Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 12. Mai 2022, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen:
Digitalisierung: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften (20/1672) vorgelegt. Demnach soll die Möglichkeit zur Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen ausgeweitet werden. Die bisherige Beschränkung auf bestimmte Rechtsträger wie Einzelkaufleute, GmbH oder Aktiengesellschaften soll danach aufgehoben werden. Zudem soll das Verfahren auf Anmeldungen Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister ausgeweitet werden. Des Weiteren soll künftig das notarielle Verfahren der Online-Beurkundung auch auf einstimmig gefasste satzungsändernde Beschlüsse angewandt werden können sowie auf GmbH-Sachgründungen und Gründungsvollmachten. Hintergrund der Regelungen ist die EU-Digitalisierungsrichtlinie ((EU) 2019/1151). Zur Umsetzung der Richtlinie hatte der Bundestag im vergangenen Jahr ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, dabei aber unter anderem bestimmte Rechtsträger ausgeschlossen. Wie die Bundesregierung ausführt, hatte der Rechtsausschuss seinerzeit gefordert (Beschlussempfehlung: 19/30523, S. 99), in dieser Wahlperiode die Ausweitung des Online-Beglaubigungsverfahren anzugehen sowie die Einbeziehung weiterer beurkundungspflichtiger Vorgänge des Gesellschafts- und Registerrechtes zu prüfen. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen.
Terrorismus: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Durchführung der Verordnung (EU) 2021 / 784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte und zur Änderung weiterer Gesetze (20/1632) vorgelegt. Die Verordnung soll ab dem 7. Juni 2022 gelten. Als unmittelbar geltendes Unionsrecht muss sie nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Um die Verpflichtungen aus der Verordnung zu erfüllen, sind jedoch einige Durchführungsbestimmungen nötig. Dabei geht es vor allem um Regelungen zu Zuständigkeiten und Befugnissen der beteiligten deutschen Behörden sowie zur nationalen Ausgestaltung der Ordnungswidrigkeitsbestimmungen. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen.
Saisonarbeitskräfte I: Die Fraktion Die Linke hat einen Antrag mit dem Titel „Voller Sozialversicherungsschutz für ausländische Saisonarbeitskräfte“ (20/1730) vorgelegt. Die Fraktion Die Linke fordert den vollen Sozialversicherungsschutz für ausländische Saisonarbeitskräfte. Sie verweist darin auf das Modell der „kurzfristigen Beschäftigung“ (bis zu 70 Arbeitstage und „nicht berufsmäßig“ ausgeübt). Diese Beschäftigung ist steuer- und abgabenfrei, weil von einer Absicherung im Heimatland ausgegangen wird. In der Praxis treffe dies jedoch oft nicht zu, schreibt die Fraktion und kritisiert das „Ausbeutungssystem in der Landwirtschaft“: Denn zum fehlenden Sozialversicherungsschutz kämen vielfach Lohnbetrug oder ungerechtfertigte Lohnabzüge dazu. Die Abgeordneten fordern deshalb neben dem vollen Sozialversicherungsschutz ab dem ersten Einsatztag unter anderem die elektronische Aufzeichnung der Arbeitszeiten, mehr Kontrollen durch Zoll- und Arbeitsschutzbehörden sowie verbindliche Qualitätsstandards für private Arbeitsvermittler. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Saisonarbeitskräfte II: Die Fraktion der AfD hat einen Antrag mit dem Titel „102-Tage-Regelung wieder einführen – Pragmatisch durch die Krise steuern und Ernährungssicherheit stärken“ (20/1745) vorgelegt. Die AfD-Fraktion fordert die Ausweitung der kurzfristigen Beschäftigung von 70 auf 102 Arbeitstage. Damit solle die Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften und zugleich die Ernährungssicherheit erhöht werden, schreiben die Abgeordneten. Sie verweisen auf die wirtschaftlich angespannte Situation, in der sich Deutschland auf eine Wirtschaftskrise zu bewege. Während der Corona-Pandemie wurde, zeitlich befristet, die Dauer der kurzfristigen Beschäftigung auf 102 Tage erweitert. Die Vorlage wurde im Anschluss an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung überwiesen.
