Kritik an Grünen-Antrag zum Naturschutz
Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der ein aus Mitteln des Energie- und Klimafonds finanziertes Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ fordert (19/29752), hat im Grundsatz auch von anderen Fraktionen Zustimmung erhalten. Im Einzelnen übten die Redner der anderen Fraktionen jedoch Kritik an den Forderungen des Antrags, der eine breite Palette an Themen des Natur- und Klimaschutzes abdeckt. Der Antrag wurde im Anschluss an die Debatte am Donnerstag, 20. Mai 2021, zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit überwiesen.
In verbundener Beratung hat der Bundestag auch über einen Antrag der FDP mit dem Titel „Entwicklungszusammenarbeit zur effektiven Verhinderung des weltweiten Eintrags von Plastikmüll in die Meere nutzen“ (19/17632) entschieden. Die Abgeordneten folgten dabei einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (19/22899) und lehnten die Vorlage mit den Stimmen der Koalition und der Grünen mehrheitlich ab. AfD und Linke enthielten sich bei der Abstimmung.
Grüne: Ein echter Paradigmenwechsel
Für Bündnis 90/Die Grünen begründete Steffi Lemke den Antrag ihrer Fraktion. Dessen zentrales Ziel sei es, Klima- und Naturschutz miteinander zu verbinden. Dafür sollten zehn Prozent der Mittel des Energie- und Klimafonds aufgewendet werden, was im laufenden Jahr rund 2,6 Milliarden Euro entspreche. Damit werde „ein echter Paradigmenwechsel“ in der Naturschutzpolitik möglich, betonte Lemke.
Die letzten zehn Jahre seien ein verlorenes Jahrzehnt für den Naturschutz gewesen. Jetzt seien konkrete Lösungen und Maßnahmen notwendig. Dabei stelle der Antrag eine „Einladung an alle demokratischen Fraktionen dieses Hauses“ dar.
CDU/CSU: Weit von der Praxis entfernt
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sei zwar fachlich fundiert, aber „sehr weit von der Praxis entfernt“, sagte Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU). So sei die Forderung, zehn Prozent des Energie- und Klimafonds für den Naturschutz zur Verfügung zu stellen, nicht realistisch, da die Transformationsprozesse, die in der Wirtschaft allein durch die Wasserstofftechnologie erforderlich seien, ebenfalls finanziert werden müssten. Kritisch seien auch die vorgeschlagenen Zeiträume zu bewerten: Renaturierung brauche Zeit.
Schulze wies zudem auf die Leistungen der Bundesregierung beim Naturschutz hin. So habe sie mehr Geld für das Blaue Band zur Verfügung gestellt, und die Mittel für das Bundesprogramm Biologische Vielfalt seien in den letzten sieben Jahren verdreifacht worden.
AfD: Naturschutz geht nur mit der AfD
Fundamentale Kritik am Antrag übte Karsten Hilse (AfD). Einmal mehr werde der natürliche Prozess des Klimawandels zur Klimakrise umdefiniert. Niemand könne ein statistisches Konstrukt wie das Klima schützen. Die Natur hingegen könne man sehr wohl schützen, erklärte Hilse. Dies gehe jedoch nur mit der AfD, da die anderen Parteien beispielsweise den Ebersberger Forst zugunsten von Windrädern zerstörten.
„Bedrückend, ja beängstigend“ sei zudem, dass sich auch die Richter des Bundesverfassungsgerichts mit ihrem Beschluss zum Bundes-Klimaschutzgesetz „auf die Seite der grünen Kommunisten geschlagen“ hätten.
SPD: Analyse in weiten Teilen richtig
Carsten Träger (SPD) dankte den Grünen, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hätten, und erklärte, in weiten Teilen die Analyse des Antrags zu teilen. Nicht richtig sei jedoch der Ansatz, alle Probleme mit finanziellen Mitteln lösen zu wollen, zumal dann nicht, wenn dadurch die ärmeren Bevölkerungsschichten in Bedrängnis kämen. Wer alles über den Energie- und Klimafonds finanzieren wolle, müsse den CO2-Preis anheben. Hier werde die SPD nicht mitgehen, solange es nicht Alternativen etwa in Form billiger Elektroautos gebe.
