Maas: Gipfel mit Joe Biden zeugt von transatlantischer Erneuerung
Der andauernde Konflikt um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, weitere Sanktionen gegen Belarus und das geplante Aussöhnungsabkommen mit Namibia – nur drei Themen, zu denen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 9. Juni 2021, Rede und Antwort stand. In seinem Statement hatte Maas die Abgeordneten zunächst über die Schwerpunktthemen der in den kommenden Tagen stattfindenden Gipfeltreffen, den G7-Gipfel in Cornwall, den Nato-Gipfel in Brüssel sowie den EU-Gipfel, informiert.
Gipfeltreffen der G7- und Nato-Mitgliedstaaten
Beim G7-Gipfel am Wochenende stehe neben dem Thema Klimaschutz insbesondere die Bewältigung der Pandemiefolgen im Mittelpunkt – „mit dem klaren Bekenntnis zu einer globalen Impfstoffversorgung“, sagte der Außenminister. Beim Nato-Gipfel am 14. Juni gehe es vor allem darum, das Verteidigungsbündnis zukunftsfest zu machen und es im gemäß des „Nato 2030-Prozesses“ an ein verändertes Sicherheitsumfeld anzupassen, so der Außenminister.
Dass der US-amerikanische Präsidenten Joe Biden im Rahmen seiner ersten Auslandsreise nach Europa kommen und an allen Gipfeltreffen teilnehmen werde, deutete der Außenminister als „starkes Zeichen für die transatlantische Erneuerung“. „Darauf haben wir lange gewartet“, betonte Maas.
Handelsthemen beim EU-USA-Gipfel im Mittelpunkt
Die Verhandlungen mit den USA um die Einrichtung eines Handels- und Technologierates, die beim EU-Gipfel im Zentrum stehen werde, wolle die Bundesregierung nutzen, um „weg von gegenseitigen Zöllen und Sanktionen zu kommen“, kündigte Maas an. Stattdessen wollen man gemeinsame Antworten auf die Frage finden, wie sich freier Handel und Umwelt- und Sozialstandards verbinden lassen.
Ob Klimaschutz, Handelsthemen oder aber nukleare Abrüstung – Maas zeigte sich optimistisch hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit mit den USA: „Dass die amerikanische Regierung besonders auf die Zusammenarbeit mit Deutschland setzt, eröffnet uns neue Gestaltungsmöglichkeiten und wir werden sie auch nutzen“, unterstrich Maas. Wie eng das Verhältnis sei, zeige auch der amerikanische Beschluss, auf Sanktionen gegen die Betreiber der Gaspipeline Nord Stream 2 verzichten.
AfD fragt nach Gas-Ausfällen in der Ukraine
Diese Darstellung zog Armin-Paulus Hampel (AfD) infrage. Der amerikanische Außenminister Tony Blinken habe in seinen Äußerungen nach den Gesprächen in Washington über Nord Stream 2 wohl eher seine – diplomatisch verpackte – Geringschätzung deutlich gemacht, meinte der Abgeordnete. Von Maas wollte er zudem wissen, ob Deutschland auf Drängen der USA zugesagt habe, die Ukraine für mögliche finanzielle Ausfälle aufgrund geringerer Gastransfers durch ukrainische Pipelines zu entschädigen.
Maas bestätigte das nicht. Auf Nachfrage erklärte der Außenminister jedoch, die Bundesregierung bemühe sich, die Auswirkungen von Nord Stream 2 auf die Ukraine zu mildern. So setze sie sich zum Beispiel dafür ein, dass der bestehende, aber befristete Gas-Transit-Vertrag zwischen der Ukraine und Russland entfristet werde.
FDP fragt nach Chinas Seidenstraßen-Projekt
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) fragte nach dem europäischen Beitrag für das von den USA angestoßene globale „Building Back Better“-Programm. Dessen Ziel sei es, „dem schädlichen Einfluss Chinas mit seiner neuen Seidenstraße etwas entgegenzusetzen“, erklärte der FDP-Abgeordnete. Das Auswärtige Amt habe Medienberichten zufolge vorgeschlagen, der Europäischen Investitionsbank künftig eine zentrale Rolle in der Entwicklungsfinanzierung einzuräumen. Aber sei diese Idee realistisch? Und wie reagiere die EU-Kommission darauf, wollte Lambsdorff wissen.
