Menschenrechte

Peter Heidt hofft auf Haft­ent­lassung des Belarus-Politikers Viktor Babaryko

Peter Heidt, FDP, MdB, für die Serie Parlamentarier schützen Parlamentarier, mit einem ein Foto seines „Schützlings“ Viktor Babaryko aus Belarus.

Der FDP-Abgeordnete Peter Heidt mit einem Foto des inhaftierten Oppositionellen Viktor Babaryko aus Belarus. (© DBT/Simone M. Neumann)

Ein faires Gerichtsverfahren, im besten Fall eine Haftentlassung herbeiführen und ein Signal der Zuversicht an die demokratischen Kräfte in Belarus senden: Das will der Bundestagsabgeordnete Peter Heidt (FDP) mit seiner Unterstützung des inhaftierten belarussischen Oppositionspolitikers Viktor Babaryko im Rahmen des Bundestagsprogramms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (PsP) erreichen.

Bei der Präsidentschaftswahl in Belarus im August 2021 wollte Babaryko gegen den Amtsinhaber, Präsident Alexander Lukaschenko, antreten und den Menschen in seinem Land eine Politik-Alternative zu dem häufig als „letzten Diktator Europas“ bezeichneten Staatschef anbieten. Aber daraus wurde nichts. Der Politiker und Geschäftsmann erhielt bei seinen Landsleuten großen Zuspruch, gewann zahlreiche Unterstützer und erlangte einige Prominenz, ja galt als aussichtsreichster Gegenkandidat Lukaschenkos. Vermutlich hätte er einen Großteil der Stimmen erhalten, so Heidt.

„An den Haaren herbeigezogene Vorwürfe“

Schließlich aber sei die Perspektive eines ernst zu nehmenden Herausforderers dem Amtsinhaber Lukaschenko offenbar zu gefährlich geworden, der alles daran setze, seine Position zu verteidigen, notfalls auch mit Gewalt. Die Behörden verweigerten Babaryko die Zulassung zur Wahl. Der Bankier und Politiker wurde zusammen mit seinem Sohn Eduard Babaryko verhaftet, als er auf dem Weg zur Zentralen Wahlkommission war. Ihm werden Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Bestechung vorgeworfen. Die Anklage wurde später noch um den Vorwurf der Bestechlichkeit erweitert.

„Eine Angelegenheit, die die Behörden im Interesse Babarykos und der bevorstehenden Wahl sicher rasch hätten klären können“, ist Heidt überzeugt. Aber die Sache zog sich hin. Im Juni 2020 wurde gegen Babaryko ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Aus diesem Grund konnte er nicht an der Wahl teilnehmen. „Man muss davon ausgehen, dass dies auf Weisung der höchsten staatlichen Ebene geschah.“

„Die an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe, das Spielen auf Zeit: Alles deutet darauf hin, dass man durch die Anzeige, die Annullierung der Registrierung, die Festnahme und die Inszenierung eines Prozesses versucht hat, die Kandidatur Babarykos zu verhindern“, so der FDP-Politiker. Swetlana Tichanowskaja führte seine Wahlkampagne fort und erhielt laut amtlichem Ergebnis etwa zehn Prozent der Stimmen. Laut dem Stab von Swetlana Tichanowskaja erhielt sie aber 70 bis 90 Prozent der Stimmen in einigen Regionen des Landes.

Manipulierte Präsidentschaftswahl

Insgesamt sei die Wahl von massiven Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet gewesen. „Wir haben im vergangenen Sommer schnell gemerkt, dass es bei der Präsidentschaftswahl in Belarus nicht mit rechten Dingen zuging“, erzählt Heidt.

Die aussichtsreichsten Gegenkandidaten von Lukaschenko und zahlreiche ihrer Mitarbeiter und Anhänger wurden laut internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen eingeschüchtert oder festgenommen. Kundgebungen der Opposition wurden von den Behörden behindert oder vereitelt. Die Wahl, bei der der Amtsinhaber laut offiziellem Wahlergebnis 80 Prozent der Stimmen erhielt, gilt international als manipuliert. Die Proteste im In- und Ausland gegen das Ergebnis halten an. Sicherheitskräfte gehen mit brutaler Gewalt gegen Demonstrierende vor.

