Der Bundestag hat am Freitag, 20. Oktober 2023, einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zum Wasserstoffhochlauf zurückgewiesen. Gegen die Vorlage mit dem Titel „Wasserstoffhochlauf pragmatisch, schnell und technologieoffen voranbringen – Für eine starke Wirtschaft, für Klimaneutralität“ (20/6706) votierten nach der Debatte im Plenum alle übrigen Fraktionen. Zur Abstimmung hatte der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/8836).
Grüne: Auch eine Opposition kann Konzepte vorlegen
Eingangs der Debatte stellte Dr. Ingrid Nestle (Bündnis 90/Die Grünen) fest, es gebe große Gemeinsamkeiten zwischen der Ampel und der Union, was Ziele, Geschwindigkeit und Planbarkeit eines Wasserstoffhochlaufs angehe. Aber mit dem vorliegenden Antrag entzögen sich CDU und CSU der Verantwortung zu entscheiden.
Wer alles für alle fordere (alle Farben, sprich Herstellungsarten des Wasserstoffs; alle denkbaren Anwendungen, von der industriellen über den Gebäudebereich bis zur Mobilität), mache es sich zu einfach. Auch eine Opposition könne Konzepte vorlegen, so die Grünen-Abgeordnete.
Union fordert „mehr Wumms“
Andreas Jung (CDU/CSU) nahm den Ball auf – und spielte ihn direkt zurück. Von der regierenden Ampel kämen zu viele Ankündigungen und zu wenig Entscheidungen. „Hier geht es um die Energieversorgung der Zukunft“, sagte Jung. „Da brauchen wir mehr Wumms.“
Gefordert sei auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der international Wasserstoff-Bündnisse schmieden müsse. „Wir müssen vorankommen, und wir müssen schneller vorankommen“, sagte Jung. National wie im europäischen und internationalen Bereich. „Deshalb stellen wir diesen Antrag.“
SPD: Alles längst „in der Mache“
Andreas Rimkus (SPD) reklamierte für die Ampel, viele Forderungen der Union seit der ersten Befassung mit dem Antrag im Mai längst umgesetzt beziehungsweise „in der Mache“ zu haben.
Ja, man sei sogar längst darüber hinaus, befand der SPD-Abgeordnete. So habe man das Ziel für die heimische Elektrolysekapazität bis 2030 von fünf GW auf mindestens zehn GW verdoppelt. Für den restlichen Bedarf, der durch Importe gedeckt werden müsse, werde eine gesonderte Importstrategie entwickelt.
FDP vermisst Anwesenheit von Unionschef Merz
Michael Kruse (FDP) legte nach: „Wir handeln und reden nicht nur über Strategien.“ Was die Union mache, sei „Trockenschwimmen“. Unterdessen machten die Ampelfraktionen ihre Hausaufgaben als Gesetzgeber und sorgten dafür, dass es in Deutschland ein Wasserstoffkernnetz geben werde – gerade in dieser Woche mit einer Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes.
Zudem gab Kruse zu Protokoll, er wundere sich, wo der Fraktionsführer – gemeint ist Friedrich Merz – in dieser Sitzung sei, wenn der Union das Thema doch so wichtig sei.
AfD geißelt „Wasserstoffphantasien“
Dr. Rainer Kraft (AfD) sprach mit Blick auf den Unionsantrag wie auch die Ampelpolitik von „Wasserstoff-Phantasien“. H2 sei teuer, energieintensiv und schlecht lager- und transportfähig.
Kurzum: „Wunschdenken“. Aber offensichtlich sei man bereit, den „toten Gaul“ weiter zu reiten und auf seine Wiederauferstehung zu warten.
Linke: Kritischer Punkt ist die Finanzierung
Der kritische Punkt beim Thema Wasserstoffhochlauf sei die Finanzierung, sagte Klaus Ernst (Die Linke), der sonst im Antrag der Union vieles „absolut in Ordnung“ fand. So zum Beispiel die Forderung, nicht schon von vornherein bestimmte Anwendungsbereiche auszuschließen.
Wenn er sehe, dass die USA 700 Milliarden Dollar für den Inflation Reduction Act in die Hand nähmen, frage sich der Vorsitzende des Energieausschusses, wie der Wasserstoffhochlauf auf Basis eines Ausbaus der erneuerbaren Energien ohne Förderung gelingen solle, da doch Finanzminister Christian Lindner (FDP) gegen Steuererhöhungen und Subventionen sei.
Antrag der CDU/CSU
Wasserstoff ist nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion der Schlüssel für eine starke und klimafreundliche Volkswirtschaft. „Wir wollen und können Wasserstoff-Weltmeister werden“, heißt es in ihrem Antrag. Um das Ziel zu erreichen, formulieren die Abgeordneten knapp 30 Forderungen an die Bundesregierung, die sich fünf Schwerpunktanliegen zuschreiben lassen.
Erstens soll die Wasserstoffstrategie fortgeschrieben und dabei alle emissionsarmen und perspektivisch emissionsfreien Wasserstoffformen in Erzeugung und Import beschleunigt werden; zweitens ist nach Ansicht der Union Deutschlands Technologieführerschaft zu erhalten und auszubauen; drittens sollen Transport- und Speicherinfrastrukturen in ganz Deutschland aufgebaut und in europäische Infrastrukturen eingebunden werden; viertens sollten Anwendungsfelder von Wasserstoff breit und pragmatisch verstanden werden, um den Wasserstoffhochlauf auch bedarfsseitig anzureizen. Schließlich wünscht sich die Fraktion fünftens künftig jährlich einen Bericht über die Fortschreibung der Wasserstoffstrategie an den Deutschen Bundestag. (vom/mis/20.10.2023)