Linke und Grüne fordern Reform der Wirtschaftsprüfung
Der Bundestag hat am Freitag, 27. November 2020, erstmals über zwei Vorlagen der Opposition zur Reform der Wirtschaftsprüfung beraten. Der Antrag der Linksfraktion trägt den Titel „Wirtschaftsprüfung reformieren, Interessenkonflikte reduzieren“ (19/22204). Bündnis 90/Die Grünen fordern, die Abschlussprüfung neu zu regeln, um Bilanzbetrug schnell aufdecken und erfolgreich bekämpfen zu können (19/23730). Beide Anträge wurden im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.
Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke strebt eine umfangreiche Neuordnung des Systems der Wirtschaftsprüfung an, um damit unter anderem Interessenkonflikte zu reduzieren. So sollen Unternehmen für die Abschlussprüfung nicht länger ihre Prüfer frei benennen und bezahlen, heißt es in ihrem Antrag (19/22204). Stattdessen sei eine umlagefinanzierte zentrale Bestellung und Vergütung notwendig. Die Unternehmen müssten dann entsprechend ihrer Größe und dem damit verbundenen Prüfungsumfang in einen Fonds einzahlen, aus dem nach einem Zufallsprinzip alle fünf Jahre Prüfer bestellt und entlohnt werden würden. Die Bestellung soll durch eine unabhängige Regulierungsbehörde erfolgen. Außerdem soll die Prüfung eines Unternehmens strikt von der Beratung durch dasselbe Wirtschaftsprüfungsunternehmen getrennt werden. Kleine und mittelgroße Wirtschaftsprüfungsunternehmen sollen an diesem Prüfungsverfahren teilnehmen können.
Zur Begründung schreibt die Fraktion, der Wirecard-Skandal sei kein Einzelfall. Die Bilanzmanipulationen bei der Wirecard AG würden die Defizite der Wirtschaftsprüfung verdeutlichen. So seien Jahresabschlüsse von Wirecard durch das Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY über viele Jahre uneingeschränkt testiert worden, obwohl mittlerweile davon auszugehen sei, dass etwa ein Drittel der Bilanzsumme des Zahlungsabwicklers nicht nachweisbar sei.
Antrag der Grünen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Regeln der Abschlussprüfung so verändern, dass Bilanzbetrug von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften schnell aufgedeckt und erfolgreich bekämpft werden kann. Wirtschaftsprüfer würden durch die von ihn vorgenommenen Prüfungen der Abschlüsse und Lageberichte von Unternehmen eine wichtige Aufgabe erfüllen, stellt die Fraktion in ihrem Antrag (19/23730) fest. Das Urteil der Wirtschaftsprüfer sei Grundlage für Investitionsentscheidungen, für Kreditvergaben, das Eingehen von Geschäftsbeziehungen und solle schließlich Gläubiger, Arbeitnehmer sowie Steuerzahler vor zu hohen Kosten durch Insolvenzen schützen. Genau das sei jedoch im Fall des insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard nicht passiert, stellt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fest.
Dazu schlägt die Fraktion in ihrem Antrag eine Reihe von Maßnahmen vor. So soll als Ziel von Prüfungen auch die Aufdeckung von Bilanzbetrug klar im Gesetz verankert werden. Die Unabhängigkeit von Prüfern soll gewährleistet werden, indem die Rotation von Abschlussprüfungsgesellschaften auf mindestens sechs Jahre bei Unternehmen von öffentlichem Interesse reduziert wird. Zur Sicherstellung der Unabhängigkeit soll außerdem eine klare rechtliche Trennung des Abschlussprüfungs- vom Beratungsgeschäft bei den Prüfungsgesellschaften erfolgen. Nur so könne jede Gefahr von Interessenskonflikten ausgeschlossen werden. Die Haftungsobergrenzen für Abschlussprüfer seien deutlich zu niedrig und müssten angepasst werden, verlangt die Fraktion. (hle/sas/27.11.2020)