Befragung der Bundesregierung

Arbeitsminister Hu­bertus Heil: Fachkräfte­sicherung fängt erst an

Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil (SPD) hat in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 10. Mai 2023, betont, dass die Aufgabe der Fachkräftesicherung erst am Anfang steht. Auf eine Frage der SPD-Abgeordneten Natalie Pawlik nach den Möglichkeiten, das Potenzial der Erwerbstätigkeit in Deutschland zu steigern, sagte Heil, es gebe derzeit 46 Millionen Erwerbstätige in Deutschland. Man wolle daraus lernen, was zur Zeit der Vollbeschäftigung in den sechziger Jahren nicht richtig gelungen sei. „Die Menschen, die zu uns kommen, sollen auch Teil der Gesellschaft werden können“, betonte der Minister.

Neben Heil stellte sich auch der Minister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing (FDP) den Fragen der Abgeordneten. Vom AfD-Abgeordneten Dr. Dirk Spaniel auf sein Gespräch mit Vertretern der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ angesprochen, bekannte der Minister, er halte deren Machenschaften für kriminell und nicht tolerabel, insofern habe es bei ihm keinen Meinungsumschwung gegeben. Er sei auf eine Gesprächsbitte eingegangen, vertrete aber eine Nulltoleranzpolitik und sei dafür, Straftaten mit aller Härte des Gesetzes zu verfolgen.

Kindergrundsicherung und Folgen der Inflation

Die Abgeordnete Stephanie Aeffner (Bündnis 90/Die Grünen) sprach den Arbeits- und Sozialminister auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung an. Heil erinnerte daran, dass die von der Regierung beschlossenen Entlastungspakete geholfen hätten, etwa die Erhöhung des Kinderzuschlags, der allerdings beantragt werden müsse und nur von 33 Prozent der Berechtigten in Anspruch genommen werde. Er unterstütze die Bundesfamilienministerin bei der Einführung einer Kindergrundsicherung.

Der Linken-Abgeordneten Jessica Tatti entgegnete der Minister, die Regierung arbeite daran, dass die Kindergrundsicherung gelingt. „Wir wollen, dass Kinder unabhängig von ihrer Herkunft eine Chance haben“, sagte Heil und versprach, eine Berechnung vorzulegen, um Kinder aus der Armut zu bringen. Tatti konfrontierte den Minister auch mit den Folgen der Inflation. Dazu sagte Heil, die Regierung wolle die Menschen aus der Grundsicherung bekommen. Er erinnerte an die Anhebung des Mindestlohns, die Einführung des Bürgergeldes und wies darauf hin, dass Bürgergeld-Beziehern die Kosten für Wohnung und Heizen erstattet würden.

Erfassung von Arbeitszeiten

Der CSU-Abgeordnete Stephan Stracke thematisierte die geplante verpflichtende Erfassung von Arbeitszeiten in Unternehmen. Der Minister verwies auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, wobei letzteres unmittelbar gelte. Die Regierung wolle die Vorgaben so lebenspraktisch wie möglich umsetzen. Die Arbeitnehmer hätten ein Recht auf transparente Arbeitszeitaufzeichnungen. Da Stracke von einem „faktischen Aus“ für die sogenannte Vertrauensarbeitszeit sprach, machte Heil deutlich, diese werde weiterhin ermöglicht. Was allerdings nicht gehe sei, dass alles „Vertrauensarbeitszeit“ sein könne.

Dem CDU-Abgeordneten Wilfried Oellers antwortete Heil, es werde ein sachgerechte und pragmatische Umsetzung des Bundesarbeitsgerichtsurteils gebraucht. Ein Großteil der Unternehmen zeichne die Arbeitszeiten bereits auf, erwiderte Heil auf eine Frage der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen). Für kleinere Unternehmen sei es vernünftig, die Anforderungen nicht zu überziehen.

