Kritik und Lob für Verordnung zur Verwertung mineralischer Abfälle
Die neuen Regelungen für den Umgang mit mineralischen Abfällen wie Bauschutt, Schlacken und Gleisschotter sind in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mehrheitlich als guter Kompromiss bezeichnet worden. Allerdings kritisierten Vertreter der Bauindustrie in der von der Ausschussvorsitzenden Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten Sitzung am Montag, 7. Juni 2021, die Regelungen würden zu einer Stoffstromverschiebung hin zu Deponien und zu höheren Baukosten führen.
Gegenstand der Anhörung war die Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung (19/29636). Die kurz als Mantelverordnung bezeichnete Vorlage macht erstmals deutschlandweit gültige Vorgaben für den Einsatz mineralischer Abfälle. An der Neuregelung wird seit gut 15 Jahren gearbeitet.
„Gesetzgeber muss endlich zum Abschluss kommen“
Als „fundierten Kompromiss“ bezeichnete Tim Bagner von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die Mantelverordnung. Zwar gebe es durchaus Punkte, bei denen man aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände mehr hätte erreichen können; im Grundsatz sei es aber richtig, die Verordnung jetzt endlich zu beschließen und dann nach der Evaluation an der einen oder anderen Stelle nachzuschärfen.
Man könne in Bezug auf die Mantelverordnung fast von einer unendlichen Geschichte sprechen, stellte Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fest. Jetzt aber sei der Durchbruch zum Greifen nah. Auch wenn es in der Bauindustrie eine Reihe von Vorbehalten gebe, müsse der Gesetzgeber jetzt endlich zum Abschluss kommen. Grundsätzlich gehe es auch zukünftig um die Abwägung zwischen zwei Gütern, nämlich der Schonung natürlicher Ressourcen einerseits und dem Wasser- und Bodenschutz andererseits.
Von einem „Kompromiss zwischen Wasserschutz, Bodenschutz und Recycling“ sprach auch Peter Kurth vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs- , Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Zwar finde jede Seite an diesem Kompromiss etwas, mit dem sie nicht einverstanden sei; der Kompromiss sei aber besser, als ein weiteres Mal mit der Verordnung zu scheitern. Dabei sei das stärkste Argument für die Mantelverordnung, dass endlich bundeseinheitliche Regelungen für den Umgang mit mineralischen Abfällen und damit dem größten Abfallstrom beschlossen würden.
Ungenügend an praktischen Anforderungen ausgerichtet
Kritik am Entwurf äußerten hingegen Vertreter der Bauindustrie. Thomas Paetzold vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) wies darauf hin, dass die Bauwirtschaft eine Regelung brauche, die auf den Baustellen praktisch umsetzbar sei. Nötig seien außerdem eine Strategie für ausreichende Deponiekapazitäten sowie die Klarstellung, dass der Bauherr Verursacher des Abfalls sei. Aus Sicht der Bauindustrie sei der Verordnungsentwurf ungenügend, da er nicht auf die praktischen Anforderungen ausgerichtet sei und das Bauen massiv verteuere.
Auch Christine Buddenbohm vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) bemängelte, dass die Verantwortung des Bauherrn als Verursacher des Abfalls weiterhin nicht geregelt sei. Zwar sei zu begrüßen, dass die Vorschriften bundesweit vereinheitlicht würden. Aber die Mantelverordnung sei „bei weitem kein guter Kompromiss“. Insbesondere kritisierte Buddenbohm, dass mineralische Ersatzbaustoffe auch nach stofflicher Aufbereitung und Qualitätssicherung weiterhin als Abfälle gälten und deshalb den abfallbezogenen Rechtspflichten unterlägen. Ablehnend äußerte sich auch Florian Knappe vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu). Er kritisierte, die Mantelverordnung verfehle ihr Ziel, die Kreislaufwirtschaft zu stärken.
Forderung nach zügiger Verabschiedung der Verordnung
Für die zügige Verabschiedung der Verordnung in der vorliegenden Fassung sprach sich hingegen Thomas Reiche vom FEhS – Institut für Baustoff-Forschung e.V. aus. Dabei hob er hervor, dass die Verordnung auch die industriellen Stoffströme einbeziehe. Schon seit langer Zeit würden schlackenbasierte Baustoffe aus der Stahlindustrie im Straßen- und Verkehrsbau sowie in der Zement- und Betonindustrie eingesetzt. Baustoffe aus der Stahlindustrie seien damit bestes Beispiel für gelebte Ressourcenschonung. Ebenfalls für eine zeitnahe Verabschiedung der Verordnung plädierte Dr. Karin Hinrichs-Petersen von der Aurubis AG, einem Anbieter von Nichteisenmetallen. Die Mantelverordnung sein ein „akzeptabler Kompromiss“, der Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen bringe.
Positiv zur Verordnung äußerte sich schließlich Martin Kneisel vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Die Verordnung regle auf wissenschaftlicher Basis, in welchem Ausmaß Bauabfälle verbaut werden könnten, ohne die Umwelt zu schädigen, und schaffe die Grundlage für eine bundeseinheitliche Praxis. Für Baden-Württemberg hätten Berechnungen ergeben, dass keine bedeutende Verschiebung der Stoffströme hin zu Deponien zu erwarten sei.
Verordnung der Bundesregierung
Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer auch als Mantelverordnung bekannten Vorlage (19/29636) das Ziel, die bestmögliche Verwertung von mineralischen Abfällen wie Bauschutt, Schlacken oder Gleisschotter zu gewährleisten sowie die Funktionen des Bodens nachhaltig zu sichern und wiederherzustellen.
Mit der Mantelverordnung will die Bundesregierung eine rechtsverbindliche Grundlage für den Umgang mit mineralischen Abfällen schaffen. Jährlich fallen etwa 240 Millionen Tonnen solcher Abfälle an. Wichtigste Verwertungswege sind nach Angaben der Bundesregierung das Recycling, also die Aufbereitung und der nachfolgende Einbau in technische Bauwerke, sowie die Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen.
Die Mantelverordnung werde durch die Förderung der Ziele der Kreislaufwirtschaft sowie die Gewährleistung eines hohen Niveaus des Grundwasser- und Bodenschutzes einen wichtigen Beitrag zu einem verbesserten Schutz der Umwelt leisten, schreibt die Regierung. Es sei nicht davon auszugehen, dass durch die Mantelverordnung Stoffstromverschiebungen in Richtung Deponierung verursacht würden und sich die Verwertungsquote bei Ersatzbaustoffen verringere. (chb/07.06.2021)