Umweltministerium will 2023 mehr investieren
Scharfe Kritik trotz steigendem Etat – die musste sich Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) am Dienstag, 6. September 2022, bei der Einbringung des Etatentwurfs des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefallen lassen. Die Opposition monierte falsche Schwerpunkte und hielt der Ministerin vor, insbesondere in der Verbraucherschutzpolitik zu wenig sichtbar zu sein. Auch für Umwelt- und Naturschutz werde nicht genügend Geld eingeplant.
Investitionen sollen steigen
Dabei kann das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz den Planungen für den Bundeshaushalt 2023 (20/3100) zufolge mit einem leicht erhöhten Budget rechnen. Der Einzelplan 16 enthält geplante Ausgaben von 2,44 Milliarden Euro im Vergleich zu 2,17 Milliarden Euro in 2022. Insbesondere die Investitionen sollen im kommenden Jahr von 1,18 Milliarden Euro auf 1,41 Milliarden Euro steigen.
Für den Umweltschutz sollen 347,57 Millionen Euro ausgegeben werden können. 22 Millionen Euro sind hiervon für den nationalen Meeresschutz eingeplant, 5,74 Millionen Euro für Hochwasserschutz und eine „klimawandelgerechte Wasserversorgung“. Zwei Millionen sollen für das neue Förderprogramm „Reparieren statt Wegwerfen“ bereitgestellt werden.
Mehr als die Hälfte des Budgets für Lagerung radioaktiver Abfälle
Für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle sind im kommenden Jahr 1,16 Milliarden Euro (2022: 991,44 Millionen Euro) vorgesehen. Für den Naturschutz soll das Ministerium im nächsten Jahr 153,58 Millionen Euro (2022: 127,07 Millionen) ausgeben dürfen. Der Schwerpunkt ist der Bundesnaturschutzfonds, für den allein rund 118,45 Millionen Euro (2022: 91,85Millionen Euro) bereitgestellt werden sollen. Für die Verbraucherpolitik schließlich sind 40,78 Millionen Euro (2022: 40,9 Millionen Euro) vorgesehen.
Der größte Posten umfasst die Zuschüsse für die Vertretung der Verbraucher mit 25,91 Millionen Euro, wobei allerdings der Zuschuss für die Stiftung Warentest von 970.000 Euro im laufenden Jahr auf 490.000 Euro im nächsten Jahr sinken soll.
Lemke: Regierung schützt Verbraucher in der Krise
Lemke hatte in ihrer Rede zu Beginn der Debatte zunächst das gerade von der Ampel beschlossene Hilfspaket mit seiner Kombination aus Strompreisbremse, Kündigungsschutz für Mieter und finanziellen Entlastungen als „wirklich gut“ bezeichnet. Auch die aus Sicht des Verbraucherschutzes so essentielle Versorgungssicherheit sei in der gegenwärtigen Situation gewährleistet.
Gleichzeitig stellte sich die Ministerin gegen Forderungen, die Laufzeiten der verbliebenen Atomkraftwerke zu verlängern. Das sei „unverantwortlich“. Die Atomkraft bleibe eine Hochrisikotechnologie, so Lemke und verwies auf die gefährliche Lage im umkämpften ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja sowie auf die aktuellen Probleme der Kernkraftnutzung in Frankreich.
Vier Milliarden für natürlichen Klimaschutz
Angesichts der jüngsten Umweltkatastrophe am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder mahnte die Ministerin ein „Umdenken“ im Umgang mit Flüssen und Gewässern an: Durch den Klimawandel änderten sich diese rapide, die Gefahren durch chemische Einleitungen und den Ausbau wüchsen.
Der Dürresommer habe gezeigt, wie wichtig es sei, „Wasser in der Landschaft zu halten und in Städten zu speichern“. Hier setze das von ihrem Ministerium erarbeitet Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz an, so Lemke. Vier Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds stünden für den Schutz und die Renaturierung unter anderem von Wäldern, Auen und Mooren bereit.
