Abgeordnete besorgt über Afrikanische Schweinepest
Lange haben Landwirte und Agrarpolitiker mit Sorge auf die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Europa geblickt. Erste Fälle in Belgien, Tschechien und Polen ließen die für Schweine tödliche Viruserkrankung immer näher an die Bundesrepublik heranrücken. Seit Anfang September herrscht nun Gewissheit darüber, dass die Seuche auch in Deutschland ausgebrochen ist. Mittlerweile wurden mehrere Fälle der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen in den Landkreisen Oder-Spree und Spree-Neiße nachgewiesen. Anlass für die Agrarpolitiker des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 17. September 2020, auf Verlangen der FDP-Fraktion in einer Aktuellen Stunde über die „Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft“ zu beraten. Denn der Nachweis des Virus hat Konsequenzen für den Export von Schweinefleisch aus Deutschland bis hin zu Ernteverboten in den betroffenen Zonen der Landkreise.
FDP: Warnsystem funktioniert nicht
„Der Ernstfall ist eingetreten“, eröffnete Karlheinz Busen (FDP) die Debatte. Der Liberale übte Kritik an „dilettantisch aufgestellte Zäune“, die hüfthoch und ohne Strom die betroffene Kernzone absperren sollen. Außerdem seien keine Desinfektionswannen und keine Warnschilder aufgestellt worden. Zu allem Überfluss hätten sich Wanderer und Radfahrer im Sperrbezirk aufgehalten, berichtete Busen von selbst gesammelten Eindrücken im Süden Brandenburgs.
„Das Warnsystem der Bundesregierung funktioniere nicht“, sagte der Abgeordnete. Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) soll die Schweinepest zur Chefsache erklären und nicht den Bundesländern alleine überlassen. Wenn nötig sollen das THW oder die Bundeswehr eingesetzt werden.
Ministerin: Sieben nachgewiesene Fälle
Ministerin Julia Klöckner wies die Kritik ihres Vorredners als nicht richtig informiert zurück, denn das Ministerium stehe im intensiven Gespräch mit den Bundesländern, der EU und den Handelspartnern. Derzeit stehe fest, dass es sich um sieben nachgewiesene Fälle handele. Klöckner erklärte, dass das Virus für Menschen ungefährlich, aber für Schweine tödlich ist. Die Afrikanische Schweinepest ist eine virale Erkrankung von Wild- und Hausschweinen und verläuft seuchenhaft. Gegen das Virus gibt es bisher keinen Impfstoff. Der Erreger stammt ursprünglich aus Afrika und wird durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren übertragen. Nun falle der Export in Drittstaaten wie China, Südkorea und Japan weg, machte die Ministerin deutlich. Die Schweinepreise seien bereits in dieser Woche gefallen. Mögliche Marktstützungsmaßnahmen sollen nun geprüft und die Landwirte nicht allein gelassen werden.
Bereits nach dem ersten Fund sei schnell reagiert worden. „Es muss verhindert werden, dass das Virus in die Ställe findet, denn Deutschland ist bei Hausschweinen ASP-frei“, betonte Klöckner. Es sei ein Restriktionsgebiet eingerichtet und frühzeitig vorgesorgt worden, um schnell reagieren zu können. Die Ministerin wies darauf hin, dass Zäune allein keine Sicherheit garantieren könnten, denn das Virus komme auch auf „Rädern“. Die Regierung informiere seit längerer Zeit zielgerichtet vor den Gefahren der ASP. Um das Risiko eines Eintrags des Virus nach Deutschland zu minimieren, waren vorbeugende Maßnahmen veranlasst worden. So sei auf die Aufklärung von Reisenden und Fernfahrern gesetzt worden, um die Ausbreitung über Speisereste, die an Tankstellen, Raststätten oder Autobahnparkplätzen hinterlassen werden können, aufmerksam zu machen.
AfD: Landwirte finanziell unterstützen
Wilhelm von Gottberg (AfD) blickte auf die Einnahmeausfälle der Landwirte. Der Abgeordnete fragte, warum Schweinefleisch aus Bayern nicht weiterhin exportiert werden kann, wenn nur in Brandenburg ein Fall auftritt.
Der Abgeordnete stellte fest, dass die Bundesregierung nun in der Pflicht sei, den Markt zu stützen. Die Landwirte seien bereits durch die Corona-Pandemie wirtschaftlich getroffen.
Landesminister fordert konsequentes Handeln
Der Landwirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Till Backhaus (SPD), zeigte sich unzufrieden mit dem internationalen und nationalen Krisenmanagement im Fall der ASP. Das Virus grassiere seit Jahren und sei vor Jahren mit dem Flugzeug nach Europa eingeschleppt worden. Es sei nicht gelungen, einen Wildschutzzaun zwischen Polen und Deutschland zu bauen. „Wahrscheinlich hätte dieser Eintrag verhindert werden können. Ich bin traurig darüber, dass das nicht gelungen ist.“ Nun sei es notwendig, die Jägerschaft weiter zu motivieren, Schwarzwild zu jagen. Konsequentes Handeln sei gefragt.