Bundesfernstraßen: Die Koalitionsfraktionen von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben einen Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (10. FStrÄndG) (20/1737) vorgelegt. Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass eine Erstattung der Ausgaben von Eigentümern von baulichen Anlagen für Schallschutzmaßnahmen möglich ist, wenn der vom Straßenverkehr entlang einer Umleitungsstrecke ausgehende Lärm um mindestens drei Dezibel ansteigt, der Beurteilungspegel von 64 Dezibel am Tag oder 54 Dezibel in der Nacht überschritten wird und die Streckenumleitung länger als zwei Jahre andauern wird. Die Vorlage wurde im Anschluss an den Verkehrsausschuss zur federführenden Beratung überwiesen.
Geschäftsordnung I: Die Linksfraktion will erreichen, dass eine öffentliche Anhörung im Bundestag innerhalb einer „angemessenen Frist“ stattfinden muss. In einem Antrag dafür vorgelegten Antrag (20/1728) fordert sie, die Geschäftsordnung des Bundestages entsprechend zu ändern. Wenn eine Minderheit der Mitglieder eines Ausschusses die Durchführung einer öffentlichen Anhörung verlangt, sollte sie auf Verlangen dieser Minderheit „spätestens innerhalb von zehn Wochen nach der Beschlussfassung“ stattfinden müssen. Die Vorlage wurde an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.
Geschäftsordnung II: Für eine bessere Lesbarkeit von Vorlagen für die parlamentarische Beratung tritt die Fraktion Die Linke ein. Dazu hat die Fraktion einen Antrag (20/1732) zur Änderung der Geschäftsordnung vorgelegt. Gesetzentwürfen und Änderungsanträgen zu Gesetzen solle eine Lesefassung mit der Gegenüberstellung des geltenden und des beabsichtigten Gesetzeswortlauts beigefügt werden. Änderungen an einem Gesetzentwurf, die ein Ausschuss in seiner Beschlussempfehlung für das Plenum vorschlägt, sollen nach dem Willen der Fraktion ebenfalls durch eine Gegenüberstellung des geltenden Gesetzeswortlauts, des beabsichtigten Wortlauts im Gesetzentwurf und des Wortlauts der vom Ausschuss empfohlenen Änderung sichtbar gemacht werden. Die Vorlage wurde an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.
Geschäftsordnung III: Die Linksfraktion will die Frist für die Beratung von parlamentarischen Vorlagen im Bundestag konkretisieren. In einem dafür vorgelegten Antrag (20/1735) verlangt sie eine entsprechende Ergänzung des Paragrafen 62 der Geschäftsordnung des Bundestages. Nach dem jetzigen Wortlaut können eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages zehn Sitzungswochen nach der Überweisung einer Vorlage zur Beratung an einen Ausschuss verlangen, dass der Ausschuss dem Bundestag über den Stand der Beratungen berichtet. Die Linke will nun, dass nach einer solchen Berichterstattung eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangen können, dass der Ausschuss abschließend über die Vorlage entscheidet, sofern seit der Ausschussüberweisung 25 Sitzungswochen vergangen sind. Die Vorlage soll auf die nächste Tagesordnung des Ausschusses gesetzt werden müssen, eine nach der Geschäftsordnung mögliche Änderung der Tagesordnung will die Fraktion für dieses Verlangen ausschließen. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses sollten auf die nächste Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden müssen, wenn eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Abgeordneten es für ihre Vorlage verlangen. Die Fraktion hält diese Ergänzung für erforderlich, um im Einzelfall die „unsachgemäße Nichtbehandlung“ und „Verschleppung“ von Vorlagen im Ausschuss durch die jeweilige Parlamentsmehrheit zu verhindern und um das Gesetzesinitiativrecht aus der Mitte des Bundestages zu stärken. Die Vorlage wurde an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.
(scr/vom/che/eis/12.05.2022)