„Justiz in Belarus ist nicht unabhängig“

Das Verfahren gegen Babaryko, das am 17. Februar dieses Jahres vor dem Obersten Gerichtshof in Minsk begonnen hat, dauert an. Der Politiker und Geschäftsmann befindet sich weiter in Haft in der Untersuchungshaftanstalt des Komitees für Staatssicherheit in Minsk. „Bei einer Verurteilung drohen Babaryko bis zu 15 Jahre Gefängnis“, weiß Heidt. Viel hänge nun von dem Verfahren ab.

„Ich habe Sorge, dass Babaryko keinen fairen Prozess bekommt“, so der Bundestagsabgeordnete und Strafverteidiger Heidt. Er fragt sich: „Haben seine Anwälte Kontakt zu ihm?“ Seinem ersten Anwalt wurde die Lizenz entzogen. In Belarus sei eine Verteidigung wie in einem Rechtsstaat nicht möglich. Das Verfahren verlaufe nach den Vorgaben der Regierung. Ein politischer Prozess: „Die Justiz in Belarus ist nicht unabhängig.“

Die Verhandlung finde außerdem unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Lediglich staatliche Medien seien zugelassen, die im Sinne der Regierung und des Präsidenten berichten.

Menschen lehnen sich gegen Unfreiheit und Gewalt auf

„Es ist bewundernswert, wie die Menschen in Belarus sich trotz der weitreichenden staatlichen Repressionen weiterhin gegen Unfreiheit und Gewalt auflehnen, die sie von Regierung und Behörden erfahren, unter Inkaufnahme persönlicher Gefahren und Verluste“, meint der Abgeordnete aus dem hessischen Bad Nauheim.

Die friedlichen Proteste der vergangenen Wochen hätten das eindrucksvoll unterstrichen. Es handele sich um sehr weite Bevölkerungskreise, die einfach genug hätten von der Regierung Lukaschenkos. „Die haben erkannt, dass ihnen ein demokratischer Wandel vorenthalten wird, und machen sich jetzt bemerkbar.“

Für die Opposition in Belarus bleibe es allerdings schwierig, solange Russlands Präsident Putin seine schützende Hand über Lukaschenko halte. Der Westen müsse mit Putin wieder ins Gespräch kommen und ihm klar machen, dass es im russischen Interesse liege, wenn er in Belarus einen Reformprozess zulasse.

Keine Spiele für Eishockey-Fan Lukaschenko

Der Eishockey-Weltverband wollte auf Wunsch des Eishockey-Fans Lukaschenko trotz der von Demonstrationen, der Gewalt gegenüber den Demonstranten und der durch die Covid-19-Pandemie geprägten Situation bis zuletzt an Belarus als Austragungsort für die Eishockey-Weltmeisterschaft festhalten. „Es wäre aber in dieser angespannten Situation unerträglich und ein verheerendes Zeichen an die Menschen, die für Demokratie und Neuwahlen kämpfen, gewesen, dem Verächter von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten auch noch diese Plattform öffentlicher Aufmerksamkeit, die mit solchen Spielen einhergeht, zu bieten“, findet Heidt. Mit dieser Meinung steht er nicht allein.

Deshalb habe er sich dem Protest gegen die Durchführung der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 in Belarus angeschlossen. „Gemeinsam mit Abgeordneten aus den USA und anderen Ländern haben wir zum Ausdruck gebracht, dass wir nicht wollen, dass ein Diktator, der brutal gegen seine Landsleute vorgeht, sich zeitgleich von der Weltöffentlichkeit als Ausrichter internationaler Spiele feiern lässt und sich daneben internationale Spiele in seiner Lieblingssportart gönnt.“

Schließlich habe man erreicht, dass der Eishockey-Weltverband von Belarus als Austragungsort Abstand nahm, nachdem der Hauptsponsor abgesprungen sei. „Daran hat sich gezeigt, dass gemeinsamer, internationaler politischer Druck etwas bewirken kann“, unterstreicht Heidt. „Der politische Druck war entscheidend.“

