Özdemir will „ausgewogene Lösung“ bei Pflanzenschutzmitteln
Pläne der Europäischen Kommission, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, haben in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 21. September 2022, besorgte Fragen von Abgeordneten ausgelöst. Bundesernährungs- und -landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln müsse reduziert werden. Er betonte allerdings, dass es sich bislang nur um einen Entwurf aus Brüssel handele, bei dem er Verbesserungsbedarf sehe. Beispielsweise müsse man sich die Flächenkulisse genau anschauen und ob in der Vergangenheit erzielte Reduzierungen einbezogen werden. Auch dürfe es keine übermäßige Bürokratie geben.
Minister: Dinge mit Maß und Mitte machen
Die FDP-Abgeordneten Carina Konrad und Dr. Christoph Hoffmann wiesen auf die Befürchtungen von Winzern in ihren Wahlkreisen hin, der stellvertretende Vorsitzende des Agrarausschusses Dr. Gero Hocker (FDP) meinte gar, die Vorschläge des EU-Klimaschutzkommissars Frans Timmermans seien „vollständig aus der Zeit gefallen“. Der CSU-Abgeordnete Artur Auernhammer fragte nach den Auswirkungen auf Bauernfamilien und sein Landesgruppenkollege Max Straubinger wollte wissen, ob es nicht besser und klüger wäre, neue Wirkstoffe schneller zuzulassen.
Özdemir betonte, er setze sich für eine „ausgewogene Lösung“ ein. Es gebe einen dramatischen Artenschwund, andererseits wolle man nicht „über das Ziel hinausschießen“. Das Beispiel Dänemark zeige, dass man den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nennenswert reduzieren könne, ohne dass Erträge leiden müssen. „Ich versuche, die Dinge mit Maß und Mitte zu machen“, sagte der Minister.
„Verlässlichkeit und Planungssicherheit für Landwirte“
In seinem Eingangsstatement hatte der Minister auf die „Notwendigkeit“ hingewiesen, das Tierwohl zu verbessern und die Tierhaltung zu verändern. Tierhaltung sei nur zukunftsfest, wenn sie zum Schutz von Klima und Natur beitrage. Die Landwirte brauchten Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Özdemir kündigte ein Tierhaltungskennzeichen an, das Transparenz schafft, Änderungen im Bau- und Genehmigungsrecht, bessere Regelungen für den Tierschutz und die Unterstützung der Landwirte bei Investitionen in Höhe und den laufenden Betrieb.
Der CDU-Abgeordnete Albert Stegemann fragte den Minister angesichts des Anstiegs bei den Lebensmittelpreisen um 22,3 Prozent, was aus seinem Vorschlag einer Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel geworden sei. Der Vorschlag habe keine Mehrheit gefunden, räumte Özdemir ein. Im dritten Entlastungspaket würden jedoch auch Landwirte entlastet. Eine Deckelung der Energiepreise würde die Kaufkraft der Verbraucher stärken und ihnen ermöglichen, Geld für hochwertige Lebensmittel auszugeben.
Ernährungsstrategie der Bundesregierung
Zur Frage der SPD-Abgeordneten Peggy Schierenbeck nach der Ernährungsstrategie der Bundesregierung sagte der Minister, in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt müsse es möglich sein, dass alle ein vollwertiges, gesundes Essen bekommen. Auf 35 Milliarden Euro, die die Krankenkassen aufgrund von Fehlernährung als Krankheitsursache ausgeben, wies Renate Künast (Bündis 90/Die Grünen) hin. Özdemir nannte als zentrale Ziele seiner Strategie eine pflanzenbetonte Ernährung, die Reduktion von Zucker, Fett und Salz sowie von Lebensmittelverschwendung und die Förderung der Gemeinschaftsverpflegung, etwa in Kantinen. Er sei darüber im Gespräch mit den Krankenkassen.
Auf die Frage der Linken-Abgeordneten Ina Latendorf, ob geplant sei, die Werbung für Lebensmittel zu verbieten, die für Kinder ungesund sind, entgegnete Özdemir, er habe fest vor, derartige Werbung einzuschränken und wenn möglich zu verbieten.
Probleme der Düngemittelproduktion
Die Probleme mit der Düngemittelproduktion und den Mangel an dem Dieselzusatz Ad Blue sprach Stephan Protschka (AfD) an. Özdemir sagte, Engpässe seien für 2023 nicht abzusehen. Die Entwicklung hänge vom Fortgang des Krieges in der Ukraine ab. Der Einsatz von Düngemitteln müsse reduziert, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern beendet werden. Die Ernährungssicherung bezeichnete der Minister als „systemrelevant“. Die Lebensmittelindustrie leiste ihren Beitrag zur Energieeinsparung, „dass wir gut durch den Winter kommen“.
Hier hakte der AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Kraft nach: Die Systemrelevanz der Lebensmittel hänge an den Düngemitteln, diese wiederum an der Ammoniakproduktion und diese an der Energieversorgung. Özdemir nannte den Füllstand der Gasspeicher von 90 Prozent eine „gute Nachricht“: „Wir werden durch diesen Winter gemeinsam solidarisch kommen. Es wird keinen erfolgreichen Erpressungsversuch Putins gegenüber Deutschland geben.“ (vom/21.09.2022)