie bislang, da für die nach der Eisenbahn-Bau und Betriebsordnung (EBO) betriebenen Strecken die Angaben mittlerweile über das Eisenbahn-Bundesamt und die European Railway Agency bereitgestellt und an Eurostat übermittelt würden. Zukünftig würden deshalb ausschließlich Angaben für Straßen-, Schmalspur- und Anschlussbahnen benötigt, da diese nicht unter die EBO fielen. Der Kreis der zu befragenden Unternehmen reduziere sich durch die Gesetzesänderung von etwa 430 auf 190. Durch die Gesetzesnovelle sollen zudem Qualitätsverbesserungen in der Gefahrgut- sowie der Güterkraftverkehrsstatistik erreicht werden. So sei die Nachfrage nach differenzierteren Informationen über die Art beförderter Gefahrgüter gestiegen, heißt es in der Vorlage. In der Güterkraftverkehrsstatistik würden zudem zur Erhöhung der Stichprobenqualität genauere Angaben zum Nichteinsatz von Fahrzeugen benötigt. Im Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz soll durch das Gesetz die bislang fehlende Möglichkeit, aufgrund von Rechtsakten der Europäischen Union zur Bewältigung krisenhafter Situationen Anpassungen im nationalen Recht vornehmen zu können, durch Schaffung einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage geschlossen werden.

Deutsche Schule in Belgrad: Einstimmig angenommen wurde der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 25. Januar 2022 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Serbien über die Deutsche Schule in Belgrad (20/6823). Hierzu hatte der Auswärtige Ausschuss eine Beschlussempfehlung (20/7414 d) vorgelegt. Die Bundesregierung und die Regierung Serbiens wollen durch ein gemeinsames Abkommen über die Deutsche Schule in Belgrad ihre bilateralen kulturpolitischen Beziehungen stärken und ausweiten. Um die gesetzlichen Voraussetzungen für die innerstaatliche Umsetzung des Abkommens zu schaffen, hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt. Das Abkommen regle den Rechtsstatus der Deutschen Schule in Belgrad, der nun der Status einer juristischen Person nach serbischem Recht verliehen werden soll. „Dadurch erfahren aus Deutschland vermittelte Lehrkräfte Erleichterungen, unter anderem aufenthalts- und arbeitsrechtlicher Art“, schreibt die Bundesregierung. „Darüber hinaus genügen serbische Schülerinnen und Schüler durch den Besuch der Deutschen Schule in Belgrad der serbischen Schulpflicht, sodass die Schule ihren Begegnungscharakter stärken kann.“

Weltfriedenstag: Der Bundestag hat nach direkter Abstimmung mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und AfD gegen den Antrag der Linksfraktion zur Einführung eines Weltfriedenstags als europäischer Feiertag (20/7570) gestimmt. Darin hatte die Fraktion die Bundesregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, den Weltfriedenstag, den 1. September, als europäischen Feiertag in ganz Europa zu begehen. „Der 1. September, der Weltfriedenstag, erinnert uns an den Beginn des schrecklichsten Krieges in der Geschichte der Menschheit - den Zweiten Weltkrieg“, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. „Es wäre eine zivilisatorische Leistung, wenn es der Bundesregierung gelingen würde, andere Regierungen zu überzeugen, einen europäischen Feiertag zu beschließen.“ Dabei solle sich die Bundesregierung nicht nur auf die EU-Mitglieder beschränken. Einen wirklichen europäischen Feiertag gebe es nur, wenn sich möglichst alle Staaten Europas dieser Initiative anschlössen. Die offiziellen Feierlichkeiten könnten jedes Jahr von einem anderen Land ausgerichtet werden.

Kriminalität in Bahnhöfen: Der Bundestag hat mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Die Linke gegen die Stimmen der AfD einen Antrag der AfD für ein „Bundeslagebild zur Kriminalität in Bahnhöfen und Zügen“ (20/5808) abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat (20/6098) zugrunde. Die Bundesregierung soll nach dem Willen der AfD-Fraktion ein jährliches Bundeslagebild einführen, „das auch der Öffentlichkeit zugänglich ist und in eigener Zuständigkeit der Bundespolizei erstellt wird“. Zudem soll die Bundesregierung „im Kontext dieses Bundeslagebildes auch eine statistische Aufschlüsselung im Hinblick auf tatverdächtige Ausländer und ihren Aufenthaltsstatus“ vornehmen, fordert die Fraktion.

