Bundestag will Gedenkort in Berlin für polnische Weltkriegsopfer
Mit der deutsch-polnischen Geschichte hat sich der Bundestag am Freitag, 30. Oktober 2020, auseinandergesetzt. Er nahm einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen mit dem Titel „Mit einem Ort des Erinnerns und der Begegnung dem Charakter der deutsch-polnischen Geschichte gerecht werden und zur Vertiefung der besonderen bilateralen Beziehungen beitragen“ (19/23708) an. Die Antragsteller und die Linksfraktion stimmten für die Initiative, die AfD enthielt sich.
Ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Ein binationales deutsch-polnisches Museum – Gedenken, Aufklärung und Verantwortung“ (19/23646) wurde nur noch von den Grünen unterstützt. Bei Enthaltung der AfD stimmten CDU/CSU, SPD und FDP dagegen.
Angenommener Antrag der vier Fraktionen
Mit der Annahme des Antrags der vier Fraktionen (19/23708) wurde die Bundesregierung aufgefordert, an prominenter Stelle in Berlin einen Ort zu schaffen, der im Kontext des besonderen deutsch-polnischen Verhältnisses den polnischen Opfern des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzung Polens gewidmet und ein Ort der Begegnung und Auseinandersetzung mit der Geschichte ist. Er soll Deutsche und Polen zusammenbringen und damit zur Vertiefung der Beziehungen, zu Verständigung und Freundschaft sowie zum Abbau von Vorurteilen beitragen.
Dazu soll ein Konzept in Zusammenarbeit mit polnischen und deutschen Experten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, darunter dem Deutschen Polen-Institut, erarbeitet werden. An dem zu schaffenden Ort wollen die Fraktionen Raum für zivilgesellschaftliche Aktivitäten wie Jugendarbeit, politische Bildung und Begegnung einplanen. Der Erinnerungsort soll außerhalb der Gedenkstättenkonzeption des Bundes verwirklicht werden.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Linke hatte in ihrem abgelehnten Antrag (19/23646) die Bundesregierung aufgefordert, bei den nächsten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen Gespräche mit der polnischen Seite betreffend der Gründung eines deutsch-polnischen Doppelmuseums mit Standorten jeweils im anderen Land aufzunehmen.
Auch sollte eine Kommission aus Vertretern von Politik, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft aus beiden Ländern eingesetzt werden, die Überlegungen zur künftigen Gestalt dieses Doppelmuseums, seiner rechtlichen Verfasstheit sowie seiner inhaltlichen Perspektiven erarbeitet und erste Ergebnisse bis 1. September 2021 präsentiert.
Abgesetzter Antrag der Linken
Von der Tagesordnung abgesetzt wurde die zunächst vorgesehene erste Beratung eines weiteren Antrags der Fraktion Die Linke aus dem März 2019, der ebenfalls den Titel „Ein binationales deutsch-polnisches Museum – Gedenken, Aufklärung und Verantwortung“ (19/8356) trägt. Darin fordert die Linksfraktion die Bundesregierung auf, bei den nächsten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen über die Gründung eines binationalen Museums mit Standorten in beiden Ländern Gespräche zu führen. Zudem solle eine Kommission mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft beider Länder eingesetzt werden, die bis zum 1. September 2020 erste Überlegungen zur inhaltlichen Konzeption und rechtlichen Verfasstheit des Doppelmuseums vorlegen sollte.
Ein deutsch-polnisches Doppelmuseum biete die Möglichkeit, über kulturhistorische Wahrnehmungen und Mythen aufzuklären. Es habe einen Ausstrahlungseffekt auf die Zivilgesellschaft und erlaube vielfältige gemeinsame Projekte in Schulen und mit Jugendlichen in Deutschland und Polen, heißt es in dem Antrag. (aw/hau/30.10.2020)