Reform der Spitzensportreform: Sportfördergesetz soll kommen
Zeit:
Mittwoch, 14. Dezember 2022,
14
bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.300
Die 2016 begonnene Spitzensportreform wird reformiert. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat dazu gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) das Grobkonzept „Neue Wege gehen“ vorgelegt, dass am Mittwoch, 14. Dezember 2022, im Sportausschuss diskutiert wurde. Zentrale Bausteine des Konzeptes sind ein Sportfördergesetz sowie eine unabhängige Bundesagentur für Leistungssport.
Sachverständiger wirbt für Sportfördergesetz
Die im Zusammenhang mit der Reform der Spitzensportförderung von 2016 umgesetzten Maßnahmen hätten den Abwärtstrend insbesondere bei den Sommersportarten nicht gestoppt, sagte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester. Auch seien damit die Rahmenbedingung für die Athleten nicht ausreichend verbessert worden. „Die aktuelle Lage des deutschen Leistungssports allein an der Medaillenausbeute zu messen, wird der Komplexität des heutigen Spitzensports nicht gerecht“, sagte Burmester. Die vom BMI und dem DOSB Ende 2016 beschlossene Leistungssportreform habe aber nicht die gewünschte Kehrtwende gebracht. Der DOSB-Vorstandsvorsitzende zeigte sich überzeugt davon, dass diese Kehrtwende gelingen kann. Sie sei aber im Rahmen der bisherigen Strukturen und Leitplanken nicht zu bewerkstelligen.
Burmester warb für ein Sportfördergesetz, auf dessen Basis dem organisierten Sport und seinen Akteuren ein verlässlicher Rahmen für die Entwicklung im Leistungssport geboten werde. Das Gesetz bilde ebenso den Rahmen für die erforderliche unabhängige Agentur für Leistungssport. In dieser Bundesagentur lägen sportfachliche Steuerung und Förderung des Leistungssports erstmalig in einer Hand. Diese Steuerungsinstanz müsse komplett sportfachlich ausgerichtet sein, so Burmester. Sie müsse sportfachliche Prozesse mit der Vergabe von Fördermitteln in Einklang bringen, „und aus einer Hand umsetzen“.
BMI-Staatssekretär: Wir wollen ein Sportfördergesetz
„Wir wollen ein Sportfördergesetz“, bestätigte BMI-Staatssekretär Mahmut Özdemir (SPD). Das Gesetz werde verfassungskonform sein und sich auf die Spitzensportförderung konzentrieren, sagte er auf Nachfrage.
„Die derzeitigen Insellösungen wollen wir durch ein Sportfördergesetz zu einem wirkmächtigen Instrument zusammenbinden“, so der BMI-Staatssekretär. Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten würden dabei eindeutig geregelt.
„Stärker an Bedürfnissen der Athleten ausrichten“
Die Sportlervertretung Athleten Deutschland stehe bereit, sich mit allen Kräften in die anstehenden Prozesse miteinzubringen, sagte der Geschäftsführer des Vereins, Johannes Herber. „Die Reform der Reform kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten bereit sind, Glaubenssätze und Wirkungsannahmen ernsthaft zu prüfen und sich auch schmerzhaften Diskussionen zu stellen“, betonte Herber.
Das Spitzensportsystem müsse stärker an den Bedürfnissen der Athleten ausgerichtet werden, verlangte er. Die Förderung müsse also die unterschiedliche Ausgangssituation der Athleten „differenziert in den Blick nehmen“. Das gelte für die sportliche wie auch die berufliche Entwicklung.
Wirksamkeitsanalyse von Zentralisierung
Maximilian Klein, Direktor Sportpolitik und Strategie bei Athleten Deutschland, forderte eine Stützpunkt-Evaluation. „Wir brauchen eine Wirksamkeitsanalyse von zentralisierten Einrichtungen.“ Zentralisierung dürfe nicht als Zwangsmaßnahme stattfinden, machte er deutlich. Athleten müssten die Möglichkeit haben, die Stützpunkte zu bewerten. Sie müssten zudem mit Kaufkraft ausgestattet werden, „damit die Angebotsstruktur steigt“. Unterstützt werden müssten auch jene Athleten, die nicht an zentralisierten Stützpunkten trainieren wollten. Für diejenigen, die dezentrale Insellösungen anstreben, brauche es ein Innovationsbudget, um die Chancengleichheit zu erhöhen.
Ein Athletengeld kann laut Klein auch dazu dienen, die Attraktivität von dualen Karrieren im Vergleich zu Sportförderstellen anzugleichen. Einkommenserhöhungen sollten abhängig davon seien, ob duale Karrierewege angestrebt werden.
„Erneuter Anlauf ist notwendig und überfällig“
Aus Sicht des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) ist der erneute Anlauf, die Leistungssportreform zu reformieren, „notwendig und überfällig“, sagte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher. Sehr viel werde davon abhängen, inwieweit sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel verständigen können.
Welchen Spitzensport Deutschland will, was die Gesellschaft bereit ist, dafür zu investieren und an welchen Kriterien sich Erfolg bemisst, seien zentrale Fragen, die es zu beantworten gelte, sagte Beucher. Auch gelte es eine von allen Seiten akzeptierte Definition dafür zu finden, was der Begriff der „Steuerung des deutschen Spitzensports“ zum Inhalt hat und welche Institution das gewährleisten kann.
Antrag der Union
Auf der Tagesordnung des Gremiums standen darüber hinaus der Nachbericht des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zum Bewegungsgipfel und ein Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „Sport als Prävention – Mehr Bewegung für ein gesünderes Leben“ (20/4666). Darin fordern die CDU/CSU-Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem dazu auf, eine konzertierte Aktion im Sport zu initiieren, um alle Stakeholder aus den Bereichen Sport und Gesundheit zur Stärkung von Sport und Prävention einzubinden. Dazu zählen die Antragsteller Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Vereine und Wissenschaft.
Darüber hinaus verlangt die Fraktion, sich bei den Ländern dafür einzusetzen, dass der Sport im Schulunterricht den „gebotenen Stellenwert“ erhält, womit die Union zum Beispiel die Garantie einer dritten Sportstunde in jeder Unterrichtswoche meint. Um vor allem junge Menschen zu motivieren, solle sich die Bundesregierung auch dafür einsetzen, dass Sportgroßveranstaltungen in Deutschland stattfinden. Zudem seien Präventionsangebote stärker zu vernetzen, die vom Deutschen Bundestag beschlossene Nationale Diabetesstrategie umzusetzen und eine Nationale Adipositas-Strategie zu implementieren. (irs/mis/14.12.2022)