Union vermisst „Stimme der Verbraucherschutzministerin“
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) hielt der Ministerin eine „enttäuschende Bilanz“ als Umwelt- und vor allem Verbraucherschutzministerin vor. In der Diskussion um die Gasumlage habe sie gerade die „Stimme der Verbraucherschutzministerin“ vermisst: „Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Die Gasumlage, so wie sie konzipiert ist, muss zurückgezogen werden!“, forderte Weisgerber und pochte auf mehr Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen.
Auch für befristete Laufzeitverlängerungen für die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland machte sich die Unionsabgeordnete stark: Nur so komme man sicher und zu bezahlbaren Strompreisen durch den Winter.
AfD kritisiert Windkraftausbau, plädiert für Kernkraft
Wolfgang Wiehle (AfD) warf der Bundesregierung ebenfalls eine ideologiegeleitete Energiepolitik vor. So schaffe es die Ampel, gleichzeitig Versorgungssicherheit und „viele schöne deutsche Landschaften“ zu zerstören. Zwei Prozent der Landesfläche wolle sie mit Windrädern und Solarkraftwerken „zupflastern“.
Gegen diese Pläne hätte das Umweltministerium eigentlich Widerspruch einlegen müssen, rügte der AfD-Abgeordnete. Eine bessere Alternative sei die Atomkraft. Moderne Reaktortypen könnten sogar nukleare Reststoffe älterer Kraftwerke als Brennstoff verwenden, meinte Wiehle. Da erübrige sich auch die Endlagerung „weitgehend“.
Linke fordert mehr Geld für Umwelt
Kritik kam auch von Victor Perli (Die Linke): 0,5 Prozent des gesamten Haushalts mache das Budget des Ministeriums nur aus, mehr als die Hälfte davon seien für die Lagerung von Atommüll eingeplant. Umwelt- und Naturschutz blieben auf der Strecke.
„Wir finden es völlig falsch, dass die Ampel die Umweltpolitik so runterfährt“, sagte Perli und forderte mehr Geld für den Umweltschutz – dieser komme bei der Ampel ebenso unter die Räder wie das Soziale.
SPD lobt steigende Ausgaben für Meeresschutz
Redner der Koalitionsfraktionen verteidigten den Haushaltsentwurf: Michael Thews (SPD) zeigte sich froh darüber, dass das Budget für 2023 um knapp 264 Millionen Euro größer ausfalle als im Vorjahr. Besonders hervor hob er die in Höhe von 22 Millionen Euro geplanten Ausgaben für den nationalen Meeresschutz.
Gleichzeitig kündigte er für die Haushaltsberatungen an, seine Fraktion werde sich für zusätzliche Mittel einsetzen. Insbesondere für die Bergung und Vernichtung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee brauche es noch mehr Geld.
FDP verteidigt Entlastungspaket als „Verbraucherschutz in Krisenzeiten“
Judith Skudelny (FDP) verwies als Antwort auf die Kritik der Unionsfraktion an zu geringem Verbraucherschutz und mangelnde Entlastungen für die Mittelschicht auf den geplanten Abbau der kalten Progression: Diese sei nicht erst seit der Inflation „überfällig“ – die CDU habe das nie hinbekommen, so die Liberale.
Entlastungen für Rentner, Studierende, Auszubildende und Geringverdiener, zudem ein Verbot von Gas- oder Stromsperren – das sei „Verbraucherschutz in Krisenzeiten“, sagte Skudelny.
Grüne: Höheres Budget ist „wichtiges Signal“
Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den Mittelaufwuchs für das Umweltressort als „wichtiges Signal in schwierigen Zeiten“. Leider seien aber tatsächlich mehr als die Hälfte der Gelder für die Endlagerung von Atommüll gebunden – die Gelder für Umwelt- und Naturschutz müssten daher „möglichst effektiv und effizient“ genutzt, Ausgaben priorisiert werden, sagte der Abgeordnete mit Blick auf die folgenden Haushaltsberatungen.
Als Schwerpunkte nannte Schäfer Maßnahmen zur Wiederherstellung und Renaturierung der Oder nach dem Fischsterben und die Beseitigung von Munitionsaltlasten aus Nord- und Ostsee. (sas/07.09:2022)