ASP-Ausbrüche in Wildschweinpopulationen erweisen sich als schwer kontrollierbar. Nach den bisherigen Erfahrungen der von ASP betroffenen EU-Mitgliedsländer sei die Entfernung der Kadaver potenziell infizierter Wildschweine aus der Umwelt die wirksamste Maßnahme. In Deutschland habe man in den vergangenen Jahren auch auf die vermehrte Bejagung der heimischen Wildschweine gesetzt, weil dadurch das Ausbreitungsrisiko nach einer Einschleppung verringert werden könnte.
Linke: Unnötige Risiken eingegangen
„Hoffnungslos ist die Lage noch nicht“, meinte Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke). Aber leider seien zu lange unnötige Risiken in Kauf genommen worden. Historisch viel zu hohe Schwarzwildbestände würden die Situation nicht vereinfachen. Viel Maisanbau führe zudem zu viel Futter und Deckung für die Wildbestände und mache die Arbeit der Jäger nicht leichter. Außerdem gebe es Hausschweinbestände von bis zu 60.000 Schweinen in Mastanlagen, die bei einem Übergreifen des Virus zu enormen Schäden führen würden. Deshalb müsse jetzt alles getan werden, um den Schaden zu begrenzen.
Darüber hinaus kritisierte Tackmann, dass die örtlichen Veterinärämter angesichts ihrer Aufgaben personell viel zu schlecht ausgestattet seien und unzureichend bezahlt würden. Gleiches gelte für das Personal der örtlichen Forstämter.
Grüne: Kleine Mäster dürfen nicht verschwinden
„Das Land Brandenburg hat schnell und umfassend reagiert“, sagte Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen), der sein Unverständnis darüber ausdrückte, dass bereits aufgestellte Zäune durch Vandalismus niedergedrückt worden seien. Nun müsse die Suche nach kranken und verendeten Tieren intensiviert werden. Hingegen werde eine intensive Bejagung das Problem absehbar nicht lösen, meinte Ebner. Große Maisfelder sowie Eichelmastjahre in den Wäldern hätten das Populationswachstum in den vergangenen Jahren begünstigt.
Was aber nun nicht passieren dürfe, warnte der Abgeordnete, dass nach dem Ausbruch die kleinen Mäster verschwinden und die großen übrig bleiben, weil nur diese sich die Einnahmeausfälle leisten können. Alle zukünftigen Hilfsmaßnahmen sollten die besondere Situation der kleinen Betriebe berücksichtigen.
CDU/CSU fordert ein „Zukunftspaket Landwirtschaft“
Albert Stegemann (CDU/CSU) widmete sich der schwierigen finanziellen Situation der Mäster. Die Kosten seien für die Betriebe hoch und die Erlöse zu niedrig. Diese Sorgen würden ernst genommen, versprach der Abgeordnete.
Die Landwirte bräuchten deshalb eine Perspektive: Stegemann forderte ein „Zukunftspaket Landwirtschaft“, das einen finanziellen Anreiz für Investitionen bieten müsse. Alle „Bremser und Blockierer sollen ihre Widerstände aufgeben“, um den Landwirten eine Perspektive geben zu können.
SPD : Schutz der Tiere in den Blick nehmen
Susanne Mittag (SPD) machte darauf aufmerksam, wie widerstandsfähig das Virus ist. Die Sozialdemokratin betonte die Bedeutung von Informationskampagnen. Es müsse verhindert werden, dass das Virus durch Menschen weiter verbreitet wird. Der Erreger sei gegenüber Umwelteinflüssen sehr resistent; auch während des Verwesungsprozesses des Schweins blieben Rückstände mehrere Wochen bis Monate infektiös. Monatelang überlebe das Virus auch in Gefrierfleisch und bleibe dabei vermehrungsfähig. Übertragungswege könnten neben der Aufnahme von Speiseabfällen auf Basis von Schweinefleischerzeugnissen auch indirekte Übertragungswege über Fahrzeuge, kontaminierte Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte sowie Maschinen und Kleidung sein.
Mittag störte sich daran, dass die Debatte nur aus wirtschaftlicher Sicht geführt werde. Die Seuche einzudämmen sei auch wichtig, um die Tiere zu schützen. Der Schutz von Tieren sei schließlich Staatsziel in Deutschland. Mittag kritisierte, dass es keinen Impfstoff gebe, weil sich die Entwicklung wirtschaftlich nicht lohne. Dabei sei es besser, das Virus statt die Wildscheine auszurotten. (eis/17.09.2020)