Regierungserklärung

Kanzler Scholz bekräftigt weitere Unterstützung für die Ukraine

Deutschland ist laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereit, die eigenen militärischen Beschaffungsvorhaben auch für andere EU-Mitgliedstaaten zu öffnen. Ziel müsse unter anderem die beschleunigte Beschaffung von Munition für die Ukraine sein, erklärte er am Donnerstag, 16. März 2023, in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag. Anlass für die 20-minütige Erklärung war der EU-Gipfel am 23. und 24. März 2023, auf dem es auch um die Frage gehen wird, ob die EU Militärgüter künftig gemeinsam beschaffen soll. Weitere Themen in Brüssel sind Wettbewerbsfähigkeit und Energie.

Kanzler für klimagerechte Investitionen und Innovationen

Die EU werde die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen und zugleich den Sanktionsdruck auf Russland aufrechterhalten, betonte Scholz. Zudem sprach er sich für eine Stärkung des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit aus. Es komme „jetzt entscheidend darauf an, klimagerechte Investitionen und Innovationen in Europa noch stärker und gezielter voranzubringen“, sagte er.

Deutschland und Europa hätten in den vergangenen zwölf Monaten schwierige Herausforderungen gemeistert. Deutschland sei es unter anderem gelungen, sich in Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine unabhängig von russischem Gas zu machen. „Trotzdem musste niemand frieren und es gab keinen wirtschaftlichen Einbruch.“ Erfahrungen, die nach Ansicht des Kanzlers, Grund zur Zuversicht bieten. „Ja, es ist möglich“, sagte Scholz. „Wir werden den großen Umbruch hinbekommen, der vor uns liegt.“

CDU/CSU: Zuversicht speist sich aus Taten

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU/CSU) warf dem Bundeskanzler in der anschließenden rund 70-minütigen Debatte vor, „den Bezug zu Realität in unserem Land“ verloren zu haben. Zuversicht könne  man nicht künstlich herbeireden, sie speise sich aus Taten. Merz nannte die Unterstützungsleistungen Deutschlands für die Ukraine unzureichend und den Umgang mit Städten und Gemeinden, die mit dem Zuzug vieler Flüchtlinge konfrontiert seien, unangemessen.

Darüber hinaus verwies auf die Konflikte innerhalb der Ampel-Koalition, etwa über den Bundeshaushalt für 2024 und das geplante Aus für Verbrenner-Autos in der EU, und kritisierte den Umgang mit dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr scharf. Für den „Skandal“, dass hieraus bisher „noch kein Euro und kein Cent“ abgeflossen seien, sei allein Scholz verantwortlich. Den Zustand der Bundeswehr könne er nicht „bei irgendeiner früheren Regierung festmachen“. Der CSU-Abgeordnete Stefan Müller nannte die Ampel eine „Streitkoalition“, die in Europa keiner mehr verstehe.

AfD wirf Bundesregierung Arbeitsunfähigkeit vor

Auch Linke und AfD sparten nicht an Kritik an der Koalition. AfD-Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla warf dem Kanzler vor, seine Regierungserklärungen „inflationär“ zu nutzen, um von der „Arbeitsunfähigkeit dieser Bundesregierung“ abzulenken.

Diese bleibe Antworten zu den Anschlägen auf die beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2 und zum Schutz kritischer Infrastrukturen schuldig und schwäche das Land durch seine Energie- und Klimapolitik. Das sie „mit aller Macht“ den Ausbau der erneuerbaren Energien durchsetzen wolle, ohne adäquaten Ersatz zu haben, sei ein „eingleisig eindimensionaler Lösungsansatz“. Zugleich kritisierte Chrupalla erneut die deutsche Unterstützung für die Ukraine.

Linke fordert Kurswechsel in der Ukraine-Politik

Die Co-Fraktionschefin der Linken, Amira Mohamed Ali (Die Linke), forderte ebenfalls einen Kurswechsel in der Ukraine-Politik und eine Abkehr von den Sanktionen gegen Russland. „Schluss mit den Sanktionen, die unsere Wirtschaft erdrosseln, aber die russische Kriegsführung nicht beeinträchtigen“, sagte sie. Auch die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine kritisierte sie als „hoch gefährlich“. Diese würden nicht zu Frieden führen, sondern nur bei den Rüstungskonzernen jeden Tag die Champagnerkorken knallen lassen.

Ali mahnte zudem eine „sozial ausgerichtete Energie- und Industriepolitik“ an. Die hohen Kosten für Lebensmittel und Energie seien trotz Staatshilfen für Bürger und Unternehmen eine große Belastung. Die Energiekosten müssten sinken, sonst würden viele Unternehmen ihre Produktion herunterfahren oder ganz einstellen und Millionen Bürgern drohe der Verlust des Arbeitsplatzes.

Grüne: Bürger von hohen Kosten für Energie entlastet

Die Redner von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP warfen der Opposition vor, die Erfolge der vergangenen zwölf Monate schlecht zu reden. „Sie schaffen es nicht anzuerkennen, was dieses Land geleistet hat“, urteilte Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) an Friedrich Merz gerichtet. So habe die Koalition 2022 mehrere hundert Milliarden Euro beschlossen, um Unternehmen und Bürger von den hohen Kosten für fossile Energien zu entlasten.

Zugleich sei Deutschland innerhalb eines Jahres unabhängig von russischem Öl und Gas geworden, habe in Rekordzeit eine neue Energieinfrastruktur aufgebaut und Ernst gemacht mit dem Ausbau von Erneuerbaren Energien. Der Union hielt Dröge vor, Sorgen und Ängste zu schüren, in der Hoffnung, „daraus kurzfristige parteipolitische Gewinne zu erzielen“. Die Union wende sich außerdem gegen alles, was dem Klimaschutz diene, ohne eigene Konzepte vorzulegen.

FDP: Koalition macht Bundeswehr endlich wieder fit

Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigte den Kurs der Bundesregierung. „Ja, wir ringen um einen Kurs, auch bei den Antrieben der Zukunft“, sagte er. Aber das sei wichtig, wenn Europa reformfähig bleiben wolle. Deutschland hatte zuletzt einen Beschluss zum Aus für neue Verbrenner verhindert, da die FDP darauf dringt, dass auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrenner zugelassen werden dürfen, wenn sie mit Ökostrom erzeugte künstliche Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, tanken.

Dürr nannte es „unanständig“, dass die Union „jetzt die Fehler ihrer eigenen Politik“, etwa bei Bildung oder Bundeswehr beklage. „Hier sitzt die Koalition, die die Bundeswehr endlich wieder fit macht“, rief Dürr den Reihen der Union entgegen. Sie sollte sich ihrer Verantwortung für die Zukunft stellen.

SPD: Ampel stellt Weichen für modernen Industriestandort

Verena Hubertz (SPD) forderte die Opposition auf, „anzupacken und nicht nur darüber zu lamentieren, was alles nicht geht“.

Die Ampel werde die Weichen für einen modernen Industriestandort Europa stellen, etwa durch die Förderung von Wasserstoff. Auch das Bundeswehrsondervermögen werde umgesetzt. (joh, 16.03.23)