Zu einer Kontroverse kam es, weil Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Kurzintervention entgegnete, der Energie- und Klimafonds habe nichts mit der deutschen CO2-Bepreisung zu tun, sondern werde aus dem europäischen Emissionshandelssystem gespeist. Träger blieb bei seiner Aussage: Es gebe die Zusage, dass der CO2-Preis in den Fonds einfließen werde.
FDP: Nicht mehr als ein Debattenbeitrag
Der Antrag sei nicht mehr als ein Thesenpapier oder ein Debattenbeitrag, sagte Dr. Lukas Köhler (FDP). Er unterbreite keine Lösungen und sei auch handwerklich nicht gut gemacht. So erkläre er zum Beispiel nicht, wie die Finanzierung haushalterisch abgebildet werden solle.
Auch sei es falsch, dass – wie im Antrag formuliert – die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens bisher gescheitert sei.
Die Linke: Flächenverbrauch auf null reduzieren
Seine Fraktion halte die Forderungen des Antrags für nicht konkret genug, sagte Ralph Lenkert (Die Linke). Insbesondere übersehe der Antrag gesellschaftliche Widersprüche. So hätten zum Beispiel die Begradigung von Flüssen und der Bau von Wehren zwar der Natur geschadet, aber auch die Sicherung von Siedlungsflächen und die Stromerzeugung durch Kleinwasserkraftwerke ermöglicht.
Lenkert forderte deshalb, die Renaturierung der Flüsse durch soziale Ausgleichsmaßnahmen zu begleiten. Vor allem aber gelte es, den Flächenverbrauch von derzeit 52 Hektar pro Tag auf null zu reduzieren. Denn das Klügste sei „der Schutz der Natur, die wir haben“.
Antrag der Grünen
Die Grünen fordern von der Bundesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Erreichung der Biodiversitäts- und Klimaschutzziele. So solle die Regierung ein Aktionsprogramm mit dem Titel „Natürlicher Klimaschutz“ initiieren, das unter anderem sicherstellt, dass entsprechend des Ziels der EU-Biodiversitätsstrategie von 2011 15 Prozent der degradierten Ökosysteme wiederhergestellt werden.
Außerdem solle sie sich auf der Ebene des Europäischen Rates für eine „ambitionierte“ EU-Renaturierungsgesetzgebung einsetzen. Dabei seien verbindliche Zielmarken für die Wiederherstellung gesunder Natur und eine ausreichende europaweite Finanzierung zu erarbeiten. Insgesamt müsse sich Deutschland international stärker in die Klimaverhandlungen einbringen. So solle die Bundesregierung etwa darauf hinwirken, dass sich die Staaten dazu verpflichten, ihr finanzielles Engagement für den natürlichen Klimaschutz im Sinne von Anpassung und Mitigation sukzessive zu erhöhen.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Antrag (19/17632) auf, im Rahmen ihrer Entwicklungszusammenarbeit und gemeinsam mit den europäischen Partnern Programme und Initiativen zur Verhinderung des Plastikmülleintrags in die Meere zu schaffen. Für eine wirksame Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen sei eine Kraftanstrengung nötig, die nur multilateral bewältigt werden könne, betonten die Abgeordneten.
So sollten die Anrainer der am stärksten mit Plastikmüll belasteten Flüsse dabei unterstützt werden, Sammel- und Entsorgungseinrichtungen für Abfall und insbesondere Kunststoffabfall zu errichten. Auch Pilot- und Leuchtturmprojekte in den Bereichen Abfall- und Kreislaufwirtschaft, thermische Verwertung, Abwasserklärung und Flussreinigung sollten finanziell gefördert werden. (chb/sas/joh/ste/20.05.2021)