Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 22. September 2022, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:
Ceta-Abkommen: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf „zu dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (Ceta) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits“ vom 30. Oktober 2016 eingebracht (20/3443). Federführend wird der Wirtschaftsausschuss die Vorlage weiterberaten.
Gewerbeordnung: Ebenfalls an den Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde ein Gesetzentwurf, mit dem die Bundesregierung Anpassungen an der Gewerbeordnung, der Handwerksordnung und dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz vornehmen möchte (20/3067). Demnach sollen unter anderem in einem neuen Paragrafen 11 der Gewerbeordnung die Vorgaben der Versicherungsvertriebsrichtlinie über die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern geregelt werden. Weiterhin soll die momentan noch bis zum 31. Dezember 2022 befristete Erlaubnis für die erleichterte Durchführung von Sitzungen der Gremien und Organe der Handwerksorganisationen in der Handwerksordnung verlängert werden. Als dritte Änderung sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Rechtssprechungsaufgaben im Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz künftig bei einem Senat konzentriert werden sollen.
Güterrechtsregister: Die bei den Amtsgerichten geführten Güterrechtsregister sollen nach dem Willen der Bundesregierung abgeschafft werden. Die Register, „in die auf Antrag von Ehegatten Eintragungen über deren güterrechtliche Verhältnisse vorgenommen werden, sind weitgehend funktionslos geworden“, heißt es in dem dazu vorgelegten Gesetzentwurf (20/2730), der federführend im Rechtsausschuss beraten wird. Der Aufwand für die überwiegend in Papierform vorgenommene Führung der Register stünde in keinem Verhältnis mehr zu der „geringen rechtlichen und schwindenden praktischen Bedeutung“, führt die Bundesregierung weiter aus. Die Abschaffung diene damit dem Bürokratieabbau. Zur Umsetzung sollen laut Entwurf die Paragrafen 1558 bis 1563 des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgehoben werden.
Agrarstatistikgesetz: Die Bundesregierung will das Agrarstatistikgesetz ändern. Ihr Gesetzentwurf (20/3445) wird im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft federführend beraten. Darin heißt es, die Änderungen werden nötig, weil auf EU-Ebene neue Anforderungen an das Agrarstatistikgesetz entstanden seien. Zur Anpassung an die neuen unionsrechtlichen Anforderungen sei die Erweiterung der Agrarstrukturerhebung um Merkmale in den Bereichen Bewässerung, Bodenbewirtschaftungspraktiken sowie Maschinen und technische Einrichtungen vorgesehen. Nationaler Datenbedarf, dem mit der Änderung des Agrarstatistikgesetzes entsprochen werden solle, ergebe sich in den Bereichen der Flächenerhebung, des Torfabsatzes sowie der Erhebung in forstlichen Erzeugerbetrieben. Zur Entlastung der Auskunftspflichtigen würden in der Agrarstrukturerhebung 2023 unter anderem die Merkmale zur Hofnachfolge, zur Art der Gewinnermittlung und zur Form der Umsatzbesteuerung, zu Tierhaltungsverfahren, zum Wirtschaftsdüngermanagement und zur Ausbringung von mineralischen und organischen Düngemitteln entfallen.
Finanzausgleichsgesetz: Die Bundesregierung will mit einem Gesetzentwurf finanzielle Zusagen an die Bundesländer umsetzen. Ihr Gesetzentwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, des Stabilitätsratsgesetzes sowie weiterer Gesetze (20/3446) sieht unter anderem vor, im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat den Ländern durch den Bund über eine Verringerung des Umsatzsteueranteils des Bundes im Jahr 2022 weitere 110 Millionen Euro zukommen zu lassen. 2019 waren den Ländern bereits 110 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, um rund 2.000 Stellen für Richter und Staatsanwälte zu schaffen. Inzwischen seien 2715,85 Stellen besetzt worden. Weitere 350 Millionen Euro werden über eine Verringerung des Bundesanteils an der Umsatzsteuer den Ländern im Rahmen des Pakts für öffentlichen Gesundheitsdienst zur Verfügung gestellt. Die vereinbarten Voraussetzungen seien durch die Länder geschaffen worden. Die federführende Beratung des Gesetzentwurfs übernimmt der Haushaltsausschuss.
Immissionsschutz: Die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis/90 Die Grünen und FDP wollen das Bundes-Immissionsschutzgesetz ändern. Angesichts der gegenwärtigen Gaskrise sollen Betreiber von Kraftwerken oder Abfallbehandlungsanlagen künftig von Vorgaben beim Lärm- und Luftschutz abweichen dürfen, heißt es in einem entsprechenden Gesetzentwurf (20/3498). Ziel sei eine „zügige Durchführung von Verfahren“, schreiben die Fraktionen. Um Abläufe zu beschleunigen, seien zeitlich befristete Verfahrenserleichterungen erforderlich. Konkret sieht der Entwurf im Fall einer Gasmangellage unter anderem Sonderregelungen zur Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen bestimmter Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) vor. So sollen bei einem Brennstoffwechsel durch Gasknappheit zum Beispiel Fristen zu Bekanntmachung verkürzt werden. Auch ist geplant, im Fall einer Gasmangellage auf Anzeige und Änderungsgenehmigung beim Brennstoffwechsel zu verzichten. Auch Abweichungen von der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft und ein Überschreiten von Immissionsrichtwerten der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm sollen zulässig sein, wenn infolge einer Gasmangellage unter anderem ein Brennstoffwechsel erforderlich ist oder die nötigen Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen, heißt es im Entwurf, der zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz überwiesen wurde.
