Linke will Abgeordnete in gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen
Bundestagsabgeordnete sollten aus Sicht der Fraktion Die Linke von der kommenden Wahlperiode an in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Einen entsprechenden Antrag der Abgeordneten (19/17255) hat der Bundestag am Freitag, 30. Oktober 2020, nach erster Aussprache zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Abgelehnt wurde hingegen mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition ein Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des Bundesministergesetzes (19/17512), der die Ruhegehaltsregelungen für Mitglieder der Bundesregierung in den Blick nimmt. Der Ausschuss für Inneres und Heimat hatte dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/23794).
Linke: Deutlich höherer Anspruch der Abgeordneten
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) betonte, die Abgeordneten hätten nach zwei Wahlperioden einen deutlich höheren Anspruch als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer nach 45 Versicherungsjahren. Dieser zahle aber auch noch mit seinen Steuern für die Altersversorgung der Bundestagsabgeordneten. „Das ist nicht vermittelbar“, sagte Bartsch.
Er verwies auf Österreich mit einer Erwerbstätigenversicherung für alle und einer deutlich höheren durchschnittlichen Rentenleistung.
CDU/CSU: Eine Debatte aus wahltaktischen Gründen
Patrick Schnieder (CDU/CSU) warf der Linken vor, diese Debatte nur aus wahltaktischen Gründen führen zu wollen. Er verwies auf eine unabhängige Expertenkommission, die sich zu dem heutigen Prinzip der Abgeordnetenentschädigung und Altersversorgung ausdrücklich bekannt habe.
„Unser System stellt sicher, dass die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Abgeordneten gewährleistet werden und für die Altersversorgung nicht die Diäten erhöht werden müssen“, betonte Schnieder.
AfD: Linke will gesamtes Rentensystem umbauen
Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) sagte, die Einbeziehung der Abgeordneten in das Rentensystem wäre ein Zeichen der Solidarität. „Aber warum haben Sie es nicht bei dieser Forderung belassen?“
Sie unterstellte der Linken, dass es dieser nicht nur um die Abgeordneten, sondern um einen Umbau des gesamten Rentensystems gehe, der außerdem nicht verfassungskonforme Forderungen wie eine Verdoppelung der Beitragsbemessungsgrenze enthalte.
SPD: Alle Erwerbstätigen in Rentenversicherung aufnehmen
Ralf Kapschack (SPD) zeigte sich offen für den Linken-Antrag. „Es ist an der Zeit, alle Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen und Sondersysteme zu überwinden. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit und des Zusammenhalts, wenn sich alle an der Finanzierung der Solidarsysteme beteiligen.“
Es stärke die Glaubwürdigkeit, wenn sich politische Mandatsträger künftig den gleichen Bedingungen unterwerfen, die auch für abhängig Beschäftigte gelten, sagte Kapschack.
FDP: Über Strukturveränderungen reden
Konstantin Kuhle (FDP) nannte die Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einen Fehler, der zudem Probleme wie den demografischen Wandel nicht löse und unsystematisch sei. Denn offenbar sollten Beamte des öffentlichen Dienstes nicht in den von der Linken vorgeschlagenen Umbau mit einbezogen werden.
Prinzipiell sei es aber richtig, über „Strukturveränderungen“ zu reden. Deshalb habe seine Fraktion auch vorgeschlagen, dass Minister nach zwei Jahren Amtszeit in Bezug auf die Altersversorgung nicht so behandelt werden, als wären sie vier Jahre im Amt gewesen.
Grüne: Methode Populismus löst kein Problem
Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, es sei in der Sache richtig, sich der Frage der Altersversorgung der Abgeordneten zu widmen. Sie warf der Linken jedoch vor, dies mit dem grundsätzlichen Umbau des Rentensystems zu verbinden. „Das ist nicht zu Ende gedacht und hat die Methode Populismus. Das löst kein einziges Problem.“
Stattdessen sollte sich eine interfraktionelle Gruppe noch einmal mit den Vorschlägen der Unabhängigen Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts für ein Bausteinsystem der Altersvorsorge beschäftigen, schlug sie vor. (che/30.10.2020)
Überwiesener Antrag der Linken
Nach Auffassung der Linksfraktion sollten „auf dem Weg hin zu einer Erwerbstätigenversicherung, in der alle Erwerbstätigen mit ihrem jeweiligen Erwerbseinkommen versicherungspflichtig sein sollen“, in einem ersten, symbolischen Schritt auch Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.
Die Linke begründet eine solche Ausweitung des Versichertenkreises auch damit, dass dies mittelfristig die gesetzliche Rentenversicherung stabilisieren würde. Je nach Ausgestaltung und Zeitpunkt der Umstellung würde der Beitragssatz bis 2040 gegenüber aktuellen Berechnungen sinken und das Sicherungsniveau der Renten hingegen deutlich steigen, heißt es zur Begründung in dem Antrag (19/17255).
Abgelehnter Gesetzentwurf der FDP
Die FDP zielte mit ihrem Gesetzentwurf (19/17512) auf eine Änderung von Ruhegehaltsregelungen für Mitglieder der Bundesregierung ab. Die Fraktion führte darin aus, dass das Gesetz Regierungsmitgliedern „in zwei besonderen Fällen unverhältnismäßig hohe Versorgungsansprüche“ zuweist. So gelte nach dem Bundesministergesetz in der derzeitigen Fassung für Ressortchefs, „die nach einer Amtszeit von mehr als zwei, aber weniger als vier Jahren durch Ausscheiden des Bundeskanzlers oder durch Auflösung des Bundestages ihr Amt verlieren, eine rechtliche Fiktion, wonach ihre abgeleistete Amtszeit bei der Berechnung des Ruhegehaltsanspruchs als Amtszeit von vier Jahren gilt“.
Zudem sei „die Minderung des Ruhegehalts bei vorzeitiger Beantragung auf maximal 14,4 Prozentpunkte (entsprechend einer Minderung für einen um vier Jahre früheren Ruhestand) beschränkt“, heißt es in der Vorlage weiter. Zusammen mit der Verschiebung der Regelaltersgrenze für Beamte auf 67 Jahre ergebe sich daraus „eine besondere Form der ,Rente mit 63' speziell für Bundesminister: Beantragen sie bereits zur Vollendung des 60. Lebensjahres das Ruhegehalt, wird es so berechnet, als hätten sie schon das 63. Lebensjahr vollendet“.
Der Gesetzentwurf der Fraktion sah daher vor, die rechtliche Fiktion, wonach „unter bestimmten Umständen eine Amtszeit als Bundesminister von mehr als zwei Jahren als Amtszeit von vier Jahren gilt“, aufzuheben und stattdessen eine Regelung einzuführen, die die Versorgungsansprüche proportional zur tatsächlichen Amtszeit ansteigen lässt. (che/hau/sto/30.10.2020)