Petitionen: Darüber hinaus haben die Abgeordneten über insgesamt 23 Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen entschieden, die bei Ausschuss eingegangen waren. Es handelt sich um die Sammelübersichten 372 bis 394 (20/737220/737320/737420/737520/737620/737720/737820/737920/738020/738120/7382, 20/7603, 20/7604, 20/7605, 20/7606, 20/7607, 20/7608, 20/7609, 20/7610, 20/7611, 20/7612, 20/7613, 20/7614).

Tempo 30 auf Staatsstraßen in geschlossenen Ortschaften

Darunter befand sich auch eine Petition mit der Forderung, dass auf Staatsstraßen, die durch geschlossene Ortschaften führen und eine Verkehrsbelastung von mehr als 8.000 Kraftfahrzeugen pro Tag aufweisen, ein Tempolimit von 30 km/h eingeführt werden darf, um Verkehrsbelastungen und -gefahren zu reduzieren. Das soll laut Petition auch gelten, „wenn die notwendige Anzahl an Unfällen und Gefahrenschwerpunkten nicht erreicht wird“.

Begründet wird die öffentliche Eingabe (ID 124235) unter anderem damit, dass die Belastungen und Verkehrsgefahren für zu Fuß Gehende, vor allem für Kleinkinder, ältere oder gehbehinderte Menschen und Radfahrende sich durch die Reduzierung der innerorts zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h erheblich verringern würden. Insbesondere die Gefahr von Verkehrsunfällen mit schweren oder gar tödlichen Verletzungen werde so gesenkt. Autofahrer kämen wegen des Tempolimits von 30 km/h nur mit einem geringen Zeitnachteil am Ziel an, schreibt der Petent. Ein solches Tempolimit verbessere den Verkehrsfluss und reduziere die Belastungen für die Anwohner

Materialüberweisung an das Bundesverkehrsministerium

Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 21. Juni 2023 verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr „als Material“ zu überweisen und sie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben, „soweit es darum geht, den Kommunen mehr Handlungsspielräume bei der Festsetzung der lokalen Regelgeschwindigkeit zu eröffnen“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition – mit der erwähnten Einschränkung - „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.

In geschlossenen Ortschaften sind Länder zuständig

Der Ausschuss stellt in der Begründung seiner Beschlussempfehlung fest, dass innerhalb geschlossener Ortschaften die Straßenverkehrsbehörden der Länder, die für die Durchführung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) allein zuständig seien, bereits nach heutiger Rechtslage umfangreiche Möglichkeiten hätten, die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs zu beschränken oder zu verbieten und den Verkehr umzuleiten. Grundsätzlich sei unter anderem der Nachweis einer konkret vorliegenden besonderen Gefahrenlage zu erbringen.

Eine erleichterte Anordnungsmöglichkeit für die Straßenverkehrsbehörden bestehe bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen. Dies gelte vor allem abseits der Hauptverkehrsstraßen innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und dort, wo mit einer hohen Fußgänger- und Radverkehrsdichte sowie vielen Überquerungen zu rechnen sei. Seit 2016 bestehe für die Straßenverkehrsbehörden ferner die Möglichkeit, auch auf Hauptverkehrsstraßen erleichtert Tempo 30 streckenbezogen im unmittelbaren Bereich vor bestimmten sozialen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Altenheimen und Krankenhäusern anzuordnen.

Entscheidungsspielräume für Länder und Kommunen

Die Abgeordneten weisen zugleich auf das Vorhaben der Bundesregierung hin, das Straßenverkehrsgesetz und die StVO so anzupassen, „dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen weitergehende Entscheidungsspielräume zu eröffnen“. (hau/ste/06.07.2023)