Der Minister antwortete, dass der Vorschlag noch innerhalb der Bundesregierung und mit den europäischen Partnern abgestimmt werde. Generell bestehe aber Einigkeit darüber, dass man den geopolitischen Bestrebungen Chinas nicht mit Worten Einhalt gebieten werde, sondern nur mit konkretem Handeln – wie etwa mit alternativer Entwicklungsfinanzierung in Afrika, Lateinamerika und Südeuropa.
Linke kritisieren Rüstungsausgaben
Heike Hänsel (Die Linke) übte harsche Kritik an der deutschen Abrüstungspolitik. Gemessen an ihren Zielen sei die Regierung ein „Totalausfall“, monierte die Abgeordnete. Von Maas wollte sie wissen, ob die Bundesregierung Vorschläge von Friedensforschern unterstütze, auf weitere Rüstungsausgaben zugunsten der Bekämpfung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu verzichten.
Der Minister entgegnete, Deutschland habe international eine Führungsrolle in der Corona-Bekämpfung eingenommen. Bei Covax etwa sei Deutschland der zweitgrößte Geber. Und auch für das humanitäre Engagement stünden mehr als zwei Milliarden bereit. „Deutschland ist zum Glück in der Lage, die Herausforderungen der Pandemie finanziell zu schultern, ohne internationale Verpflichtungen innerhalb der Nato außer Kraft zu setzen“, betonte Maas.
SPD fragt nach politischen Gefangenen in Belarus
Johannes Schraps (SPD) erkundigte sich nach der Situation der politischen Gefangenen in Belarus und wollte wissen, welche Anstrengungen die Bundesregierung für deren Freilassung unternehme.
Maas erklärte, dass die Bundesregierung über die Botschaft in Minsk stets die „noch verbliebenen Dialogkanäle“ genutzt habe, um auf die Machthaber einzuwirken. Doch leider habe dies in keinem einzigen Fall eines Gefangenen zum Erfolg geführt. Der Situation in Belarus könne nur auf internationaler Ebene mit „viel Druck“ begegnet werden, so Maas. Die bisher verhängten Sanktionen seien daher „noch nicht das Ende der Fahnenstange“. Da man mit weiteren Provokationen aus Belarus rechne, würden aktuell schon weitere wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen vorbereitet.
Grüne fragen nach Aussöhnungsabkommen mit Namibia
Ottmar von Holtz (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach dem Stand des Aussöhnungsabkommens mit Namibia. Hierzu gebe es widersprüchliche Aussagen, sagte der Abgeordnete. Das Parlament in Windhuk berate zwar bereits über den Entwurf einer zwischen Deutschland und der namibischen Regierung ausgehandelten Erklärung. In dieser erkenne die Bundesregierung die Verbrechen der deutschen Kolonialmacht an den Volksgruppen der Herero und Nama im heutigen Namibia als Völkermord an. Dennoch gebe es Berichte, wonach der Widerstand in der Opposition wachse. Selbst ehemalige Unterhändler kritisierten die Höhe der vereinbarten Aufbauhilfe von 1,1 Milliarden Euro als zu gering. „Kann hier noch verhandelt werden?“, wollte der Grünen-Politiker wissen.
Maas antwortete, die Erklärung und die Höhe der finanziellen Zuwendung seien das Ergebnis eines fast sechsjährigen Verhandlungsprozesses und stellten eine „gute Grundlage“ dar, um die Verhandlungen abzuschließen. Er gehe davon aus, dass dies auch gelinge. Mit der vereinbarten Summe solle eine Stiftung so ausgestattet werden, dass sie langfristig Projekte in der Landwirtschaft oder im Bereich des Landkaufs ermöglichen könne. Rund 400.000 Menschen könnten davon profitieren, so der Außenminister. (sas/09.06.2021)