Digitale Anwendungen wie ein Impfnachweis oder der europaweit geplante digitale Impfpass können nach Ansicht von Gesundheitspolitikern entscheidend dazu beitragen, in der Corona-Krise wieder Normalität in den Alltag zu bringen. In einer Aussprache über Anträge der Fraktionen von FDP und AfD machten Redner am Donnerstag, 22. April 2021, im Bundestag aber auch deutlich, dass Diskriminierungen und Nachteile für Menschen ohne Impfung verhindert werden müssten.
Antrag der FDP überwiesen
Die FDP-Fraktion fordert in ihrem Antrag (19/28768), die Freiheitsrechte für Geimpfte schnell wiederherzustellen. Sobald ausreichend belegt sei, dass die zugelassenen Impfstoffe das Ansteckungsrisiko in einem Maß reduzierten, dass von Geimpften keine epidemiologische Gefahr mehr ausgehe, ließen sich Beschränkungen nicht länger rechtfertigen.
Die Abgeordneten fordern, die Entwicklung der deutschen Version des Digitalen Grünen Zertifikats zu beschleunigen, sodass ein solcher digitaler Impfpass spätestens zum dritten Quartal 2021eingeführt werden könne. Die gegenseitige Anerkennung der Impfnachweise sollte nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch auf Ebene der Vereinten Nationen sichergestellt werden.
Ferner sollten vollständig geimpfte Personen sowie solche, die infolge einer früheren Corona-Infektion kein Übertragungsrisiko mehr darstellen, von den Freiheitsbeschränkungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) ausgenommen werden. Schnell sollten auch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Genesene und negativ Getestete nicht von den Erleichterungen ausgeschlossen werden. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen. Die FDP hatte sich die Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda gewünscht, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
AfD-Antrag abgelehnt
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag (19/27197) die Bundesregierung dazu auf, die Einführung eines digitalen Corona-Impfpasses zu stoppen. Künftig dürfe nicht der Impfstatus über die Reisefreiheit der Bundesbürger entscheiden. Wie bisher sollte der Internationale Impfausweis für eine gegebenenfalls erforderliche Prüfung für den Grenzübertritt ausreichen, um Geschäfts- und Urlaubsreisen zu ermöglichen.
Nach Ansicht der AfD-Fraktion ist es Aufgabe der Bundesregierung, hierbei Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen. Der Antrag wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt.
FDP: Wir sind seit Jahren unterdigitalisiert
Der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin warf der Bundesregierung vor, schon seit Jahren bei der Digitalisierung zu langsam zu sein. Wirksame Maßnahmen kämen immer zu spät, das sei ein „Muster an Schlafmützigkeit“. Auch Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP) beklagte: „Im Gesundheitswesen sind wir seit Jahren unterdigitalisiert.“
Es gehe dabei nicht nur um die Infrastruktur im Gesundheitswesen, sondern auch um konkrete Prozesse. Zu den Zielen der Digitalisierung gehörten mehr Zeit für Patienten und mehr Sicherheit. Der digitale Impfpass sei essenziell, analoge Lösungen seien nicht mehr zeitgemäß. Wichtig sei aber eine international einheitliche Lösung.
AfD: Corona-Impfpass nicht zum Maß aller Dinge machen
Skeptisch äußerte sich Dr. Michael Espendiller (AfD), der mehr Schutz für Menschen einforderte, die, aus welche Gründen auch immer, nicht geimpft seien. Er betonte: „Niemand sollte direkt oder indirekt zur Impfung gegen das Coronavirus gezwungen werden.“ Und fügte hinzu: „Niemand sollte dazu gezwungen werden, für die Ausübung seiner Grundrechte einen Corona-Impfpass vorzeigen zu müssen.“
Die allgemeine Handlungsfreiheit sei ein Grundrecht, der digitale Corona-Impfpass dürfe nicht zum Maß aller Dinge gemacht werden. Es sei völlig legitim, Impftermine auch abzulehnen. Er forderte, die mögliche Diskriminierung nicht geimpfter Menschen mit einem Gesetz zu unterbinden.
Linke: Niemanden zum digitalen Impfnachweis zwingen
Auch Anke Domscheit-Berg (Die Linke) betonte, wichtig seien Wahlfreiheit und ein Diskriminierungsverbot. „Niemand darf zum digitalen Impfnachweis gezwungen werden.“ Es müssten Alternativen angeboten werden, etwa der gelbe Papierausweis.
Zudem müsse sichergestellt werden, dass Ausnahmen von Einschränkungen auch auf andere Weise dokumentiert werden könnten, beispielsweise mit negativen Tests, weil sonst ein indirektes Reiseverbot für Eltern mit Kindern drohe, da es noch keine Impfungen für Kinder mit zugelassenen Impfstoffen gebe. Nötig sei außerdem eine Anpassung an die epidemiologische Lage, sagte die Linken-Abgeordnete mit Blick auf die Corona-Mutanten.
Grüne wollen Solidarität von Geimpften mit nicht Geimpften
Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen) erinnerte an die aktuell kritische Infektionslage und mahnte ein behutsames Vorgehen an. Es sei derzeit vordringlich, zu niedrigeren Inzidenzen zu kommen. Dabei gehe es auch um die Solidarität von Geimpften mit nicht Geimpften. Mit digitalen Werkzeugen allein und ohne Zusammenhalt sei die Pandemie nicht zu bekämpfen.
Die epidemiologische Sachlage sei zudem nicht ganz einfach, sagte die Grünen-Politikerin und verwies auf unklare Immunitätsfragen. Nur wenn es in dieser Frage eine abschließende Sicherheit gebe, machten Impfnachweise auch Sinn. Dazu müssten die wissenschaftlichen Grundlagen immer wieder hinterfragt werden.
CDU/CSU: Planungen für digitalen Impfpass laufen bereits
Tino Sorge (CDU/CSU) zeigte Verständnis für die Hoffnung der Menschen, möglichst bald zu den alten Freiheitsrechten und einem normalen Leben zu kommen. Grundrechte seien auch Freiheitsrechte. Die Digitalisierung könne dazu beitragen.
Er wies Vorhaltungen der FDP zurück, wonach Deutschland digital zu langsam sei und auch auf europäischer Ebene hinterherhinke. Die Planungen für den digitalen Impfpass liefen bereits auf Hochtouren. Das Ziel sei klar: Das Leben möglichst schnell zu normalisieren und den Grundrechten wieder zur Geltung zu verhelfen.
SPD: Impfzertifikat auf EU-Ebene vereinbart
Sabine Dittmar (SPD) erinnerte an den gerade erst gefassten Beschluss des Bundestages, die Bundesregierung dazu zu ermächtigen, mit einer Rechtsverordnung Erleichterungen und Ausnahmen von Geboten und Verboten für Immunisierte oder negativ Getestete vorzusehen. Sie gehe davon aus, dass die Verordnung schnell vorgelegt werde. In der jetzigen Lage sei es entscheidend, mit der Impfkampagne zügig voranzukommen.
Die Impfquoten entwickelten sich auch erfreulich. „Das gibt uns doch Hoffnung und eine Perspektive für den Sommer.“ Ab 2022 könnten Impfungen als Teil der elektronischen Patientenakte (ePA) digital dokumentiert werden. Auf EU-Ebene sei ein Impfzertifikat vereinbart worden, das Projekt laufe bereits. (pk/22.04.2021)