Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 10. November 2022, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Statistik: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Statistikregistergesetzes vor (20/4225) vorgelegt. Darin heißt es, durch EU-Vorgaben der sogenannten EBS-Verordnung (European Business Statistics) seien Anpassungen des Statistikregistergesetzes (StatRegG) sowie des Verwaltungsdatenverwendungsgesetzes (VwDVG) notwendig geworden. Der Entwurf sieht zudem vor, Anpassungen am Gesetz über die Preisstatistik (PreisStatG), am Bundesstatistikgesetz (BStatG) sowie am Unternehmensbasisdatenregistergesetz (UBRegG) vorzunehmen. Bislang würden im StatRegG ausschließlich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus dem Unternehmensregister übermittelt. Mit der Änderung des Gesetzes sollen künftig auch die Zahlen zu den abhängig Beschäftigten und den geringfügig entlohnten Beschäftigten übermittelt werden können. Die Anpassung des VwDVG sei notwendig, um die Befugnisse und Pflichten der Deutschen Bundesbank zur Übermittlung von Daten an das Statistische Bundesamt entsprechend auszuweiten. In der bisherigen Fassung des PreisStatG führe der Wortlaut der Regelung zur Erhebung und Übermittlung von Transaktionsdaten, etwa Daten von Scannerkassen im Handel, zu „uneinheitlicher Auslegung“, so die Bundesregierung. Zudem sei gesetzlich nicht definiert, welche Daten für Revisionen angefordert werden dürfen. Im UBRegG und BStatG sehen die Änderungen eine Korrektur vor, beziehungsweise gründen sich auf die Normenklarheit. Mit der Vorlage befasst sich der Wirtschaftsausschuss federführend.
Bildung und Forschung: Die Fraktion Die Linke hat dem Bundestag einen Antrag mit dem Titel „Planbarkeit und Verbindlichkeit in den Programmlinien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sicherstellen“ (20/4306) vorgelegt. Die federführende Beratung der Vorlage übernimmt der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Die Linkenfraktion kritisiert darin den Umgang der Bundesregierung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. In einem Antrag sprechen die Abgeordneten von „mangelnder Wertschätzung für eine Berufsgruppe, die ohnehin von einem hohen Maß an befristeten Beschäftigungsverhältnissen, Planungsunsicherheit und Prekarität betroffen ist, aber wichtige Beiträge zu Innovation, Resilienz und Nachhaltigkeit unserer Gesellschaft leistet“. Dabei haben sie vor allem die Leitung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Blick, deren Umgang mit Projektförderung in den vergangenen Monaten unter Forscherinnen und Forschern und Antragstellerinnen und Antragssteller zu Erschütterung und einem schweren Vertrauensverlust geführt hätten. So seien Forschungsprojekte, für die bereits positive Begutachtungen vorlagen und die auf Grundlage der bisherigen Förderpraxis gute Aussichten auf Förderung hatten, kurzfristig und für die Betroffenen überraschend komplett aus der Förderung genommen worden, verspätet zur Förderung zugelassen worden oder hätten nur reduzierte Förderbeträge erhalten. Vor diesem Hintergrund fordert die Linksfraktion die Bundesregierung auf, bei der Bearbeitung von Anträgen auf Forschungsförderung des BMBF für einen fairen, berechenbaren und transparenten Umgang mit Forschern und Projektbeteiligten zu sorgen. Dazu gehörten unter anderem die Setzung, Bekanntgabe und verlässliche Einhaltung realistischer Fristen zu Antragstellungen, -begutachtungen und -bewilligungen; eine Vereinfachung der technischen und administrativen Aspekte der Projektausschreibungen und Antragstellung, um Zeit und Ressourcen bei der Antragstellung sparen zu helfen; die klare und frühzeitige Information über Veränderungen an Usus und Prozedere der Verfahren zur Projektbearbeitung und -bewilligung. Zudem sollten die Projektträger finanziell und personell der Komplexität der Ausschreibungen, Verfahren und notwendigen Kommunikation entsprechend ausgestattet werden.
