Die FDP-Fraktion fordert die Erhöhung der Kinderkrankentage unabhängig vom Status der Krankenversicherte. Auch Selbstständige und Freiberufler, die freiwillig oder privat krankenversichert sind, müssten in der Corona-Pandemie unterstützt werden, heißt es in dem Antrag (19/26527), über den der Bundestag am Freitag, 12. Februar 2021, erstmals beraten hat.
Zudem standen zwei ältere Anträge der FDP-Fraktion mit den Titeln „Familienpolitik krisensicher und verlässlich gestalten“ (19/21589) und „Elterngeldverlängerung als Überbrückungshilfe für Familien ermöglichen“ (19/26192) auf der Tagesordnung, zu denen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorlagen (Familienpolitik: 19/26582, Elterngeldverlängerung: 19/26576). Dem ersten Antrag stimmten AfD und FDP zu, während sich die Grünen enthielten und die Koalitionsfraktionen sowie die Linksfraktion dagegen stimmten. Den zweiten Antrag unterstützte neben der FDP nur die AfD,. die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
FDP: Koalition vernachlässigt Alte und Kinder
Gregorios Aggelidis (FDP) warf der Bundesregierung vor, die Familien seit einem Jahr in der Corona-Pandemie „im Regen stehen zu lassen“. Sie habe zwar einige Hilfen auf den Weg gebracht, dabei würden aber immer wieder zahlreiche Familien vergessen, die durchs Raster fielen.
Die Koalition vernachlässige insgesamt die Schwachen in der Gesellschaft: Alte und Kinder. Es sei zudem beschämend, dass das Familienministerium im Corona-Kabinett allenfalls „am Katzentisch“ sitze. Dies müsse sich ändern.
AfD: Pandemie-Maßnahmen völlig überzogen
Unterstützung bekam die FDP zumindest in der Sache von der AfD-Fraktion. Martin Reichardt verwies allerdings darauf, dass seine Fraktion im März vergangenen Jahres bereits ähnliche Anträge gestellt habe. Damals habe die FDP diesen Anträgen aber nicht zugestimmt. Stattdessen buhle die FDP im Familienausschuss um die Zustimmung des „Linksblocks“, dafür werde sie bei der Bundestagswahl die Quittung bekommen.
Die aktuelle Situation durch den Lockdown sei für Familien und Kinder katastrophal. Die Telefonhotline „Nummer gegen Kummer“ verzeichne einen Anstieg der Anrufe um 30 Prozent, in der Kinderpsychologie komme es bereits zu Fällen von Triage. Dies habe die Bundesregierung zu verantworten. Mehr als 98 Prozent der Deutschen seien nicht an Corona erkrankt, die Pandemie-Maßnahmen deswegen völlig überzogen.
CDU/CSU: Kinderkrankengeld wurde erhöht
Die Abgeordneten der Koalition wiesen die Vorwürfe der Opposition zurück. Die Koalition habe im vergangenen Jahr schnell auf die Belastungen für die Familien reagiert, sagte Marcus Weinberg (CDU/CSU). Die Zahl der Kinderkrankentage und damit des Kinderkrankengeldes sei als Lohnersatzleistung für die Eltern auf 20 beziehungsweise 40 für Alleinerziehende erhöht worden.
Es sei richtig, dass Selbstständige und Privatversicherte dies nicht in Anspruch nehmen könnten, räumte Weinberg ein, aber die Koalition arbeite an einer Lösung für dieses Problem. Zudem sei der Zugang zum Kinderzuschlag erleichtert und das Elterngeld reformiert worden. Im vergangenen Jahr habe die Koalition einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro bewilligt, dieses Jahr einen erneuten Bonus von 150 Euro.
SPD: Familien brauchen Planungssicherheit
Sönke Rix (SPD) hielt dem AfD-Abgeordneten Reichardt entgegen, seine Rede sei eine Beleidigung für die Toten der Corona-Pandemie und deren Angehörigen. Ebenso wie Weinberg erinnerte er an die von der Koalition ergriffenen Maßnahmen für die Familien.
Zudem appellierte er eindringlich an die Bundesländer, sich doch noch auf einen gemeinsamen Fahrplan für die Öffnung von Kitas und Schulen zu einigen. Familien bräuchten in der angespannten Situation Planungssicherheit.