Noch keine Antwort von belarussischem Botschafter

Als Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Berichterstatter seiner Fraktion für Belarus und Pate im PsP-Programm behalte er stets beides im Blick: Die Lage in dem Land und die Lage seines Schützlings. „Das sind zwei Seiten einer Medaille. In dem Einzelfall lässt sich konkret Hilfe leisten. Aber das ist natürlich eingebettet in die Gesamtsituation, hat eine außenpolitische Dimension, in der man viel schwieriger Veränderungen herbeiführen kann.“

In Fall von Viktor Babaryko habe er bereits dem belarussischen Botschafter in Deutschland geschrieben und ihn über seine Patenschaft als Bundestagsabgeordneter in Kenntnis gesetzt. Er habe Botschafter Denis Sidorenko um Informationen zum gesundheitlichen Zustand Viktor Babarykos und dessen Sohn Eduard gebeten sowie um Mitteilung, ob Babaryko Kontakt zu seinen Anwälten habe und wann mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen sei. Eine Antwort vom Botschafter habe er bis heute nicht erhalten. Aber auch das sei vermutlich Taktik und erfordere Hartnäckigkeit.

Deutsche Botschaft soll Verfahren beobachten

Die Deutsche Botschaft in Belarus habe er ebenfalls von seinem Engagement in Kenntnis gesetzt. Sie soll versuchen, das Gerichtsverfahren in Minsk zu beobachten. Außerdem stehe er in Kontakt mit dem Auswärtigen Amt in Berlin und erhalte von dort aktuelle Informationen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International seien ebenfalls an dem Fall dran.

Heidt hat vor, Viktor Babaryko so bald wie möglich zu treffen. Bis jetzt sei es nicht möglich gewesen, mit ihm in Kontakt zu treten. Genehmigungen für Einzeldienstreisen durch die Bundestagsverwaltung würden aufgrund der Pandemie derzeit nicht erteilt. Vielleicht sei im Sommer ein Treffen möglich, hofft er. Unterdessen versuche man, zu seinen Anwälten Kontakt aufzunehmen und deren Einschätzung sowie die des Auswärtigen Amtes einzuholen.

„Es ist ein Privileg, helfen zu können“

Wichtig sei, dass man weiter Druck auf die Regierung von Lukaschenko ausübe, sodass diese das wahrnehme und sich mit ihren Repressionen zurückhalte. „Solche Regime versuchen immer so weit zu gehen wie sie können“, sagt Heidt. „Ich finde es toll, dass es das Programm “Parlamentarier schützen Parlamentarier„ gibt und dass wir damit weltweit Kolleginnen und Kollegen sowie darüber hinaus Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsverteidigerinnen unterstützen können.“

Der FDP-Politiker nennt es ein Privileg, helfen zu können. Der Blick ins Ausland führe immer wieder vor Augen, „wie gut es uns geht und was für eine wichtige Voraussetzung dafür ein funktionierender Rechtsstaat und eine stabile Demokratie sind.“ Er habe als Obmann zahlreiche Begegnungen mit Oppositionellen aus anderen Ländern und Systemen, berichtet Heidt. „Die haben es in ihrer Heimat oft nicht leicht, und es ist einfach immer wieder beeindruckend, wie diese Menschen sich einsetzen, um die Dinge in ihren Ländern zu verbessern, manchmal unter Einsatz ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens. Wir sollten alles versuchen, um sie unterstützen.“ Eine weltweite Aufgabe sei dies.

Im Fall von Viktor Babaryko in Belarus aber hofft Heidt, dass das dortige Gericht nun bald die Klagegründe gegen den Oppositionspolitiker für nichtig erklärt – die Voraussetzung dafür, dass dieser aus der Haft entlassen werde, und sein wichtigstes Ziel als Pate im PsP-Programm, so Heidt. Dann erlange Babaryko seine politische Handlungsfreiheit zurück und könne seinem Land im Sinne der Menschen, als Alternative zu Lukaschenko, helfen. (ll/26.04.2021)

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