Vereinsrecht: Die CDU/CSU-Fraktion will die Möglichkeit für digitale Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht verankern. Ein dazu von der Fraktion vorgelegter Gesetzentwurf (20/4318) wird im Rechtsausschuss federführend beraten. Der Entwurf entspricht in der Ausgestaltung der Regelung einem bereits eingebrachten Entwurf des Bundesrates (20/2532). Konkret schlägt die Fraktion vor, eine entsprechende Sonderregelung, die während der Corona-Pandemie durch das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19- Pandemie“ eingeführt worden war, in modifizierter Form beizubehalten. Dazu soll der Paragraf 32 Bürgerliches Gesetzbuch um folgenden Absatz 1a ergänzt werden. „Der Vorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen und Mitgliederrechte auf diesem Wege ausüben können.“ Abweichend von der Sonderregelung während der Corona-Pandemie soll es damit dem Vorstand nicht möglich sein, die Mitglieder zu einer Teilnahme auf diesem Weg zu verpflichten.
Bundesbau: Die Bundesregierung will nach eigenem Bekunden den Bundesbau schneller und effizienter machen. Ein dazu dem Plenum vorgelegter Gesetzentwurf zur Modernisierung des Bundesbaus (20/4284) wird federführenden im Haushaltsauschuss beraten. „Der Bundesbau bedarf einer Neuaufstellung und Vereinfachung, um den bestehenden und künftigen Herausforderungen, etwa der energetischen Modernisierung des Gebäudebestandes auf dem Weg zur klimaneutralen Bundesverwaltung, den wachsenden Bedarfen an Bundesbauten und dem Werterhalt, gerecht zu werden“, wird zur Begründung ausgeführt. Konkret plant die Bundesregierung, die Zuständigkeit für den Bundesbau der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu übertragen. Sie soll sich zur Durchführung ihrer Aufgaben der Bauverwaltungen der Länder sowie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) bedienen. Die BImA soll die Aufgabe mit mehr „Eigenständigkeit und Eigenverantwortung“ wahrnehmen. Dazu soll die ministerielle Steuerung auf die Rechtsaufsicht beschränkt und der Verwaltungsrat „als Beschlussorgan mit neuen Aufgaben und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet und damit aufgewertet“ werden. Auch die Aufsicht über das BBR soll verschlankt werden. „Die gesetzlich festgelegte Zuständigkeit des BBR zur Durchführung der zivilen Bauangelegenheiten des Bundes nach dem Gesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung bleibt unberührt“, heißt es im Entwurf. Gleiches gelte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung für den militärischen Bundesbau und des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für den Zuwendungsbau, den Gaststreitkräftebau, für Nationale Gedenkstätten und Denkmale.
Telematik-Infrastruktur: Ein Antrag der AfD mit dem Titel „Neubewertung der Notwendigkeit des Austausches der Konnektoren zur Anbindung an die Telematik-Infrastruktur wegen Ablauf des Krypto-Zertifikats“ (20/4322) wird federführend im Gesundheitsausschuss beraten. Die AfD-Fraktion fordert darin eine Neubewertung der Notwendigkeit des Austausches der Konnektoren zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen. Derzeit seien rund 130.000 Kliniken und Arztpraxen in Deutschland an die TI angeschlossen, deren Krypto-Zertifikate in diesem beziehungsweise den nächsten Jahren ausgetauscht werden müssten, heißt es in dem Antrag der Fraktion. Die Kosten dafür würden mit bis zu 300 Millionen Euro angesetzt. Da für die Anbindung an die TI 2.0 ab 2025 keine Konnektoren mehr notwendig seien, stelle sich die Frage, ob tatsächlich alle Konnektoren ausgetauscht werden müssten oder ob die Krypto-Zertifikate kostengünstig verlängert werden könnten. Die zuständige Gematik GmbH solle nach Ansicht der Abgeordneten zu einer Neubewertung der Situation und einer Alternativprüfung zum Konnektorentausch veranlasst werden.
