2. Untersuchungsausschuss

Zeuge: Scheuers Gespräche über Maut waren unpro­blematisch

Blick aus der Vogelperspektive auf Autos auf einer Autobahn

Der Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss setzte seine Zeugenvernehmungen fort. (© picture alliance/dpa)

Aus Sicht des Bundeskanzleramts gab es keine Notwendigkeit, dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Bundeskanzlerin über Gespräche mit österreichischen Spitzenpolitikern informierte, in denen es auch um die Pkw-Maut ging. Dies hat Dirk Pung-Jakobsen, Leiter des Referats Verkehrspolitik und Nachhaltige Mobilität im Bundeskanzleramt, am Donnerstag, 19. November 2020, im 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“) erklärt.

Gespräche auch mit Österreichs Kanzler Kurz

Pung-Jakobsen war bereits im Mai ein erstes Mal im Untersuchungsausschuss vernommen worden. Hauptgrund für seine neuerliche Vorladung waren Aussagen von Bundesverkehrsminister Scheuer in seiner Befragung am 1. und 2. Oktober, wonach er am Rande von Veranstaltungen mehrfach mit österreichischen Politikern – darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem österreichischen Finanzminister – über die Klage Österreichs gegen die deutsche Pkw-Maut gesprochen habe.

„In diesem Kontext“ sei keine Mitteilung an das Bundeskanzleramt nötig gewesen, sagte Pung-Jakobsen in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Es habe sich dabei ja nicht um Regierungskonsultationen gehandelt. Wenn Scheuer am Rande einer Parteiveranstaltung mit einem österreichischen Parteifreund spreche, „muss man da nichts hineingeheimnissen“, sagte der Zeuge – zumal Österreich seine Klage ja nicht zurückgezogen habe. Auf die Frage, ob man die Gespräche des Ministers nicht hätte dokumentieren müssen, erklärte er, er sei für Verkehrspolitik und nicht für die Geschäftsordnung der Bundesregierung zuständig.

Die Haltung der EU-Kommission 2016

Ein weiteres Thema der Befragung waren die Aussagen, die Martin Selmayr, der ehemalige Kabinettchef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, in der Ausschusssitzung vom 5. November getätigt hatte. Selmayr hatte darauf hingewiesen, dass die 2016 gefundene Einigung zwischen der damaligen EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc und dem damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nicht so habe verstanden werden dürfen, dass die deutschen Pläne für die Pkw-Maut auf jeden Fall europarechtskonform gewesen seien. 

„Wir sind davon ausgegangen, dass sich die deutsche Auffassung auf dem Rechtsweg durchsetzt“, sagte hingegen Pung-Jakobsen. Die Haltung der Kommission sei als „eindeutiges Signal“ verstanden worden, dass die Pkw-Maut in der vorgesehenen Form mit EU-Recht vereinbar sei. Als „überraschend“ bezeichnete der Zeuge die Aussage Selmayrs, dass Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof nur geringe Chancen gehabt habe.

Nicht vernommen werden konnten die beiden anderen in der Tagesordnung aufgeführten Zeugen. Sie ließen sich krankheitsbedingt entschuldigen.

Auftrag des Untersuchungsausschusses

Der Bundestag hatte den Ausschuss am 28. November 23019 mit den Stimmen der Oppositionsfraktionen AfD, FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD mit neun ordentlichen und neun stellvertretenden Mitgliedern eingesetzt. Er soll das Verhalten der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und seiner nachgeordneten Behörden, seit Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD für die Wahlperiode von 2013 bis 2017 im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Einführung der Infrastrukturabgabe (Pkw-Maut) umfassend aufklären.

Dabei sind das Vergabeverfahren, die Kündigung der Verträge zur Erhebung und Kontrolle und die daraus resultierenden Folgen inklusive der Prozesse zur Abwicklung des Projekts ebenso Gegenstand der Untersuchung sein wie die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten und die Aufklärungs- und Informationspraxis der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag zu diesen Vorgängen. Der Ausschuss soll zudem prüfen und Empfehlungen geben, welche Schlussfolgerungen zu ziehen und welche Konsequenzen aus seinen gewonnenen Erkenntnissen zu ergreifen sind. (chb/19.11.2020)

Liste der geladenen Zeugen

  • Dr. Burkhard Frisch, ehemals KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
  • Dirk Pung-Jakobsen, Bundeskanzleramt
  • Dr. Stefan Lütje, Greenberg Traurig Germany, LLP

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