Bundestag fordert Abzug russischer Truppen aus der Ostukraine
Der Bundestag hat angesichts der russischen Truppenbewegungen und der wachsenden Gefahr einer Eskalation in der Ostukraine an die Führung in Moskau appelliert, sich von der ukrainischen Grenze zurückzuziehen und einen Beitrag zum Abbau der aktuellen Spannungen zu leisten. In einer auf Verlangen von CDU/CSU und SPD anberaumten Aktuellen Stunde warf unter anderem der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), Russland ein „zunehmend aggressives Verhalten“ und Völkerrechtsbruch vor. Es gefährde Frieden, Stabilität und Souveränität „nicht nur der Ukraine, sondern der gesamten Region“.
Regierung: Schlüssel für Deeskalation liegt in Moskau
Roth betonte, anders als von der Führung in Moskau behauptet gebe es keine militärischen Aktionen der Ukraine an ihrer Ostgrenze. Der Schlüssel für eine Deeskalation liege in Moskau.
Der SPD-Politiker versicherte, die Bundesregierung werde keine Möglichkeit für eine diplomatische Lösung ungenutzt lassen, weitere Sanktionen gegen Russland könnten aus ihrer Sicht jedoch aktuell keinen Beitrag leisten. Roth forderte überdies die „unverzügliche Freilassung“ des Kremlkritikers Alexej Nawalny.
CDU/CSU: Verhalten Russlands „unverzeihlich“
Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU) nannte das Verhalten Russlands auch mit Blick auf die Inhaftierung Nawalnys, den Mord im Berliner Tiergarten und die Bombardierung von Krankenhäusern und Zivilisten in Syrien durch russische Truppen „unverzeihlich“. Präsident Wladimir Putin breche wiederholt internationales Recht. „Wir können die europäische Friedensordnung nur durchsetzen, wenn wir prinzipienfest sind“, stellte Wadephul klar.
An Moskau appellierte er: „Ziehen Sie diese Truppen ab, deeskalieren Sie, kehren Sie zurück ins Normandie-Format.“ Deutschland und Frankreich seien bereit zu vermitteln.
FDP: Kreml agiert immer nervöser
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sagte, der Kreml agiere angesichts der im September anstehenden Parlamentswahlen immer nervöser. „Die Opposition wird drangsaliert, NGOs diskriminiert und Nawalny inhaftiert.“ Doch die Russinnen und Russen hätten Demokratie verdient, „und dabei sollten wir sie unterstützen“. Am russischen Aufmarsch an der ostukrainischen Grenze seien 120.000 Soldaten beteiligt gewesen, betonte Lambsdorff, inklusive gepanzerter Verbände, Infanterie, Artillerie, Lazaretten und Landungsbooten.
Demgegenüber habe es keinerlei feindliche Aktivitäten der Nato gegeben. Diese Behauptung sei „russische Desinformation“. Ziel Moskaus sei es, die Ukraine einzuschüchtern und unter Umständen eine militärische Invasion vorzubereiten. „Das werden wir nicht akzeptieren“, stellte Lambsdorff klar.
Linke: Russen und Ukrainer müssen sich zurückziehen
Für die Fraktion Die Linke warnte Heike Hänsel vor einer wachsenden Kriegsgefahr. Sowohl die russischen als auch die ukrainischen Truppen müssten sich zurückziehen. Der Bundesregierung warf Hänsel einseitige Kritik am russischen Aufmarsch vor. Sie verwies auf das größte US-Manöver, das derzeit mit Nato-Unterstützung in Osteuropa stattfinde, sowie auf den „Nato-Aufmarsch im Schwarzen Meer, der durch britische Kriegsschiffe noch verstärkt werden soll“.
Wer darüber nicht rede, könne Moskau nicht glaubwürdig auffordern zu deeskalieren, urteilte sie. „Entspannungspolitik kann nur gelingen, wenn Sicherheitsinteressen, die auf beiden Seiten bestehen, auch gegenseitig anerkannt werden.“ Von der Bundesregierung verlangte die Linken-Politikerin mehr bilaterale Initiativen.
AfD: Moskaus Truppenverstärkung ein „Schritt zur Deeskalation“
Dr. Anton Friesen (AfD) warf der Ukraine sowie den USA und Großbritannien ebenfalls „Provokationen in Richtung Moskau“ vor. Auch blocke die Ukraine bei der Umsetzung der Minsker Friedensvereinbarung. Dass Moskau seine Truppen an der ukrainischen Grenze verstärke, sei daher „keine Kriegsankündigung, sondern ein Schritt zur Deeskalation“, befand er.
Er sieht den Ball bei der Kiewer Führung. Deutschland müsse sich für eine neue Vermittlerrolle zwischen Moskau und Washington stark machen.
Grüne: AfD vertritt die Interessen des Kremls
Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD daraufhin vor, die Interessen des Kremls und der dortigen „korrupten Machtclique“, jedoch nicht die Interessen des russischen Volkes zu vertreten. Von ukrainischer Seite hätten in den vergangenen Monaten keine Truppenverlegungen stattgefunden, betonte auch er.
Anders von Heike Hänsel behauptet, könne ein Krieg auch nicht dadurch verhindert werden, dass die ukrainischen Kräfte aus den Schützengräben zurück in die Kasernen gingen. „Nur Putin kann einen Krieg verhindern, indem er den Separatisten im Osten den Stecker zieht“, urteilte Sarrazin. (joh/22.04.2021)