Bundestag berät Rekordhaushalt für die Landwirtschaft
Die Abgeordneten des Bundestages haben am Dienstag, 29. September 2020, erstmals über einen Rekordetat im Regierungsentwurf für den Haushalt 2021 für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beraten. Die Koalitionsfraktionen unterstrichen die Zukunftsfähigkeit des Etats, während die Oppositionsfraktionen fehlende Konzepte beklagten. Der Einzelplan 10, der Ausgaben in Höhe von 7,66 Milliarden Euro (2020: 7,02 Milliarden Euro) vorsieht, soll nach den bis Freitag, 2. Oktober 2020, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Ministerin: Rekordhaushalt als Zeichen der Wertschätzung
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) empfahl den Haushalt 2021 als ein klares Bekenntnis der Bundesregierung für starke ländliche Räume, Innovation, Aufforstung und mehr Tierwohl. Der Haushalt sei mit veranschlagten 7,66 Milliarden Euro der höchste jemals beratene Landwirtschaftsetat. „Diese Zahl steht für eine Zukunftszusage“, sagte Klöckner zum Rekordhaushalt.
Den zukünftigen Herausforderungen wolle das Ministerium mithilfe von Innovationen, modernen Ställen und präzisen Technologien zum Sparen von Dünger begegnen. Letzen Endes würden der Schutz der Umwelt und Klimaschutz sowie das Ziel der Erntesicherung die Landwirte vor große Herausforderungen stellen. „Wer fordert, der muss auch fördern“, meinte die Ministerin und machte auf Posten wie 300 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket für bessere Ställe und mehr Tierwohl, 85 Millionen Euro für den Sonderrahmenplan für Insektenschutz und vier Milliarden Euro für die Sozialpolitik zur Absicherung der Landwirte aufmerksam. So würden extra 30 Millionen Euro aus dem Gesundheitsfond bereitgestellt, damit die Beiträge für die Landwirte nicht steigen. „Das ist ein Zeichen für Wertschätzung.“
AfD: Lage der Milchbauern ist schlecht
Wilhelm von Gottberg (AfD) erkannte gute Ansätze im Haushalt. Der Abgeordnete lobte zum Beispiel, dass mehr Mittel für die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) bereitgestellt werden und die soziale Absicherung beachtet wurde. Aber er kritisierte, dass der Haushaltsplan den Abgeordneten nicht einmal eine Woche vorher vorgelegt worden sei. „Das ist nicht in Ordnung“, sagte Gottberg. Das Budgetrecht sei das wichtigste Instrument des Parlaments zur Kontrolle der Regierung.
Gottberg machte in seiner Rede auf die prekäre Lage der Milchbauern aufmerksam. Die Preise seien schlecht. Ein Betrieb mit einer durchschnittlichen Herde von hundert Kühen würde rund dreitausend bis fünftausend Euro Minus machen. Daran sei auch die Politik der Bundesregierung schuld, weil an den Sanktionen gegen Russland festgehalten werde, die wiederum einen Importstopp von Milchprodukten seitens Russland zur Folge hatten. Die Kanzlerin solle dies ändern.
SPD: Innovationskraft besser unterstützen
Rainer Spiering (SPD) stellte fest, dass es für die Zukunft der Landwirtschaft hohe Innovationskraft entscheidend sei. Hier müsse die Politik „deutlich besser unterstützen“. So sei der ländliche Raum nicht genügend ausgerüstet mit 5G-Breitband-Funk.
Aber auch ordnungspolitisch sei der Staat hinterher. In Deutschland fehle es an Infrastruktur und gesetzlichen Regelungen, um die für die sogenannte Präzisionslandwirtschaft notwendigen Daten und Datenmengen an ihre jeweiligen Adressaten zu bekommen. „Wir müssen endlich die IT-Plattform für die Landwirtschaft an den Start bringen“, sagte der Sozialdemokrat.