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf „zur weiteren Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019 / 1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010 / 18 / EU des Rates“ eingebracht (20/3447). Die federführende Beratung der Vorlage übernimmt der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Umsetzung der Richtlinie werden im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz sowie im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verschiedene Änderungen vorgenommen: Arbeitgeber, die den Wunsch eines Elternteils, die Arbeitszeit in der Elternzeit zu verringern oder zu verteilen, nicht entsprechen, werden verpflichtet, ihre Entscheidung zu begründen. Arbeitgeber in Kleinbetrieben werden verpflichtet, Beschäftigten, die den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegzeitgesetz beantragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zugang des Antrages zu antworten. Im Fall einer Ablehnung des Antrags ist diese zu begründen. Für Beschäftigte in Kleinbetrieben, die mit ihrem Arbeitgeber eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz vereinbaren, wird geregelt, dass sie die Freistellung vorzeitig beenden können, wenn die oder der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege der oder des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist. Außerdem soll ein Kündigungsschutz für die Dauer der vereinbarten Freistellung eingeführt werden. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll für Fragen im Zusammenhang mit Diskriminierungen, die unter diese Richtlinie fallen, zuständig sein.
Patientenberatung: Die Patientenberatung muss nach Ansicht der Linksfraktion umgestaltet und verbessert werden. In der komplexen Gesundheits- und Pflegeversorgung fehle vielen Patienten die nötige Orientierung, heißt es in einem Antrag (20/2684), der zur weiteren Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen wurde. Wichtig seien demnach Beratungsangebote, beispielsweise zu Leistungsansprüchen, Pflegegraden, Krankengeld oder möglichen Behandlungsfehlern. Die bestehenden Beratungsangebote seien teilweise schlecht erreichbar oder nicht ausreichend bekannt. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) sollte nach den Vorstellungen der Abgeordneten in eine selbstverwaltete, von direkter Einflussnahme durch Krankenkassen, Leistungserbringer, Wirtschaft und Politik unabhängige Institution, etwa eine Stiftung privaten Rechts, überführt werden. Die UPD sollte dabei aus Steuermitteln dauerhaft mit 20 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden. Die Linke schlägt außerdem vor, Patientenberatung und Pflegeberatung zusammenzuführen und Patientenlotsen beziehungsweise das sogenannte Case Management als eigenen Anspruch nach dem Sozialgesetzbuch (SGB V) für Menschen mit komplexem Behandlungsbedarf zu formulieren.
Abgesetzt: Fußball-WM 2022 in Katar: Ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Die Fußball-WM 2022 in Katar – Eine Sportgroßveranstaltung in einem Land trotz prekärer Menschenrechtssituation“ wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Die Vorlage sollte federführend im Sportausschuss beraten werden.
Schrems II Urteil: Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, die bestehende Rechtsunsicherheit für deutsche Unternehmen beim Datenschutz nach der die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Rechtssache C311 / 18 (Schrems II) zu beseitigen. Das fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (20/3540), der federführend im Wirtschaftsausschuss beraten wird. Zudem solle verhindert werden, dass die Datenverarbeitung deutscher Unternehmen erheblich blockiert wird. Um das zu erreichen, solle sich die Bundesregierung unter anderem dafür einsetzen, dass die nationalen Datenschutzaufsichtsbehörden „zeitnah einheitliche Informationen zum Datenschutzniveau in Drittstaaten erstellen, damit Unternehmen und Behörden im Einzelfall nicht prüfen müssen, ob das Schutzniveau ausreichend ist und somit bürokratische Hürden beseitigt werden.“ Die Abgeordneten fordern zudem eine größere Verbreitung der europäischen Cloud-Infrastruktur GaiaX, „vor allem auch durch die Nutzung für öffentliche Verwaltungsdaten“.
Bürokratieabbau: Ein „umfangreiches und effektives Bürokratieabbauprogramm“ fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (20/3535), der ebenfalls im Wirtschaftsausschuss beraten wird. Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsabläufe und Planungsverfahren auf nationaler Ebene, genauso wie Normen auf europäische Ebene, sollen verschlankt werden, fordern die Abgeordneten. Ebenso sollen die Abläufe auf Ineffizienz, unnötige Kostentreiberei und Unverhältnismäßigkeit überprüft werden. Weiter heißt es in dem Antrag, dass EU-Normen durch die Bundesregierung „gründlich“ begleitet, überprüft und moderiert werden sollen, um im Sinne der Wirtschaftlichkeit für Unternehmen, den Mittelstand und der Industrie „eine weitere Bürokratisierung zu verhindern“.
(irs/ste/23.09.2022)