Parlament

Bundestag lehnt Antrag zu Pla­nungs- und Geneh­mi­gungs­verfahren ab

Gegen die Stimmen der Antragsteller hat der Bundestag am Donnerstag, 19. Mai 2022, einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen – Für Wohlstand, Versorgungssicherheit und ökologischen Mehrwert“ (20/1854) abgelehnt. 

Union fordert umfassende Investitionen

Steffen Bilger (CDU/CSU) nannte die Herausforderungen, vor denen Deutschland momentan stehe „enorm“: „Wir brauchen deshalb umfassende Investitionen, nicht irgendwann, sondern jetzt.“ Die Union erkenne zwar an, dass sich etwas tue, aber das sei zu wenig, befand Bilger.

Die Ampelregierung vertue unnötig Zeit mit Debatten darüber, was gute und was weniger gute Infrastruktur sei und die Bundesregierung handele nur auf sehr begrenzten Feldern. Er hoffe sehr auf die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Planungsbeschleunigung, so Bilger.

SPD: Koalition arbeitet mit Nachdruck an Beschleunigung

Carsten Träger (SPD) erwiderte auf seinen Vorredner, dass das Thema der Planungs- und Verfahrensbeschleunigung im Koalitionsvertrag an prominenter Stelle stehe: „Die Koalition arbeitet mit Nachdruck daran.“ Eines der Kernthemen sei der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien.

Das Gesetz zum schnellen Bau von Flüssiggas-Terminals, das an diesem Tag ebenfalls auf der Tagesordnung stehe, sei ein gutes Beispiel dafür. Der Regierung sei es wichtig, Verfahren zu beschleunigen, aber nicht „das Recht zu schleifen“, wie es die Union mit ihren Vorschlägen zum Arten- und Naturschutz beim Ausbau der Windkraft tue.

AfD sieht in Kernkraft Lösung für Energieproblem

Andreas Bleck (AfD) sagte, die Union positioniere sich mit dem Antrag völlig einseitig. Es gehe ihr nicht um Artenschutz, sondern um den schnelleren Ausbau von Windkraftanlagen. Die Vorschläge der CDU/CSU zum beschleunigten Ausbau der Windkraft und von Freiflächenphotovoltaik-Anlagen und der damit einhergehenden Anpassung des Populationsschutzes von Wildtieren sei kein modernisierter Natur- und Artenschutz, sondern ein „kastrierter Artenschutz“.

Die Union erwähne  zudem in dem Antrag die Lösung für das Energieproblem nicht, denn das sei die Kernkraft.

Grüne: Fehlendes Personal und mangelnde Ausstattung

Christina-Johanne Schröder (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte an dem Antrag, dass die CDU/CSU-Fraktion die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Planungsverfahren weiterhin als Umsetzungsbremse bewerte und die Beschneidung der Beteiligungsrechte lediglich mit ein „bisschen Digitalisierung“ garniere.

Das sich Planungen in Deutschland verzögerten, liege nicht an Bürgerinnen und Bürgern, sondern an fehlendem Personal und mangelnder Ausstattung in den Behörden. Der Koalitionsvertrag gehe in 38 Punkten das Thema Planungsbeschleunigung an: „Wir werden das verlorene Vertrauen von Gesellschaft und Wirtschaft zurückgewinnen.“

Linke: Keine Vorschläge für Finanzierung

Klaus Ernst (Linke) stimmte zu, dass Planungen und Verfahren beschleunigt werden müssten. „Wir alle wollen das, aber wir kriegen wir das hin?“, fragte Ernst. Dafür brauche es eine sichere finanzielle Ausstattung der Behörden, zudem müsse der Personalmangel behoben werden.

Doch den Mangel, den die Union nun beheben wolle, habe sie in den vergangenen Legislaturperioden durch einen „kaputtgesparten Staat“ selbst verursacht. „Sie sind wie Brandstifter, die Feuerwehr spielen wollen“, sagte Ernst. Es fänden sich in dem Antrag jedoch keine Vorschläge, wo das Geld für die Verfahrensbeschleunigung herkommen solle.

FDP warnt vor Aufweichung des Rechts

Konstantin Kuhle (FDP) fand, dass es im Haus „im Prinzip“ eine große Einigkeit über die Dringlichkeit des Themas gebe. Mit dem LNG-Projekt zeige die Ampel, dass es möglich ist, zügig voranzukommen, so Kuhle. „Diese Kreativität und diesen Pragmatismus brauchen wir auch in anderen Bereichen.“

Doch das schnellere Vorankommen müsse auch immer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sein, es dürfe nicht zu einer Aufweichung des Rechts kommen. Der beschleunigte Ausbau der LNG-Terminals sei ein erster Schritt, anschließend arbeite man dann den Koalitionsvertrag ab, sagte Kuhle.

Abgelehnter Antrag der Unionsfraktion

Mehr Tempo bei Planungs-, Genehmigungs- und Bauverfahren forderte die  CDU/CSU-Fraktion. Mit „umfassenden und fortlaufenden Investitionen“ solle der „nachhaltige Umbau hin zur Klimaneutralität, die Digitalisierung aller Lebensbereiche, der Erhalt und Ausbau der wirtschaftlichen Leistungskraft sowie die Versorgungssicherheit Deutschlands“ sichergestellt werden, hieß es in dem Antrag. Das Planungs- und Genehmigungsrecht, entsprechende Verwaltungsverfahren sowie das Verwaltungsprozessrecht müsse grundlegend überarbeitet werden, schrieben die Abgeordneten in dem Antrag. Hierzu seien stringentere Planungsverfahren, schnellere Verwaltungsverfahren, kürzere Gerichtsverfahren, eine effizientere Bürgerbeteiligung und ein modernisierter Natur- und Artenschutz notwendig.

Zu jedem dieser Punkte führte die Fraktion Bereiche auf, in denen dies Anpassungen zum Tragen kommen würden. Beim Thema Bürgerbeteiligung forderte die CDU/CSU-Fraktion etwa die Errichtung eines „Kompetenzzentrums Bürgerbeteiligung“ zur besseren Vermittlung zwischen staatlichen und privaten Interessen. Beim Natur- und Artenschutz unter anderem die Ausdehnung der artenschutzrechtlichen Sonderregelungen. Um kürzere Gerichtsverfahren zu ermöglichen, sollten zusätzliche Stellen beim Bundesverwaltungsgericht geschaffen werden, um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, schrieb die Unionsfraktion. Außerdem müssten sämtliche Akten und Urkunden digitalisiert werden, um „die behördenübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern“, hieß es in dem Antrag. (emu/19.05.2022)