FDP kritisiert fehlende Konzepte der Regierung
„Die Auflagen hängen wie ein Damoklesschwert über den Landwirten“, monierte Ulla Ihnen (FDP) die zunehmende bürokratische Last für die landwirtschaftlichen Unternehmen. „Daran etwas zu ändern, braucht Konzepte, die nicht im Haushalt zu erkennen sind“, sagte Ihnen.
Es gebe nur einen Lösungsansatz der Regierung, der nur „noch mehr Geld“ für Subventionen vorsehe. Auf diese Weise würden Subventionen gegen Vorschriften und Ertragseinbußen getauscht. „Das ist aus unserer Sicht weder wirtschaftlich noch effizient“, sagt die Liberale. „Die Bundesregierung macht keine Politik mit den Landwirten, sondern über deren Köpfe hinweg“, meinte die Abgeordnete.
Linke moniert Arbeitsweise der Regierung
Heidrun Bluhm-Förster (Die Linke) sah „fundamentale Fehlentwicklungen“ im Forstsektor. Die Bundesregierung habe hunderte Millionen Euro in einem Förderprogramm für den Wald vorgelegt, aber niemand wisse, wie das Geld verteilt werden soll.
Demnach sollen unter anderem rund 500 Millionen Euro Fördermittel als Prämie für besonders nachhaltige Forstwirtschaft ausgegeben werden dürfen. „Bisher ist aber gar nicht klar, wie die Richtlinien zur Verteilung dieser Gelder aussehen sollen“, sagte die Abgeordnete. Das würden auch die Agrarminister der Bundesländer beklagen.
Grüne: Viel Geld ohne Substanz
Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) erinnerte die Landwirtschaftsministerien an abgegebene Versprechen in ihrer Regierungserklärung im März 2018. Doch dies seien nur Worte, statt Taten gewesen. „Die staatliche Tierwohlkennzeichnung ist ein einziges Gemurkse“, sagte der Grüne. Verlierer seien die Bäuerinnen und Bauern sowie die Verbraucher.
„Viel Geld ohne Substanz“, urteilte Ostendorff über den vorgelegten Entwurf. So gebe es zwar 300 Millionen Euro zusätzlich für den Umbau der Tierhaltung bis zum Ende des Jahres 2021. „Aber wie sollen die Höfe das schaffen“, fragte er. Bauen im „Hauruckverfahren“ sei illusorisch.
CDU/CSU fordert Hilfen für Schweinehaltung
Albert Stegemann (CDU/CSU) konstatierte, dass einige tierhaltende Betriebe in der Dauerkrise seien. Die Schweinehalter stünden unter schweren ökonomischen Druck. „Ein Wegbrechen der Schweinehaltung in Deutschland muss unbedingt verhindert werden“, sagte der Unionsabgeordnete. Es müsse über weitere finanzielle Hilfen gesprochen werden, denn es gehe um „ein Stückchen Identität des ländlichen Raumes“. Dafür brauche es die Unterstützung des Parlaments.
Stegemann wollte aber auch den Handel, die Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe in die Pflicht nehmen. Es müsse alles dafür getan werden, dass der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Brandenburg nicht dafür genutzt werden dürfe, um die Schweinepreise weiter zu drücken.
Vier Milliarden Euro für „landwirtschaftliche Sozialpolitik“
Insgesamt 2,48 Milliarden Euro aus dem Etat von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sollen den Planungen nach als Zuschüsse für die Alterssicherung von Landwirten dienen (2020: 2,42 Milliarden Euro). Weitere 1,51 Milliarden Euro sind Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte (2020: 1,47 Milliarden Euro). Insgesamt sieht der Einzelplan 10 4,21 Milliarden Euro unter dem Stichwort „landwirtschaftliche Sozialpolitik“ vor (2020: 4,11 Milliarden Euro).
Unter dem Titel: „Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Ernährung“ sind Gesamtausgaben in Höhe von 154,04 Millionen Euro etatisiert (2020: 147,72 Millionen Euro). 15,28 Millionen Euro sind für Maßnahmen zur Förderung ausgewogener Ernährung eingeplant (2020: 15,65 Millionen). (eis/hau/29.09.2020)