Holzenergie: Ein Antrag der AfD mit dem Titel „Heimische Holzenergie mobilisieren – Importabhängigkeit des deutschen Wärmemarktes reduzieren“ (20/4323) wird federführend im Landwirtschaftsausschuss beraten. Die AfD-Fraktion fordert ein Konzept zur Nutzung von Holz als Energieträger. Laut ihrem Antrag sollen Bund und Länder vor allem für Besitzer von Klein- und Kleinstprivatwäldern Maßnahmen erarbeiten, wie der nachwachsende Energieträger Holz effektiver als bisher zu nutzen sei. Dafür sei auf Flächenstilllegungen mit Nutzungsverzicht zu verzichten, zudem solle im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine unbürokratische Holzbauoffensive gestartet werden, die Haushaltmittel für den Waldumbau und die Wiederaufforstung sollen deutlich erhöht werden.
Altersvorsorge: Ein Antrag der AfD mit dem Titel „Abbau von Steuerhindernissen bei der Altersvorsorge“ (20/4324) wird im Finanzausschuss federführend beraten. Die Bundesregierung soll demnach einen Gesetzentwurf vorlegen, damit Kursgewinne von der Kapitalertragsteuer freigestellt werden, wenn die Wertpapiere länger als ein Jahr gehalten werden. Außerdem fordert die AfD-Fraktion die Anhebung des Sparerpauschbetrages von derzeit 801 Euro pro Person auf 3.000 Euro. Mit diesen Maßnahmen sollen Steuerhindernisse bei der Altersvorsorge abgebaut werden. Die Anlage in Aktien und festverzinslichen Wertpapieren sowie in Sparvermögen müsse deutlich attraktiver werden, fordern die Abgeordneten. Die Bürger sollten nicht durch steuerliche Belastungen - wie derzeit durch die Abgeltungsteuer - von der Vermögensanlage abgehalten werden. Gerade die Geldanlage in Aktien sei eine indirekte Anlage in Sachwerten und somit eine wirksame Möglichkeit, die Folgen der Inflation abzumildern. Die Wiedereinführung der Steuerfreiheit von Kursgewinnen bei Kapitaleinkünften ermögliche es Sparern, langfristig Vermögen für die Altersvorsorge aufzubauen. Eine Erhöhung der Sparerfreibetrages mindere steuerliche Belastungen und biete Anreize für Sparer, vermehrt in Wertpapiere beziehungsweise Aktien zu investieren.
Flut 2021: Ein weiterer Antrag der AfD trägt den Titel „Flutopfer von 2021 nicht im Stich lassen - Antragsfristen für Wiederaufbau-Fonds zügig verlängern“ (20/4325). Die Vorlage wird federführend im Finanzausschuss beraten. Demnach sollen die Antragsfristen für Hilfen zum Wiederaufbau im Ahrtal um zunächst ein Jahr verlängert werden. Im Antrag heißt es, dass die Anträge von den Geschädigten durch die Flut im Ahrtal spätestens bis zum 30. Juni 2023 gestellt werden müssten. Die Frist sei jedoch problematisch. In vielen Fällen seien die Vorbereitungen für die Antragstellung noch nicht abgeschlossen. Gründe seien nach Angaben von lokalen Politikern unter anderem der Fachkräftemangel im Baugewerbe und Lieferengpässe, aber auch baurechtliche und vergaberechtliche Hürden. Den Flutopfern müsse unbedingt die Möglichkeit gegeben werden, ihre Heimat sowie ihre Existenzen wieder aufzubauen, fordert die AfD-Fraktion.
