Bundesregierung legt Gesetzentwurf „für faire Verbraucherverträge“ vor
Die Verbraucherschutzpolitik stand im Mittelpunkt einer Bundestagsdebatte am Freitag, 26. Februar 2021. Den Abgeordneten lag dazu der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf „für faire Verbraucherverträge“ (19/26915) vor. Im Verlauf der halbstündigen Debatte wurde auch ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Vorabwiderrufsbelehrung einführen − Effektiver Verbraucherschutz durch Kurzinformationen“ (19/26630) beraten. Beide Vorlagen wurden im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Der Regierungsentwurf sieht vor, die Wirksamkeit einer Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) über eine bindende Vertragslaufzeit von über einem Jahr bis zu zwei Jahren an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Eine solche Vertragslaufzeitvereinbarung von über einem Jahr solle zukünftig nur wirksam sein, wenn dem Verbraucher auch ein Angebot über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von einem Jahr und zu einem Preis gemacht wird, „welcher den Preis für den Vertrag mit der längeren Laufzeit nicht um mehr als 25 Prozent im Monatsdurchschnitt übersteigt“, heißt es in der Vorlage.
Mit Blick auf automatische Vertragsverlängerungen will die Regierung regeln, dass Verträge nur dann automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden, wenn das Unternehmen den Kunden rechtzeitig auf seine Kündigungsmöglichkeit hinweist. Diese Regelungen zu Vertragslaufzeit und Verlängerungen sollen durch eine verkürzte Kündigungsfrist von einem Monat ergänzt werden.
Textformerfordernis für Energielieferverträge
Ein weiterer Bereich in dem Entwurf betrifft die Textformerfordernis für Energielieferverträge. Für Strom- und Gaslieferverträge soll – unabhängig von den genutzten Vertriebskanälen – im Haushaltskundenbereich außerhalb der Grundversorgung eine Textformerfordernis eingeführt werden. Das bedeutet, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Vertragserklärung für einen Vertrags- oder Lieferantenwechsel in Textform, beispielsweise per E-Mail, abgegeben müssen, damit der Vertrag wirksam zustande kommt.
Damit werden laut Bundesregierung strengere Anforderungen an das Zustandekommen von Energielieferverträgen außerhalb der Grundversorgung gestellt, Verbraucher besser vor einem telefonisch aufgedrängten Lieferanten- oder Vertragswechsel geschützt und ihre Position im Streitfall gestärkt.
Antrag der FDP-Fraktion
Um effektiven Verbraucherschutz geht es im Antrag der FDP-Fraktion. Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der Antragsteller auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass bei Verträgen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, für die ein Widerrufsrecht besteht, bei der verbindlichen, vom Unternehmer vorformulierten Vertragserklärung des Verbrauchers eine verkürzte Vorabwiderrufsbelehrung aufgeführt sein muss.
Widerrufsbelehrungen in europarechtlich vorgegebenen Mustertexten wie der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ sollten immer an erster Stelle aufgeführt werden.
Warnung vor „Intransparenz durch Überinformation“
Um bei dieser Belehrung über den Widerruf für Rechtssicherheit zu sorgen, habe sich der deutsche Gesetzgeber den Antragstellern zufolge entschieden, den Unternehmern für die unterschiedlichen Vertragsformen jeweils eine Musterwiderrufsbelehrung an die Hand zu geben. Aufgrund der jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs müsse die Musterwiderrufsbelehrung für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge angepasst und die bisher dabei genutzte Kaskadenverweisungstechnik aufgegeben werden.
Das erleichtere zwar den Verbrauchern das Auffinden aller relevanten Informationen, weil diese nun sämtlich in der Widerrufsbelehrung aufgeführt werden müssen. Gleichzeitig werde damit jedoch eine Intransparenz durch Überinformation geschaffen, weil die Widerrufsbelehrung so zwangsweise mehrere Seiten umfassen müsse. (mwo/hau/26.02.2021)