Zeit:
Montag, 25. April 2022,
14
bis 15.30 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101
Mit Vorschlägen zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes und für mehr politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen hat sich eine Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am am Montag, 25. April 2022, befasst. Gegenstand der Anhörung war zum einen ein Antrag (20/1013) der Unionsfraktion zur Stärkung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt und zum anderen ein Antrag (20/1115) der Fraktion Die Linke für eine volle gesellschaftliche Partizipation von Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen.
Der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, die Beratungsangebote für Arbeitgeber zur Schaffung inklusiver Arbeitsplätze auszubauen, wurde ebenso begrüßt wie das Ziel, Inklusionsbetriebe zu stärken. Die Forderung, die Budgets für Arbeit und Ausbildung zu entbürokratisieren und so weiterzuentwickeln, dass sie einen größeren Kreis von Menschen erreichen, wurde ebenfalls von den meisten Sachverständigen unterstützt. Auch für die stärkere politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen müssten noch viele Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, so die Ansicht der Experten.
DGB: Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen
Darüber hinausgehend forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund, eine vierte Stufe der Ausgleichsabgabe einzuführen, um die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen.
Dessen Vertreterin Silvia Helbig machte sich außerdem für höhere Beiträge der Ausgleichsabgabe stark.
Rustige: Zugang zu Wirtschaftsförderprogrammen längst überfällig
Claudia Rustige von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsfirmen e. V. nannte die Forderung nach Zugang der Inklusionsfirmen zu Wirtschaftsförderprogrammen längst überfällig.
Aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit seien diese Betriebe davon häufig ausgeschlossen, das sei ein Wettbewerbsnachteil. Auch übten diese Betriebe schon lange mehr als eine „Brückenfunktion“ aus, sagte Rustige.
Münning: Budget für Ausbildung funktioniert nicht allein
Matthias Münning von der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe BAGüS mahnte an, das Budget für Ausbildung funktioniere nicht allein für sich und nicht allein über Geld.
Man brauche immer auch einen Träger, der begleitende Maßnahmen anbiete.
Labruier: Unterstützung erforderlich
Monika Labruier von der ProjektRouter gGmbH verwies darauf, dass die Unternehmen viel stärker darin unterstützt werden müssten, ihre Potenziale zu nutzen.
„Wenn sie die nötige Unterstützung bekommen, haben sie schon ein großes Interesse daran, Menschen mit Behinderungen einzustellen“, betonte sie.
Göthling mahnt Sichtbarkeit im politischen Prozess an
Stefan Göthling vom Mensch zuerst-Netzwerk People First Deutschland e.V. verwies darauf, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten im politischen Prozess nicht sichtbar seien.
Für eine solche Mitarbeit aber bräuchten sie Zeit, zum Beispiel, um Texte zuerst einmal in Leichte Sprache zu übersetzen. Die Fristen für die Abgabe von Stellungnahmen seien aber oft viel zu kurz dafür, kritisierte Göthling.
Antrag der CDU/CSU
Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag (20/1013), die Potenziale von Menschen mit Behinderungen besser zu nutzen und eine inklusive Arbeitswelt zu stärken. Trotz vieler Fortschritte in den vergangenen Jahren liege die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen immer noch deutlich über jener nichtbehinderter Menschen. Dabei sei der Anteil der Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung bei den arbeitslosen Menschen mit Behinderungen höher als bei Menschen ohne Behinderungen, schreibt die CDU/CSU-Fraktion zur Begründung.
Sie fordert deshalb von der Bundesregierung unter anderem eine bessere wirtschaftliche Absicherung von Inklusionsbetrieben und den Ausbau von Beratungsangeboten für Arbeitgeber. Das Budget für Arbeit solle durch eine Erhöhung der Lohnkostenzuschüsse attraktiver gemacht werden. Außerdem soll nach den Vorstellungen der Abgeordneten ein bundesweites Förderprogramm dafür sorgen, die barrierefreie digitale Infrastruktur in außerbetrieblichen Ausbildungsstätten und die digitale Kompetenz von Auszubildenden und deren Ausbildern zu verbessern.
Antrag der Fraktion Die Linke
Die Fraktion Die Linke fordert in ihrem Antrag (20/1115), die volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen zu garantieren. Diese sei Kernelement der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), jedoch im politischen Handeln noch nicht selbstverständlich, kritisiert die Fraktion.
Von der Bundesregierung verlangt sie deshalb, gemäß der UN-BRK, transparente Kriterien für eine barrierefreie, volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen und Verbänden mit diesen zusammen zu erarbeiten. Diese sollen dann für die Tätigkeit der Bundesministerien in deren Geschäftsordnung verankert werden. Auch sollen die Fristen für Rückmeldungen und die Abgabe von Stellungnahmen von Organisationen und Verbänden im Rahmen der Verbändeanhörung deutlich verlängert werden.
Barrierefreie Partizipation soll nicht nur räumliche, sondern auch kommunikative und digitale Barrierefreiheit umfassen. Alle Bedarfe für alle Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsformen müssen dabei abgedeckt werden, verlangen die Abgeordneten. Die Regierung soll außerdem einen Gesetzentwurf vorlegen, um im Rahmen der Selbsthilfeförderung bedarfsdeckende finanzielle Mittel für Selbstvertretungsorganisationen zuzuweisen. (che/eis/25.04.2022)