Moldau: Die Koalitionsfraktionen setzen sich für die andauernde Unterstützung des EU-Beitrittskandidaten Moldau ein und haben dazu einen Antrag (20/4332) vorgelegt, der zur federführenden Beratung an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen wurde. „Seit dem völkerrechtswidrigen und brutalen Überfall Russlands am 24. Februar 2022 auf die Ukraine und imperialistischen Äußerungen der russischen Staatsführung mit Blick auf die Nachbarländer Russlands sieht sich die Republik Moldau in ihrer Sicherheit bedroht“, schreiben die Abgeordneten. Die Sorgen Moldaus seien begründet und nachvollziehbar. Gleichzeitig habe das Land seit der Wahl Maia Sandus zur Staatspräsidentin 2020 die Forderungen aus der Bevölkerung nach demokratischen und rechtsstaatlichen Reformen und einer Überwindung von Korruption und Vetternwirtschaft aufgegriffen, „einen mutigen und ambitionierten Reformkurs eingeschlagen und sich der Europäischen Union weiter angenähert“. Daneben soll sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine Modernisierung des Beitrittsprozesses durch Teilnahme an attraktiven Zwischenschritten einsetzen sowie Moldau direkte, zweckgebundene Budgethilfen für die Überwindung kurzfristiger Herausforderungen in Aussicht stellen. Weitere Forderungen zielen unter anderem auf die Verringerung der Energieabhängigkeit von Russland, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Mobilisierung von Investitionen etwa im Rahmen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie auf die Hilfe für Geflüchtete in Moldau und hier insbesondere den Schutz von Frauen und Kindern. Außerdem soll sich die Bundesregierung für eine Fortsetzung des Dialoges rund um die Frage der territorialen Integrität der Republik Moldau bezüglich der transnistrischen Region einsetzen und dabei insbesondere die OSZE-Mission in der Republik Moldau sowie direkte Kontakte zwischen der Regierung und dem transnistrischen Landesteil unterstützen.
Pflegeausbildung: Die Unionsfraktion fordert eine Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung. Die Anforderungen an das Pflegefachpersonal seien bereits hoch und würden weiter steigen. Das mache eine praxisorientierte hochschulische Ausbildung von Pflegefachkräften erforderlich, heißt es in einem Antrag der Fraktion (20/4316), der zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen wurde. Darin schlagen die Abgeordneten eine Ausbildungsvergütung analog zur beruflichen Pflegeausbildung vor, um die Attraktivität des Studiengangs zu steigern. Außerdem sollte die Übernahme der Refinanzierung der Praxisanleitung in den Einrichtungen analog zur berufsfachschulischen Ausbildung gesetzlich geregelt werden, um die praktische Ausbildung der Studenten abzusichern und die Bereitschaft der Einrichtungen zu steigern, akademische Pflegefachkräfte auszubilden.
Sport: Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung dazu auf, klarzustellen, wie und vor allem in welcher konkreten Höhe sie den Sport in der Energiekrise zu unterstützen beabsichtigt. In einem Antrag mit dem Titel „Energiekrise – Der Sport darf nicht allein gelassen werden“ (20/4317) fordern die CDU/CSU-Abgeordneten die Ampelkoalition zudem auf, dieses Thema auch auf dem von der Bundesregierung offenbar für den Dezember 2022 geplanten „Bewegungsgipfel“ zu erörtern, da dessen Beschlüsse nur Wirkung entfalten könnten, wenn im Winter die entsprechende Sportinfrastruktur zur Verfügung stehe. Nötig sei es, Energiesparkonzepte zu schaffen beziehungsweise die bestehenden Konzepte gegebenenfalls zu überarbeiten, um deren Wirksamkeit zu gewährleisten, und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Hallenbäder zu richten, „damit die Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen durch Schließungen aufgrund der Energiekrise nicht noch stärker beeinträchtigt wird.“ Zur Begründung des Antrags führt die Unionsfraktion an, die Energiekrise präge aktuell das Leben im privaten wie im wirtschaftlichen Bereich – und auch im Sport. Zahlreiche Sportverbände und Vereine litten akut unter der Energiekrise und den damit verbundenen enormen Kostensteigerungen. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Sportausschuss überwiesen.
(irs/eis/ste/hau/10.11.2022)