Die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl wollte vom Minister wissen, weshalb er nicht eine Ausweitung der Tarifbindung in Betracht ziehe. Er kämpfe für mehr Tarifbindung, betonte Heil, die geplante Ausweitung der sogenannten Westbalkan-Regelung helfe aber dem deutschen Arbeitsmarkt. Vorgesehen sei, das Kontingent von 25.000 auf 50.000 Personen aufzustocken.

Deutschlandticket im ländlichen Raum

Verkehrsminister Volker Wissing auf der Regierungsbank.

Der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP), äußert sich unter anderem zum Thema Deutschlandticket. (© DBT/Leon Kuegeler/photothek)

Carina Konrad (FDP) erkundigte sich bei Verkehrsminister Wissing nach dem seit zehn Tagen erhältlichen Deutschlandticket für den öffentlichen Personennahverkehr und dessen Auswirkungen auf den ländlichen Raum. Wissing sagte, das Ticket entlaste den ländlichen Raum mehr als die urbanen Zentren. Die Vergünstigung betrage oft mehr als 100 Prozent für eine Monatsfahrkarte.

Bei größeren Strecken könne das Ticket multimodal genutzt, also mit anderen Verkehrsmitteln wie Rad oder Auto kombiniert werden. Viele seien im ländlichen Raum begeistert, so Wissings Wahrnehmung. Es sei gelungen, die komplexe Tarifstruktur zu beseitigen. Jetzt seien die Länder gefordert, Projekte voranzubringen und das Angebot zu optimieren.

Ausländische Investitionen und Sicherheitsinteressen

Der Hamburger CDU-Abgeordnete Dr. Christoph Ploß fragte den Minister nach Versuchen Chinas, sich in die deutsche Infrastruktur einzukaufen und wollte wissen, was getan werde, um die Sicherheit in Deutschland zu schützen. Der Minister antwortete, die Regierung beachte die gesetzlichen Vorgaben und prüfe genau, inwieweit Auslandsinvestitionen in Deutschland eigene Sicherheitsinteressen berühren.

Chinesische Mobilfunktechnologie in Deutschland machte der CSU-Abgeordnete Dr. Reinhard Brandl zum Thema. Man nehme das sehr ernst und überprüfe, ob entsprechende Komponenten den deutschen Sicherheitsinteressen entgegenstehen. Alle Komponenten müssten den deutschen Sicherheitsanforderungen entsprechen.

Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr

Ein weiterer Fragekomplex betraf den künftig zulässigen Cannabis-Grenzwert, den sogenannten THC-Wert, im Straßenverkehr. Dirk Brandes (AfD) fragte, ob es verantwortbar sei, sich mit Cannabis im Straßenverkehr zu bewegen. Wissing sagte, er halte es nicht für verantwortbar, einen zu hohen Grenzwert festzusetzen. Er sei nicht der Meinung, dass das Verkehrsrecht ein Hindernis sein solle, etwas zu konsumieren, was man legal konsumieren dürfe. „Wir müssen dafür sorgen, dass ein legaler Konsum nicht durch Verkehrsrecht konterkariert wird“, so der Minister.

Die Grenzwertkommission habe sich nicht auf einen Vorschlag verständigen können. Auch seien die Auswirkungen von Cannabis bei den Individuen verschieden, entgegnete Wissing dem SPD-Abgeordneten Mathias Stein. Daher benötige man eine Konkretisierung dessen, was „angemessen“ ist.

Schienengesetz und Barrierefreiheit

Gegenüber dem FDP-Abgeordneten Valentin Abel berichtete der Minister an, die Arbeiten an einem Schienengesetz seien in vollem Gange. Geplant sei, eine Schieneninfrastrukturgesellschaft zu gründen. Dafür werde eine „kräftige Finanzierung“ gebraucht. Die Regierung sei sich aber sicher, die Netzprobleme der Bahn lösen zu können.

Der Grünen-Abgeordneten Stephanie Aeffner sagte Wissing, das Thema Barrierefreiheit werde sehr ernst genommen. Die Digitalisierung biete viele Möglichkeiten, Barrierefreiheit herzustellen. (vom/10.05.2023)

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