Parlament

Abschließende Be­ratungen ohne Aus­sprache

Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 18. November 2021, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:

Abgesetzt: Finanzierung der Ganztagsbetreuung: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die Abstimmung über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Planungssicherheit für Familien und Kommunen – Frist für den beschleunigten Infrastrukturausbau in der Ganztagsbetreuung verlängern“ (20/29). Nach dem Willen der Fraktion soll der Förderzeitraum für den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler über den 31. Dezember 2021 hinaus verlängert werden. Die Union fordert die Bundesregierung auf, in Abstimmung mit den Bundesländern „unverzüglich“ die Verwaltungsvereinbarung „Finanzhilfen des Bundes für das Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ als auch das Ganztagsfinanzhilfegesetz entsprechend zu ändern. Sie weist darauf hin, dass wegen der angespannten Lage im Handwerk und der erheblichen Lieferengpässe bei Baumaterialien bereits begonnene Bauvorhaben nicht mehr bis zum Jahresende fertiggestellt und damit die zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht mehr ausgegeben werden könnten. Es bestehe die Gefahr, dass Kommunen auf den Kosten für die Bauvorhaben „sitzen bleiben“. Der Bundestag hatte in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Ganztagsförderungsgesetz die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Betreuung für Grundschüler ab 2026 auf den Weg gebracht und entsprechende Finanzhilfen für Länder und Kommunen zum Ausbau der benötigten Infrastruktur und zur Beteiligung an den Betriebskosten bereitgestellt.

Abgesetzt: Migration aus Belarus: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag ebenfalls den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Migration ordnen, steuern und begrenzen – Lukaschenko stoppen“ (20/28). Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für Sanktionen gegen Luftfahrtunternehmen einzusetzen, die Migranten aufgrund der von Belarus eingeräumten Visafreiheit befördern. Dazu sollen der Vorlage zufolge ein Landeverbot auf allen Flughäfen innerhalb der EU und ein Einflugverbot in den europäischen Luftraum zählen sowie Sanktionen gegen die Luftfahrt-Infrastruktur in Belarus. Auch solle sich die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Staaten und deren Luftfahrtunternehmen, die am Transport von Migranten nach Belarus mitwirken, eine Einschränkung der Zusammenarbeit mit der EU hinnehmen müssen und mit Sanktionen belegt werden. Zudem dringt die Fraktion auf „weitere harte und gezielte Sanktionen“ gegen den belarusischen Sicherheitsapparat und fordert die Bundesregierung auf, sich „für die wirksame Sicherung der EU-Außengrenzen und die Einhaltung von EU-Recht, inklusive der Rücküberstellung im Rahmen der Dublin-Verordnung, einzusetzen“. Zugleich plädiert sie dafür, dass Polen größtmögliche Unterstützung bei der Bewältigung des Migrationszustroms und der Grenzsicherung zukommt. 

Bundesministerium für Digitalisierung: Gegen die Stimmen der Antragsteller hat der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Gründung eines Bundesministeriums für Digitalisierung“ (20/88) zur weiteren Beratung in den Hauptausschuss überwiesen. Die AfD hatte sofortige Abstimmung über ihren Antrag verlangt, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Im Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, ein Bundesministerium für Digitalisierung zu gründen und darin politische Abteilungen einzurichten für die Themen Bürgerdienste, IT des Bundes, digitale Infrastruktur, IT-Sicherheit und Innovation. Die Digitalisierung im Zusammenhang mit der Bundeswehr müsse jedoch im Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums verbleiben. 

Abgesetzt: Heizkosten: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Warme Wohnung statt sozialer Kälte“ (20/25). Darin verlangen die Abgeordneten von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf für einen „Keiner soll frieren“-Plan vorzulegen. Dieser solle unter anderem eine Einmalzahlung von 200 Euro bis zum 15. Dezember für von Armut bedrohte Menschen vorsehen, um diese von gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten zu entlasten. Außerdem plädiert die Fraktion dafür, bis zu einer „armutsfesten Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme“ die Heizkosten von Empfängern von Hartz IV, Sozialhilfe und Altersgrundsicherung „in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten“ zu übernehmen. Die Einmalzahlung dürfe nicht auf Leistungen angerechnet werden, heißt es dazu im Antrag. Außerdem solle die Bundesregierung das Wohngeld auf Basis der Bruttowarmmiete zahlen und „um eine Komponente für Stromkosten“ erweitern. Weiter dringt die Fraktion auf ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperren durch Energieversorger für Privathaushalte aufgrund von Zahlungsunfähigkeit sowie die alleinige Kostenübernahme von CO2-Preisen durch Vermieter.

Außenwirtschaftsrecht: Gegen die Stimmen der AfD-Fraktion hat der Bundestag beschlossen, eine Verordnung der Bundesregierung „zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung“ (19/32401) nicht aufzuheben. Die Vorlage stammt noch aus der vergangenen Wahlperiode. Der Hauptausschuss hatte zur Abstimmung eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/76). Hintergrund der Änderungen ist eine neue EU-Verordnung 2021/821 zur „Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-use-Verordnung)“, die am 9. September 2021 in Kraft gesetzt wurde. Sie ersetzt die bisherige Verordnung Nr. 428/2009. Dual-use-Güter sind Waren, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Sämtliche Verweise in der Außenwirtschaftsverordnung auf die bisherige Verordnung wurden an die neue Verordnung angepasst. Außerdem sind mit der neuen Dual-use-Verordnung neue Verbote und Genehmigungspflichten statuiert worden. Verstöße dagegen sollen der Vorlage zufolge durch die Neuregelung entsprechend sanktioniert werden. Zudem wurden die Verfahrensvorschriften geändert, damit sowohl für Ausfuhren nach als auch für Einfuhren aus Nordirland weiterhin die bestehenden Vorschriften angewandt werden können, teilt die Regierung mit. Überdies wird eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von Antennen eingeführt, die für die Verwendung im Zusammenhang mit Raumfahrzeugen konstruiert wurden. 

Beschlüsse zu Petitionen: Einstimmig hat der Bundestag zwei Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses mit den Sammelübersichten 1 (20/92) und 2 (20/93) angenommen. Die Sammelübersichten enthalten die Empfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen, die beim Bundestag eingegangen sind und vom Petitionsausschuss beraten wurden. (ste/hau/vom/18.11.2021)