Regierung will elektronische Wertpapiere in Deutschland einführen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. März 2021, in erster Lesung über drei Gesetzentwürfe der Bundesregierung für diverse Reformen im Bereich des Kapitalmarkts beraten. So plant die Bundesregierung unter anderem, elektronische Wertpapiere in Deutschland einzuführen (19/26925), die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten neu zu regeln (19/26929) und die sogenannte Covered-Bonds-Richtlinie der EU durch Änderung des Pfandbriefgesetzes umzusetzen (19/26927). Die Neuregelung zielt darauf, die Mindestharmonisierung der europäische Kapitalmarktunion zu stärken. Alle Vorlagen wurden im Anschluss an die halbstündige Debatte zusammen mit einem Antrag der FDP-Fraktion (19/26025) zur weiteren Beratung in den federführenden Finanzausschuss überwiesen.
Einführung elektronischer Wertpapiere
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt (19/26925). Damit will sie das deutsche Recht generell für elektronische Wertpapiere, also für Wertpapiere ohne Urkunde öffnen. In einem ersten Schritt soll die elektronische Begebung von Schuldverschreibungen ermöglicht werden, in kleinerem Umfang auch die Begebung von Anteilsscheinen. Die Regelung soll technologieneutral erfolgen, so sollen über Blockchain begebene Wertpapiere gegenüber anderen elektronischen Begebungsformen nicht begünstigt werden.
Die bisher erforderliche Wertpapierurkunde soll durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt werden. Es soll eindeutig festgelegt werden, dass elektronische Wertpapiere wie Sachen behandelt werden, sodass Eigentümer denselben Eigentumsschutz genießen wie bei Wertpapierurkunden.
Die Bundesregierung begründet ihren Entwurf damit, dass in der Praxis ein Bedürfnis dafür bestehe, eine Unternehmensfinanzierung auch durch Wertpapiere zu ermöglichen, die elektronisch und gegebenenfalls mittels Blockchain-Technologie begeben werden.
Neue Regeln für die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten
Die Bundesregierung hat zudem den Entwurf eines Gesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (19/26929) vorgelegt. Das Gesetz dient der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie 2019 / 2034. Danach soll die Aufsicht über Wertpapierinstitute vollständig aus dem Kreditwesengesetz (KWG) herausgelöst werden. Hierdurch soll insbesondere für rund 750 kleine und mittlere Wertpapierinstitute, die geringere Anforderungen einhalten müssen, eine einfache und übersichtliche Gesetzessystematik geschaffen werden. Dieses spezifische Aufsichtssystem sei nötig, um eine risikoadäquate Aufsicht herbeizuführen.
Wertpapierinstitute sind Finanzunternehmen, die eine auf Finanzinstrumente bezogene Finanzdienstleistung anbieten, aber anders als ein Kreditinstitut keine Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums annehmen.
Änderung des Pfandbriefgesetzes
Die Bundesregierung hat schließlich auch einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der sogenannten Covered-Bonds-Richtlinie der EU vorgelegt (19/26927). Die Umsetzung der Richtlinie 2019 / 2162 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen soll durch Änderungen des Pfandbriefgesetzes vollzogen werden. Der Bezeichnungsschutz, der sich bislang nur auf die Bezeichnung „Pfandbrief“ bezog, soll ausgeweitet werden, um die neuen Bezeichnungen „Europäische gedeckte Schuldverschreibung“ und „Europäische gedeckte Schuldverschreibung (Premium)“ zu schützen.
Alle Pfandbriefe können künftig unter erster Bezeichnung vertrieben werden, während die Bezeichnung mit Premium-Zusatz nur für Hypothekenpfandbriefe, Öffentliche Pfandbriefe und Schiffspfandbriefe verwendet werden darf, die sowohl die Vorgaben der Covered-Bonds-Richtlinie als auch weitere qualifizierte Voraussetzungen erfüllen. Zudem führt die Bundesregierung eine gesetzliche Fälligkeitsverschiebung ein, um Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken, die für den Zeitraum bis zur Verwertung der Deckungswerte drohen können.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem neuen Antrag (19/26025) auf, sich auf EU-Ebene für eine innovationsfreundliche Regulierung blockchain-basierter Vermögenswerte einzusetzen und diese auch in der nationalen Gesetzgebung voranzutreiben. Die Abgeordneten begrüßen im Grundsatz einen von der Europäischen Kommission im September 2020 vorgelegten Entwurf für eine Verordnung, die einen EU-weiten Rechtsrahmen für diese sogenannten Kryptoassets schaffen soll, da damit Rechtssicherheit innerhalb der EU im Umgang mit digitalen Währungen und anderen „tokenisierten Vermögenswerten“ geschaffen werde.
Allerdings ist ihnen dieser Entwurf in mehreren Punkten zu restriktiv beziehungsweise in der Anwendung gerade für Start-ups zu kostenintensiv. Auch würden die Vorschläge dem selbstgesetzten Ziel einer technologieneutralen Regulierung nicht gerecht. Kritik übt die Fraktion zudem an dem Regierungsnetwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren, der „sogar in Teilen einen Rückschritt für die Nutzung der Blockchain-Technologie“ bedeute.
Die FDP-Abgeordneten fordern daher, dass die Bundesregierung bei der Beratung über genannte EU-Verordnung mehrere Maßgaben im Sinne der Mitwirkungsrechte des Bundestages nach Artikel 23, Absatz 3 des Grundgesetzes berücksichtigt. So solle sich die Verordnung auf Produkte konzentrieren, die einen klaren Bezug zu Finanzdienstleistungen oder dem Handel mit Vermögenswerten haben. Die bürokratischen Anforderungen und die Kosten sollten so angepasst werden, dass sie nicht zu einem unüberwindlichen Hindernis für kleinere Start-ups werden. Pauschale Verbote von Stablecoins sollten vermieden werden. Zudem fordert die Fraktion die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zu digitalen Wertpapieren auf, der eine Reihe ihrer Forderungen erfüllt. (ab/sas/04.03.2021)