Linke: Hilfen für Familien unzureichend
Katrin Werner (Die Linke) bezeichnete die beschlossenen Hilfen für Familien als unzureichend. Vor allem sei der Zugang zu den Hilfen viel zu kompliziert geregelt und würden sich zudem ständig ändern. Es entstehe der Verdacht, es sei gar nicht erwünscht, dass die Hilfen in Anspruch genommen werden.
Die Familien seien in der Corona-Pandemie weitgehend auf sich allein gestellt, müssten Kinderbetreuung und Lohnarbeit unter einen Hut bringen. Viele gingen bereits „auf dem Zahnfleisch“. Ihre Fraktion habe bereits im vergangenen Jahr ein Corona-Elterngeld gefordert, dies müsse nun endlich kommen.
Grüne: Erneuter Kinderbonus reicht nicht aus
Ganz ähnlich argumentierte Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen). Der erneute Kinderbonus von 150 Euro sei „halbherzig“, das reiche nicht aus. Sie unterstützte die Forderung der FDP nach einer Ausweitung der Kinderkrankentage. Es könne nicht sein, dass dies in der derzeitigen Situation vom Versichertenstatus abhängig gemacht werde.
Deligöz bezeichnete es als „peinlich“, dass Bund und Länder sich bei der Frage nach der Öffnung von Kitas und Schulen nicht einigen könnten. Die Eltern und ihre Kinder hätten mehr verdient.
Erster abgelehnter Antrag der FDP
Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollte die Familienpolitik an die Bedingungen der Corona-Pandemie angepasst werden. In ihrem ersten abgelehnten Antrag (19/21589) forderte sie die Bundesregierung auf, in turnusmäßigen Tagungen die verantwortlichen Führungskräfte im Bundesfamilienministerium eine aktuelle Lageeinschätzung zum Pandemiegeschehen vornehmen und Anpassungen von familienpolitischen Gesetzen und Regelungen vorschlagen zu lassen. Ebenso müsse das Familienministerium bei allen pandemiebedingten Krisensitzungen wie beispielsweise des sogenannten Corona-Kabinetts teilnehmen.
Die Liberalen sprachen sich zudem für Lohnentschädigungen aus, die im Fall von Einschränkungen des Regelbetriebs von Kitas, Schulen und anderen Kindertageseinrichtungen an die betroffenen Eltern für entfallenen Lohn gezahlt werden. Während der Corona-Krise sollten diese Lohnentschädigungen auch während der Kita- und Schulschließungen in der Ferienzeit gezahlt werden. Darüber hinaus sollte die Beschränkung von Krankentagen pro Kind für Eltern während Epidemien von nationaler Tragweite ausgesetzt werden.
Zweiter abgelehnter Antrag der FDP
Der Bezug des Elterngeldes sollte nach dem Willen der FDP-Fraktion verlängert werden, wenn sich die Aufnahme von Kindern in eine Kita wegen der coronabedingten Schließung von Betreuungseinrichtungen verschiebt. Die Bundesregierung sollte hierfür die Möglichkeit schaffen, fordert sie in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/26192).
Familien trügen momentan die Hauptlast der Ausbreitung des Coronavirus. Durch die Schließung oder Einschränkungen des Regelbetriebs von Kitas und Schulen müssten Eltern deutlich größere Lasten tragen, argumentieren die Liberalen. Aufgabe der Politik müsse es sein, Lösungen für die betroffenen Eltern während der Pandemie zu schaffen.
Neuer Antrag der FDP
Die FDP fordert in ihrem neuen Antrag (19/26527) die Bundesregierung auf, in Anlehnung an das von der nordrhein-westfälischen Landesregierung beschlossene Hilfsprogramm zur finanziellen Entschädigung für selbstständige oder freiberuflich tätige, freiwillig gesetzlich versicherte oder privatversicherte Eltern mit Kita- und Schulkindern unter zwölf Jahren ein eigenes bundesweites Hilfsprogramm zu entwickeln und umzusetzen.
Zur Begründung heißt es unter anderem, die beschlossene Ausweitung der Kinderkrankentage auf 2021 könne nur von Elternteilen in Anspruch genommen werden, die gesetzlich krankenversichert sind. Damit sei eine enorme Lücke in der Unterstützung in Kauf genommen worden. Selbstständige, freiwillig gesetzlich Versicherte, Privatversicherte und Freiberufler würden bei dieser Unterstützung außen vor gelassen. (aw/vom/12.02.2021)